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Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 3. Leipzig u. a., 1777.

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Vermischte Porträte.
Fünftes Fragment.
a) Ein großer Profilumriß. Z.
Des III. Ban-
des XCVIII.
Tafel. Z.

Simpler und physiognomischer kann kaum ein Gesicht gezeichnet werden, wie dieß;
so äußerst bestimmt, daß ich's jedem, der die Physiognomik kunstmäßig studieren will,
anrathen möchte, alle und jede Gesichter nach Natur und Zeichnungen vors erste so zu zeichnen, um
sich im Bemerken, Finden und Nachahmen einzelner Linien zu üben. Jch finde dieß Profil ganz
außerordentlich sprechend -- und, wie's Umriß seyn kann -- wahr! Mein Auge weidet sich an der
Festigkeit und Form des Ganzen -- an einzelnen festen Zügen -- und auch an Blick und Miene.
So sieht ganz gewiß kein dummer, kein gemein verständiger Mann aus. Die äußerst einfache
männliche feste Stirne! -- O ihr werdet ihr so leicht gewiß nichts aufbinden .. Der Uebergang
von Stirn zur Nase .. gerade so, wie er seyn muß, um nicht zu eisern, und nicht zu weichlich zu
seyn. Die Augenbraune, wie sie da ist -- nur durch ihre Nähe am Auge -- sonst wenig -- charak-
teristisch für dieses Kopfes treffenden Verstand. Aber das Auge selber -- (obwohl in der Natur
tieferscheinend und feiner) -- voll Helle, Witz, Laune, Keckheit -- Wie viel Ausdruck bloß im
Umrisse des obern Augenlieds -- nichts geschweiftes .. sicheres Zeichen männlicher Entschlossen-
heit. Die Nase, besonders der untere Theil derselben, hat viel Festes, Feines, Geschmackvolles --
Feinheit, Laune, Gefälligkeit -- aber "nicht ätherische Empfindsamkeit" -- Jn der ganzen Ober-
lippe, in beyden Lippen zusammen viel Geist -- Geschmack, Klugheit, Wohlanstelligkeit. Zorn
und Kraft im Kinne und Ohre.



b) Ein
Phys. Fragm. III Versuch. U u
Vermiſchte Portraͤte.
Fuͤnftes Fragment.
a) Ein großer Profilumriß. Z.
Des III. Ban-
des XCVIII.
Tafel. Z.

Simpler und phyſiognomiſcher kann kaum ein Geſicht gezeichnet werden, wie dieß;
ſo aͤußerſt beſtimmt, daß ich’s jedem, der die Phyſiognomik kunſtmaͤßig ſtudieren will,
anrathen moͤchte, alle und jede Geſichter nach Natur und Zeichnungen vors erſte ſo zu zeichnen, um
ſich im Bemerken, Finden und Nachahmen einzelner Linien zu uͤben. Jch finde dieß Profil ganz
außerordentlich ſprechend — und, wie’s Umriß ſeyn kann — wahr! Mein Auge weidet ſich an der
Feſtigkeit und Form des Ganzen — an einzelnen feſten Zuͤgen — und auch an Blick und Miene.
So ſieht ganz gewiß kein dummer, kein gemein verſtaͤndiger Mann aus. Die aͤußerſt einfache
maͤnnliche feſte Stirne! — O ihr werdet ihr ſo leicht gewiß nichts aufbinden .. Der Uebergang
von Stirn zur Naſe .. gerade ſo, wie er ſeyn muß, um nicht zu eiſern, und nicht zu weichlich zu
ſeyn. Die Augenbraune, wie ſie da iſt — nur durch ihre Naͤhe am Auge — ſonſt wenig — charak-
teriſtiſch fuͤr dieſes Kopfes treffenden Verſtand. Aber das Auge ſelber — (obwohl in der Natur
tieferſcheinend und feiner) — voll Helle, Witz, Laune, Keckheit — Wie viel Ausdruck bloß im
Umriſſe des obern Augenlieds — nichts geſchweiftes .. ſicheres Zeichen maͤnnlicher Entſchloſſen-
heit. Die Naſe, beſonders der untere Theil derſelben, hat viel Feſtes, Feines, Geſchmackvolles —
Feinheit, Laune, Gefaͤlligkeit — aber „nicht aͤtheriſche Empfindſamkeit“ — Jn der ganzen Ober-
lippe, in beyden Lippen zuſammen viel Geiſt — Geſchmack, Klugheit, Wohlanſtelligkeit. Zorn
und Kraft im Kinne und Ohre.



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[337/0549] Vermiſchte Portraͤte. Fuͤnftes Fragment. a) Ein großer Profilumriß. Z. Simpler und phyſiognomiſcher kann kaum ein Geſicht gezeichnet werden, wie dieß; ſo aͤußerſt beſtimmt, daß ich’s jedem, der die Phyſiognomik kunſtmaͤßig ſtudieren will, anrathen moͤchte, alle und jede Geſichter nach Natur und Zeichnungen vors erſte ſo zu zeichnen, um ſich im Bemerken, Finden und Nachahmen einzelner Linien zu uͤben. Jch finde dieß Profil ganz außerordentlich ſprechend — und, wie’s Umriß ſeyn kann — wahr! Mein Auge weidet ſich an der Feſtigkeit und Form des Ganzen — an einzelnen feſten Zuͤgen — und auch an Blick und Miene. So ſieht ganz gewiß kein dummer, kein gemein verſtaͤndiger Mann aus. Die aͤußerſt einfache maͤnnliche feſte Stirne! — O ihr werdet ihr ſo leicht gewiß nichts aufbinden .. Der Uebergang von Stirn zur Naſe .. gerade ſo, wie er ſeyn muß, um nicht zu eiſern, und nicht zu weichlich zu ſeyn. Die Augenbraune, wie ſie da iſt — nur durch ihre Naͤhe am Auge — ſonſt wenig — charak- teriſtiſch fuͤr dieſes Kopfes treffenden Verſtand. Aber das Auge ſelber — (obwohl in der Natur tieferſcheinend und feiner) — voll Helle, Witz, Laune, Keckheit — Wie viel Ausdruck bloß im Umriſſe des obern Augenlieds — nichts geſchweiftes .. ſicheres Zeichen maͤnnlicher Entſchloſſen- heit. Die Naſe, beſonders der untere Theil derſelben, hat viel Feſtes, Feines, Geſchmackvolles — Feinheit, Laune, Gefaͤlligkeit — aber „nicht aͤtheriſche Empfindſamkeit“ — Jn der ganzen Ober- lippe, in beyden Lippen zuſammen viel Geiſt — Geſchmack, Klugheit, Wohlanſtelligkeit. Zorn und Kraft im Kinne und Ohre. b) Ein Phyſ. Fragm. III Verſuch. U u

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Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 3. Leipzig u. a., 1777, S. 337. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente03_1777/549>, abgerufen am 17.11.2024.