IX. Abschnitt. I. Fragment. Apostolische Gesichter.
C.Fünf Apostelköpfe.
Des IV Ban- des LII. Tafel. Apostelköpfe II.
Wie die vorigen nach Wilsbury -- Jn allen Ein Geist der Stille, der Ruhe, der Einfalt, Unverworrenheit, Planlosigkeit -- unter allen kein Cardinals-kein Pabstsge- sicht; -- kein Mazarin, kein Fleury, und auch kein Borromäus; -- und auch nichts von dem Drange Raphaelischer Gesichter. Der sie zeichnete, muß gewiß ein sanfter, stiller, feinfühlender, ein- facher, prachtloser Mensch seyn -- Man wird den, der Johannes seyn soll, in der Mitte leicht er- kennen. Ein Engelsgesicht, voll gütigster Unschuld, aus dem sich Form und Miene der Harmlosig- keit abstrahiren lassen. -- Aber nicht der Donnerssohn, der Feuer vom Himmel herunter gebieten will; der's dem wehrt, in Christus Namen zu exorzisiren, der ihm nicht nachfolgt. -- Aber der wei- seste, beste, sanfteste Stillseher; der Ruher an der Brust Jesu. 4. hat die unapostolischste Nase und den schwächsten Verstand. 2. hat etwas fades besonders im Munde. Jn Stirn und Augenbraunen am meisten Verstand. 1. hat am meisten Aufmerksamkeit, und viel Blödigkeit. 5. hat am meisten Ausdruck unbefangener Ehrlichkeit, und weniger Anmaßung als 2. Wären die Augen nicht ver- zeichnet und bestimmter, die Augenbraunen etwas mehr von einander abstehend, so würde der unte- re Theil des Gesichtes -- den Ausdruck von Weisheit nicht verlieren.
Nachstehender Umriß einer Madonna von einer unbekannten Hand hat weder Reinheit, noch Einfachheit, noch Unschuld und Adel genug; noch bestimmten Punkt der Leidenschaft; hat viel kleinliches besonders unter der Nase.
[Abbildung]
Zweytes
IX. Abſchnitt. I. Fragment. Apoſtoliſche Geſichter.
C.Fuͤnf Apoſtelkoͤpfe.
Des IV Ban- des LII. Tafel. Apoſtelkoͤpfe II.
Wie die vorigen nach Wilsbury — Jn allen Ein Geiſt der Stille, der Ruhe, der Einfalt, Unverworrenheit, Planloſigkeit — unter allen kein Cardinals-kein Pabſtsge- ſicht; — kein Mazarin, kein Fleury, und auch kein Borromaͤus; — und auch nichts von dem Drange Raphaeliſcher Geſichter. Der ſie zeichnete, muß gewiß ein ſanfter, ſtiller, feinfuͤhlender, ein- facher, prachtloſer Menſch ſeyn — Man wird den, der Johannes ſeyn ſoll, in der Mitte leicht er- kennen. Ein Engelsgeſicht, voll guͤtigſter Unſchuld, aus dem ſich Form und Miene der Harmloſig- keit abſtrahiren laſſen. — Aber nicht der Donnersſohn, der Feuer vom Himmel herunter gebieten will; der’s dem wehrt, in Chriſtus Namen zu exorziſiren, der ihm nicht nachfolgt. — Aber der wei- ſeſte, beſte, ſanfteſte Stillſeher; der Ruher an der Bruſt Jeſu. 4. hat die unapoſtoliſchſte Naſe und den ſchwaͤchſten Verſtand. 2. hat etwas fades beſonders im Munde. Jn Stirn und Augenbraunen am meiſten Verſtand. 1. hat am meiſten Aufmerkſamkeit, und viel Bloͤdigkeit. 5. hat am meiſten Ausdruck unbefangener Ehrlichkeit, und weniger Anmaßung als 2. Waͤren die Augen nicht ver- zeichnet und beſtimmter, die Augenbraunen etwas mehr von einander abſtehend, ſo wuͤrde der unte- re Theil des Geſichtes — den Ausdruck von Weisheit nicht verlieren.
Nachſtehender Umriß einer Madonna von einer unbekannten Hand hat weder Reinheit, noch Einfachheit, noch Unſchuld und Adel genug; noch beſtimmten Punkt der Leidenſchaft; hat viel kleinliches beſonders unter der Naſe.
[Abbildung]
Zweytes
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IX. Abſchnitt. I. Fragment. Apoſtoliſche Geſichter.
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ſicht; — kein Mazarin, kein Fleury, und auch kein Borromaͤus; — und auch nichts von dem
Drange Raphaeliſcher Geſichter. Der ſie zeichnete, muß gewiß ein ſanfter, ſtiller, feinfuͤhlender, ein-
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will; der’s dem wehrt, in Chriſtus Namen zu exorziſiren, der ihm nicht nachfolgt. — Aber der wei-
ſeſte, beſte, ſanfteſte Stillſeher; der Ruher an der Bruſt Jeſu. 4. hat die unapoſtoliſchſte Naſe und
den ſchwaͤchſten Verſtand. 2. hat etwas fades beſonders im Munde. Jn Stirn und Augenbraunen
am meiſten Verſtand. 1. hat am meiſten Aufmerkſamkeit, und viel Bloͤdigkeit. 5. hat am meiſten
Ausdruck unbefangener Ehrlichkeit, und weniger Anmaßung als 2. Waͤren die Augen nicht ver-
zeichnet und beſtimmter, die Augenbraunen etwas mehr von einander abſtehend, ſo wuͤrde der unte-
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Nachſtehender Umriß einer Madonna von einer unbekannten Hand hat weder Reinheit,
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Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 4. Leipzig u. a., 1778, S. 432. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente04_1778/550>, abgerufen am 17.11.2024.
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