Hier meines seligen Vaters kenntliches, und meines seligen Kindes durch Krankheit und Zeichnung beynah unkenntliches Bild. Der Vater, wie er hier erscheint, hat nicht die Miene der ungewöhnlichen Ehrlichkeit, die ihn auszeichnete. Daß er weder Genie noch dumm war, zeigt, wenn nichts anders, der äußere Endumriß besonders der Stirne. Vom Munde und Kinne hat keines meiner fünf Geschwister etwas, als ich. Etwas auch von der Nase. An Geschäfftstreue und Fleiß und Ordnungsliebe und freygebiger Güte und Reinlichkeit mögen ihm wenige beykommen. Das meiste von diesem drückt der untere Theil des Gesichtes aus.
Noch schweben Spuren von überstandenen Leiden auf Stirn und Augenbraunen.
Zartheit, Leidsamkeit, wenige aktive Widerstehenskraft, viel Fassungsgabe und Liebe zur Stille zeichnen des jährigen Sohnes Gesicht aus. Dieß alles wäre allein schon aus der Lage und Zeichnung der von der Mutter angeerbten Augenbraunen sichtbar.
Hier ein leicht entworfenes ähnlicheres Bild von ihm, das auch wieder den Umriß der Mutter abgeerbt zu haben scheint.
[Abbildung]
Beylage
V. Abſchnitt. X. Fragment.
Beylage C. Ein alter und junger Todter.
Des IV Ban- des XXIII. Tafel. L. 1. L. 2.
Hier meines ſeligen Vaters kenntliches, und meines ſeligen Kindes durch Krankheit und Zeichnung beynah unkenntliches Bild. Der Vater, wie er hier erſcheint, hat nicht die Miene der ungewoͤhnlichen Ehrlichkeit, die ihn auszeichnete. Daß er weder Genie noch dumm war, zeigt, wenn nichts anders, der aͤußere Endumriß beſonders der Stirne. Vom Munde und Kinne hat keines meiner fuͤnf Geſchwiſter etwas, als ich. Etwas auch von der Naſe. An Geſchaͤfftstreue und Fleiß und Ordnungsliebe und freygebiger Guͤte und Reinlichkeit moͤgen ihm wenige beykommen. Das meiſte von dieſem druͤckt der untere Theil des Geſichtes aus.
Noch ſchweben Spuren von uͤberſtandenen Leiden auf Stirn und Augenbraunen.
Zartheit, Leidſamkeit, wenige aktive Widerſtehenskraft, viel Faſſungsgabe und Liebe zur Stille zeichnen des jaͤhrigen Sohnes Geſicht aus. Dieß alles waͤre allein ſchon aus der Lage und Zeichnung der von der Mutter angeerbten Augenbraunen ſichtbar.
Hier ein leicht entworfenes aͤhnlicheres Bild von ihm, das auch wieder den Umriß der Mutter abgeerbt zu haben ſcheint.
[Abbildung]
Beylage
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V. Abſchnitt. X. Fragment.
Beylage C. Ein alter und junger Todter.
Hier meines ſeligen Vaters kenntliches, und meines ſeligen Kindes durch Krankheit
und Zeichnung beynah unkenntliches Bild. Der Vater, wie er hier erſcheint, hat nicht
die Miene der ungewoͤhnlichen Ehrlichkeit, die ihn auszeichnete. Daß er weder Genie
noch dumm war, zeigt, wenn nichts anders, der aͤußere Endumriß beſonders der Stirne. Vom
Munde und Kinne hat keines meiner fuͤnf Geſchwiſter etwas, als ich. Etwas auch von der Naſe.
An Geſchaͤfftstreue und Fleiß und Ordnungsliebe und freygebiger Guͤte und Reinlichkeit moͤgen
ihm wenige beykommen. Das meiſte von dieſem druͤckt der untere Theil des Geſichtes aus.
Noch ſchweben Spuren von uͤberſtandenen Leiden auf Stirn und Augenbraunen.
Zartheit, Leidſamkeit, wenige aktive Widerſtehenskraft, viel Faſſungsgabe und Liebe zur
Stille zeichnen des jaͤhrigen Sohnes Geſicht aus. Dieß alles waͤre allein ſchon aus der Lage und
Zeichnung der von der Mutter angeerbten Augenbraunen ſichtbar.
Hier ein leicht entworfenes aͤhnlicheres Bild von ihm, das auch wieder den Umriß der
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Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 4. Leipzig u. a., 1778, S. 338. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente04_1778/398>, abgerufen am 18.12.2024.
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