Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 3. Leipzig u. a., 1777.XII. Abschnitt. IV. Fragment. [Abbildung]
Viertes Fragment. Vier männliche Schattenrisse. Die mir alle trefflich behagen. 1) Der stärkste, feinste, geschmackvollste. Vielfassend, fest, sanft und gewaltig. Jm vor- ragenden Kinn und der ziemlich perpendikularen hohen Stirn ist viel sanfte Kraft und Feste. Ein seltenes Gemisch von Nachgiebigkeit und Hartköpfigkeit. 2) Das Bild einer sanften, edlen, zärtlichen, menschenfreundlichen, großmüthigen Seele; in dieser Stirne leuchtet gesunder, heller Verstand; auf diesen Lippen sitzt Bonhomie, obgleich nicht ausfließende. Ein gerader Mann -- gesunden Kopfs und Herzens. 3) Ein trefflich gerades Gesicht. Der Stirne fehlt noch ein Haar in der Biegung, und sie gehörte zu den großen. Treuherzigkeit, Dienstfertigkeit, Sanftheit -- sind besonders in der un- tern Hälfte des Gesichtes auffallend. 4) Ein treuer, gerader, dürrer, sehr verständiger Rechtsgelehrter. Jn der Stirne der kalte, tiefe Verstand -- Jm Untertheile des Gesichtes -- Einfachheit und Treue. Fünftes
XII. Abſchnitt. IV. Fragment. [Abbildung]
Viertes Fragment. Vier maͤnnliche Schattenriſſe. Die mir alle trefflich behagen. 1) Der ſtaͤrkſte, feinſte, geſchmackvollſte. Vielfaſſend, feſt, ſanft und gewaltig. Jm vor- ragenden Kinn und der ziemlich perpendikularen hohen Stirn iſt viel ſanfte Kraft und Feſte. Ein ſeltenes Gemiſch von Nachgiebigkeit und Hartkoͤpfigkeit. 2) Das Bild einer ſanften, edlen, zaͤrtlichen, menſchenfreundlichen, großmuͤthigen Seele; in dieſer Stirne leuchtet geſunder, heller Verſtand; auf dieſen Lippen ſitzt Bonhomie, obgleich nicht ausfließende. Ein gerader Mann — geſunden Kopfs und Herzens. 3) Ein trefflich gerades Geſicht. Der Stirne fehlt noch ein Haar in der Biegung, und ſie gehoͤrte zu den großen. Treuherzigkeit, Dienſtfertigkeit, Sanftheit — ſind beſonders in der un- tern Haͤlfte des Geſichtes auffallend. 4) Ein treuer, gerader, duͤrrer, ſehr verſtaͤndiger Rechtsgelehrter. Jn der Stirne der kalte, tiefe Verſtand — Jm Untertheile des Geſichtes — Einfachheit und Treue. Fuͤnftes
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XII. Abſchnitt. IV. Fragment.
[Abbildung]
Viertes Fragment.
Vier maͤnnliche Schattenriſſe.
Die mir alle trefflich behagen.
1) Der ſtaͤrkſte, feinſte, geſchmackvollſte. Vielfaſſend, feſt, ſanft und gewaltig. Jm vor-
ragenden Kinn und der ziemlich perpendikularen hohen Stirn iſt viel ſanfte Kraft und Feſte. Ein
ſeltenes Gemiſch von Nachgiebigkeit und Hartkoͤpfigkeit.
2) Das Bild einer ſanften, edlen, zaͤrtlichen, menſchenfreundlichen, großmuͤthigen Seele; in
dieſer Stirne leuchtet geſunder, heller Verſtand; auf dieſen Lippen ſitzt Bonhomie, obgleich nicht
ausfließende. Ein gerader Mann — geſunden Kopfs und Herzens.
3) Ein trefflich gerades Geſicht. Der Stirne fehlt noch ein Haar in der Biegung, und ſie
gehoͤrte zu den großen. Treuherzigkeit, Dienſtfertigkeit, Sanftheit — ſind beſonders in der un-
tern Haͤlfte des Geſichtes auffallend.
4) Ein treuer, gerader, duͤrrer, ſehr verſtaͤndiger Rechtsgelehrter. Jn der Stirne der kalte,
tiefe Verſtand — Jm Untertheile des Geſichtes — Einfachheit und Treue.
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Zitationshilfe: | Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 3. Leipzig u. a., 1777, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente03_1777/546>, abgerufen am 03.03.2025. |