Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 3. Leipzig u. a., 1777.Frauenspersonen. Fünftes Fragment. Des III. Ban-Zwey sich ziemlich ähnliche Frauenzimmer. des LXXXII. Tafel. M. H. R. L. Zwo -- Freundinnen -- weit unterm Originale -- doch beynah in gleichem Ver- Zwo Freundinnen -- die man wenigstens für Schwestern halten könnte; die zu Hierüber -- Reihen von genauen und unpartheyischen Beobachtungen -- hierüber ein be- Dieß Buch -- wenn's da ist -- wenn's nur wahrhaft ähnliche Menschengesichter neben schiedene, P p 3
Frauensperſonen. Fuͤnftes Fragment. Des III. Ban-Zwey ſich ziemlich aͤhnliche Frauenzimmer. des LXXXII. Tafel. M. H. R. L. Zwo — Freundinnen — weit unterm Originale — doch beynah in gleichem Ver- Zwo Freundinnen — die man wenigſtens fuͤr Schweſtern halten koͤnnte; die zu Hieruͤber — Reihen von genauen und unpartheyiſchen Beobachtungen — hieruͤber ein be- Dieß Buch — wenn’s da iſt — wenn’s nur wahrhaft aͤhnliche Menſchengeſichter neben ſchiedene, P p 3
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Frauensperſonen.
Fuͤnftes Fragment.
Zwey ſich ziemlich aͤhnliche Frauenzimmer.
Zwo — Freundinnen — weit unterm Originale — doch beynah in gleichem Ver-
haͤltniß unaͤhnlich. —
Zwo Freundinnen — die man wenigſtens fuͤr Schweſtern halten koͤnnte; die zu
gewiſſen Zeiten, da die obere etwas fetter, die untere etwas magerer war, uͤberhaupt faſt nicht un-
terſchieden werden konnten. Jhr Charakter iſt ohngefaͤhr ſo verſchieden und ſo aͤhnlich, als es ihre
Geſichter ſind, als es ihre ganze Bildung iſt. Die obere iſt feiner und ſchlanker — die untere dich-
ter und ſteifer. So ſind in demſelben Verhaͤltniſſe alle ihre Zuͤge ſich aͤhnlich und verſchieden. Guͤte,
eine an die Traͤgheit graͤnzende Weichlichkeit und Harmloſigkeit mit einer großen Doſis der kind-
lichſt unſchuldigſten Eitelkeit machen wohl den Hauptcharakter von beyden aus. Beyde ziert die
edelſte jungfraͤulichſte Schaamhaftigkeit und Lernensbegierde — ſo viel ohn’ einen hohen Grad von
Anſtrengungs- und Aufmerkſamkeitsfaͤhigkeit moͤglich iſt. Die obere hat im Bilde von ihrer un-
verderblichen Guͤte, und dem hohen Adel ihrer duldenden Seele viel verloren. Das Bild hat allen-
falls etwas graͤmliches — das die Natur nicht hat. Die Oberlippe iſt fuͤr die außerordentliche
Guͤte des Originals in dieſer Copie viel zu klein, und fuͤr die nicht außerordentliche Verſtandesan-
lage zu ſehr beſchnitten. Das Naſenloch der obern iſt fatal verzeichnet — ſo wie uͤberhaupt die
Grazie der Natur dieſem Bilde durchaus fehlt. Die Aehnlichkeit dieſer beyden ſich nicht verwand-
ten Maͤdchen — bleibt indeß immer ein ſehr ſeltenes und ſehr wichtiges phyſiognomiſches Phaͤno-
men — um ſo viel mehr, da ihre Charakter ſich ſo aͤhnlich ſind — Mich daͤucht — ein Phaͤno-
men — dem man wohl ſchwerlich alle Beweiskraft fuͤr die Wahrheit der Phyſiognomie wird ab-
ſprechen koͤnnen.
Hieruͤber — Reihen von genauen und unpartheyiſchen Beobachtungen — hieruͤber ein be-
ſonderes Buch — welche Arbeit fuͤr den feinen, genauen Zeichner, den Phyſiognomiſten, den
Menſchenkenner!
Dieß Buch — wenn’s da iſt — wenn’s nur wahrhaft aͤhnliche Menſchengeſichter neben
einander ſtellt — wenn’s beſonders die Hauptformen derſelben rein darſtellt — wenn’s nur ent-
ſchiedene,
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