Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 4. Leipzig u. a., 1778.Beylagen verschiedener Porträte. siognomisches Sprüchwort! aber auch herrlich, wie's der unerkannte König vergalt -- Er schrieb,da er an seinen Ort gekommen war, auf ein Billiet -- das er dem Knaben wieder zurückgab: "daß "der Meyerhof dem Knaben eigen seyn soll." -- Wie einer ist, so thut er auch. Eine Anekdote, die ich in schwedisch Pommern erzählen hörte, wahrlich, ein Commentar 6. Wir kommen von dem Helden zum Geschmacksmann; vom Feldherrn zum Litterator; 7. Chalotais -- sieht zwar eher eienr Karrikatur, als einem wahren Porträte ähnlich. 8. Aber nun wieder ein wahres Heldengesicht -- und gewiß doch nur sehr schwach in die- 9. Wir F f f 2
Beylagen verſchiedener Portraͤte. ſiognomiſches Spruͤchwort! aber auch herrlich, wie’s der unerkannte Koͤnig vergalt — Er ſchrieb,da er an ſeinen Ort gekommen war, auf ein Billiet — das er dem Knaben wieder zuruͤckgab: „daß „der Meyerhof dem Knaben eigen ſeyn ſoll.“ — Wie einer iſt, ſo thut er auch. Eine Anekdote, die ich in ſchwediſch Pommern erzaͤhlen hoͤrte, wahrlich, ein Commentar 6. Wir kommen von dem Helden zum Geſchmacksmann; vom Feldherrn zum Litterator; 7. Chalotais — ſieht zwar eher eienr Karrikatur, als einem wahren Portraͤte aͤhnlich. 8. Aber nun wieder ein wahres Heldengeſicht — und gewiß doch nur ſehr ſchwach in die- 9. Wir F f f 2
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Beylagen verſchiedener Portraͤte.
ſiognomiſches Spruͤchwort! aber auch herrlich, wie’s der unerkannte Koͤnig vergalt — Er ſchrieb,
da er an ſeinen Ort gekommen war, auf ein Billiet — das er dem Knaben wieder zuruͤckgab: „daß
„der Meyerhof dem Knaben eigen ſeyn ſoll.“ —
Wie einer iſt, ſo thut er auch.
Carl XII.
Eine Anekdote, die ich in ſchwediſch Pommern erzaͤhlen hoͤrte, wahrlich, ein Commentar
uͤber den ganzen Mann, und des Mannes ganzes Geſicht! wenig Complimente und viel That!
ſchnelle durchdringende That! erſt dem Knaben Koth ins Geſicht — denn er mußte eilen, und
dann — edle Vergeltung eines edlen Bonmots! — Ja! wohl — wie einer iſt, ſo thut er
auch!
6. Wir kommen von dem Helden zum Geſchmacksmann; vom Feldherrn zum Litterator;
von Carl XII. zum Graf Caylus. Auch kein gemeines — aber ach! um wie viel ſchon weich-
licheres Unterſuchers Geſicht! wie da ſchon viel mehr Gedehntheit! Vielfachheit! Bedaͤchtlichkeit!
7. Chalotais — ſieht zwar eher eienr Karrikatur, als einem wahren Portraͤte aͤhnlich.
Die zuruͤckgehende Stirn, Naſe und Oberlippe allein ſpricht fuͤr den Mann. Das vermuthlich
mißzeichnete Aug und das Wirrwarr in den Schatten unter den Augen uͤber die Wangen herab —
machen auf mich einen fatalen Eindruck — auch wuͤrde ich in dieſem Munde hypochondriſche Lange-
weile vermuthen.
8. Aber nun wieder ein wahres Heldengeſicht — und gewiß doch nur ſehr ſchwach in die-
ſem Bilde! — Wolf — der wahrhaft große, allumfaſſende — vormals vielleicht zu ſehr vergoͤtter-
te — nun gewiß auch unverantwortlich mißkannte, und von jedem witzelnden Fluͤchtling ſchaamlos
zertretene Wolf! Die Stirn habe ich in Profilen und Medaillen viel treffender, charakteriſtiſcher
geſehen, aber noch iſt im offnen, feuervollen Auge, in der freylich um ein Haar zu kleinen, gleich-
ſam abgeſchliffenen, immer aber noch ſprechenden Naſe — im Munde, in der Stellung, zum Theil
auch im aͤußern Umriſſe — noch ſo viel Entſcheidendes fuͤr den großen uͤberſchauenden Mann —
aber ja, keine Poeſie in dieſem Geſichte — nichts von der Zartheit, Weichheit, Empfindſamkeit,
ohne die ein poetiſcher Kopf ſo unmoͤglich iſt, als ein unſichtbares Licht — Das ſanft ordnende,
reihende wuͤrde man, ich geſteh’ es, in dieſem Geſichte nicht vermuthen. Aber der ſchnellthaͤtige
Mann — der unermuͤdete Fleiß, die Unverdroſſenheit iſt ſichtbar — Abermals wieder ein Geſicht,
das, wie Carteſius, wie Neutons, wie Montesquieu ihre, fuͤr den Mann wenigſtens ſo gut
ſpricht, als alle ſeine unendlichen Werke.
9. Wir
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