Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 4. Leipzig u. a., 1778.II. Abschnitt. I. Fragment. "des Schädels und der Lage der Muskeln. So wie diese liegen, so fällt es, und giebt dem Phy-"siognomiker Anlaß, von ihm auf die Lage der Muskeln und so weiter zu schließen." Mich dünkt, unser Verfasser ist auf dem besten Wege. Der erste, der einzige bisher, der, mei- Wo viele Haare, viele Fettigkeit. Daher keine Gegenden am menschlichen Körper mit meh- Aus der Elastizität der Haare ließe sich gewiß auch auf die Elastizität des Charak- Die Haare sind natürliche Feuchtigkeitszeiger und zu Feuchtigkeitsmessern nicht un- Die in kalten Gegenden wohnen, haben weißeres, und hingegen die in heißern Gegenden Lionel Wafer hat beobachtet, daß die Einwohner der amerikanischen Meerenge milchfar- Jn *) Allgemeines Magazin IV. Theil.
II. Abſchnitt. I. Fragment. „des Schaͤdels und der Lage der Muskeln. So wie dieſe liegen, ſo faͤllt es, und giebt dem Phy-„ſiognomiker Anlaß, von ihm auf die Lage der Muskeln und ſo weiter zu ſchließen.“ Mich duͤnkt, unſer Verfaſſer iſt auf dem beſten Wege. Der erſte, der einzige bisher, der, mei- Wo viele Haare, viele Fettigkeit. Daher keine Gegenden am menſchlichen Koͤrper mit meh- Aus der Elaſtizitaͤt der Haare ließe ſich gewiß auch auf die Elaſtizitaͤt des Charak- Die Haare ſind natuͤrliche Feuchtigkeitszeiger und zu Feuchtigkeitsmeſſern nicht un- Die in kalten Gegenden wohnen, haben weißeres, und hingegen die in heißern Gegenden Lionel Wafer hat beobachtet, daß die Einwohner der amerikaniſchen Meerenge milchfar- Jn *) Allgemeines Magazin IV. Theil.
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II. Abſchnitt. I. Fragment.
„des Schaͤdels und der Lage der Muskeln. So wie dieſe liegen, ſo faͤllt es, und giebt dem Phy-
„ſiognomiker Anlaß, von ihm auf die Lage der Muskeln und ſo weiter zu ſchließen.“
Mich duͤnkt, unſer Verfaſſer iſt auf dem beſten Wege. Der erſte, der einzige bisher, der, mei-
nes Wiſſens, die Ganzheit, Zuſammenſtimmung, Einfoͤrmigkeit der verſchiedenen Theile des menſch-
lichen Koͤrpers phyſiognomiſch kennt und fuͤhlt. Was er von den Haaren beſonders ſagt, daß auch
ſchon aus dieſen auf die Natur des Koͤrpers und weiter auf den Geiſtescharakter geſchloſſen werden
kann, koͤnnen taͤgliche Erfahrungen den mittelmaͤßigſten Beobachter lehren. Weiße, zarte, reine,
flache Haare zeigen immer eine ſchwache, feine, reizbare, oder vielmehr ſchreckbare, druͤckbare Or-
ganiſation an. Schwarze krauſe werden ſich nie an einem ſehr feinen, zarthaͤutigen, markigten
Kopfe finden. Wie die Haare, ſo das Fleiſch; wie das Fleiſch, ſo die Muskeln; wie dieſe, ſo die
Nerven; wie dieſe, ſo die Knochen. Wie Eins — wie alles von dieſen — ſo die Kraft des Geiſtes
zu wirken und zu leiden; zu empfangen und zu geben. Die wenigſte Reizbarkeit iſt immer beym kur-
zen, harten, krauſen, ſchwarzen Haar — die meiſte beym flachsweißen, zarten; Reizbarkeit naͤmlich
ohne Federkraft. Schwerdruͤckend ohne Federkraft iſt jenes; ſchwergedruͤckt ohne Widerſtand dieſes.
Wo viele Haare, viele Fettigkeit. Daher keine Gegenden am menſchlichen Koͤrper mit meh-
rern und laͤngern Haaren bedeckt ſind, als der Kopf, die Hoͤhle unter den Achſeln u. ſ. f. An dieſem
Orte, wie Withof *) bemerkt, liegen ſehr viele kleine Fettſchlaͤuche; wo keine ſolche, keine Haare.
Aus der Elaſtizitaͤt der Haare ließe ſich gewiß auch auf die Elaſtizitaͤt des Charak-
ters ſchließen.
Die Haare ſind natuͤrliche Feuchtigkeitszeiger und zu Feuchtigkeitsmeſſern nicht un-
geſchickt.
Die in kalten Gegenden wohnen, haben weißeres, und hingegen die in heißern Gegenden
wohnen, ſchwaͤrzeres Haar.
Lionel Wafer hat beobachtet, daß die Einwohner der amerikaniſchen Meerenge milchfar-
biges Haar haben. Gruͤnes Haar haben wenige außer denen, die mit Kupfer umgehen.
Jn
*) Allgemeines Magazin IV. Theil.
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