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Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 3. Leipzig u. a., 1777.

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Vermischte Porträte.
und kalt. Das Aug -- offen, und treffend, gerad und hell in Leib und Geist! Aber in der Lippe,
welche Feinheit, Biegsamkeit, Ueberlegung, Beredsamkeit!

Der obere Theil des Ohres offenbar zu sehr verdrückt .. der untere Theil wahr und sehr
sprechend für Feinheit des Geschmacks und der Empfindung. Der Mann ist gemacht zu richten
und zu herrschen -- und Fürsten Wahrheiten zu sagen, die ihnen niemand sagen darf. Diese Frey-
heit, Offenheit, Keckheit des Sinnes scheint mir offenbar theils in der ganzen Form des Kopfes,
theils besonders im Umrisse der Stirne zu liegen.

Achtes Fragment.
Ein männliches Vollgesicht.
Des III. Ban-
des CI. Tafel.
U. v. S.

Ein unternehmender, planreicher, betriebsamer Kopf. Fähig, beynah alles zu dul-
den, zu genießen und zu würken. Seyd ganz sicher, Menschenforscher, Menschensucher,
und -- Fürsten ... so ein Mann Minister, am Steuerruder eines Staats; er wird mit der lei-
sesten Kraft die größten Würkungen hervorbringen; das Ganze im Detail; das Detail im Gan-
zen sehen.

Die Stirn ist äußerst vielfassend, hellsehend und überschauend.

Die Augen -- ganz außerordentlich charakteristisch für Gefühl, Wärme, Tiefblick, Er-
greifung, Durchschauung.

Die Nase läßt sich an keinem gemeinen Kopfe gedenken.

Der Mund zu ernsthaft; der Hauptform nach aber -- wahr -- verschlossen und verschlies-
send -- und dennoch -- wie offen dem Busen des Freundes, den sein Tiefblick würdig findet
seiner Geheimnisse.

Auch der Umriß vom rechten Auge bis zum Kinne -- ist gewiß keines schläfrigen, that-
losen Menschen.

Aber
Phys. Fragm. III Versuch. X x

Vermiſchte Portraͤte.
und kalt. Das Aug — offen, und treffend, gerad und hell in Leib und Geiſt! Aber in der Lippe,
welche Feinheit, Biegſamkeit, Ueberlegung, Beredſamkeit!

Der obere Theil des Ohres offenbar zu ſehr verdruͤckt .. der untere Theil wahr und ſehr
ſprechend fuͤr Feinheit des Geſchmacks und der Empfindung. Der Mann iſt gemacht zu richten
und zu herrſchen — und Fuͤrſten Wahrheiten zu ſagen, die ihnen niemand ſagen darf. Dieſe Frey-
heit, Offenheit, Keckheit des Sinnes ſcheint mir offenbar theils in der ganzen Form des Kopfes,
theils beſonders im Umriſſe der Stirne zu liegen.

Achtes Fragment.
Ein maͤnnliches Vollgeſicht.
Des III. Ban-
des CI. Tafel.
U. v. S.

Ein unternehmender, planreicher, betriebſamer Kopf. Faͤhig, beynah alles zu dul-
den, zu genießen und zu wuͤrken. Seyd ganz ſicher, Menſchenforſcher, Menſchenſucher,
und — Fuͤrſten ... ſo ein Mann Miniſter, am Steuerruder eines Staats; er wird mit der lei-
ſeſten Kraft die groͤßten Wuͤrkungen hervorbringen; das Ganze im Detail; das Detail im Gan-
zen ſehen.

Die Stirn iſt aͤußerſt vielfaſſend, hellſehend und uͤberſchauend.

Die Augen — ganz außerordentlich charakteriſtiſch fuͤr Gefuͤhl, Waͤrme, Tiefblick, Er-
greifung, Durchſchauung.

Die Naſe laͤßt ſich an keinem gemeinen Kopfe gedenken.

Der Mund zu ernſthaft; der Hauptform nach aber — wahr — verſchloſſen und verſchlieſ-
ſend — und dennoch — wie offen dem Buſen des Freundes, den ſein Tiefblick wuͤrdig findet
ſeiner Geheimniſſe.

Auch der Umriß vom rechten Auge bis zum Kinne — iſt gewiß keines ſchlaͤfrigen, that-
loſen Menſchen.

Aber
Phyſ. Fragm. III Verſuch. X x
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[345/0563] Vermiſchte Portraͤte. und kalt. Das Aug — offen, und treffend, gerad und hell in Leib und Geiſt! Aber in der Lippe, welche Feinheit, Biegſamkeit, Ueberlegung, Beredſamkeit! Der obere Theil des Ohres offenbar zu ſehr verdruͤckt .. der untere Theil wahr und ſehr ſprechend fuͤr Feinheit des Geſchmacks und der Empfindung. Der Mann iſt gemacht zu richten und zu herrſchen — und Fuͤrſten Wahrheiten zu ſagen, die ihnen niemand ſagen darf. Dieſe Frey- heit, Offenheit, Keckheit des Sinnes ſcheint mir offenbar theils in der ganzen Form des Kopfes, theils beſonders im Umriſſe der Stirne zu liegen. Achtes Fragment. Ein maͤnnliches Vollgeſicht. Ein unternehmender, planreicher, betriebſamer Kopf. Faͤhig, beynah alles zu dul- den, zu genießen und zu wuͤrken. Seyd ganz ſicher, Menſchenforſcher, Menſchenſucher, und — Fuͤrſten ... ſo ein Mann Miniſter, am Steuerruder eines Staats; er wird mit der lei- ſeſten Kraft die groͤßten Wuͤrkungen hervorbringen; das Ganze im Detail; das Detail im Gan- zen ſehen. Die Stirn iſt aͤußerſt vielfaſſend, hellſehend und uͤberſchauend. Die Augen — ganz außerordentlich charakteriſtiſch fuͤr Gefuͤhl, Waͤrme, Tiefblick, Er- greifung, Durchſchauung. Die Naſe laͤßt ſich an keinem gemeinen Kopfe gedenken. Der Mund zu ernſthaft; der Hauptform nach aber — wahr — verſchloſſen und verſchlieſ- ſend — und dennoch — wie offen dem Buſen des Freundes, den ſein Tiefblick wuͤrdig findet ſeiner Geheimniſſe. Auch der Umriß vom rechten Auge bis zum Kinne — iſt gewiß keines ſchlaͤfrigen, that- loſen Menſchen. Aber Phyſ. Fragm. III Verſuch. X x

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Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 3. Leipzig u. a., 1777, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente03_1777/563>, abgerufen am 17.11.2024.