Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 3. Leipzig u. a., 1777.I. Fragment. der obern? Wie ganz anders sowohl in Ansehung der Form als des Ausdruckes -- das Kinn? --Kälte höchstens in diesem Untertheile des Gesichtes -- aber nicht unedle Kälte -- Kälte der Weis- heit, nicht Kälte der Verachtung -- Die Stirn, wie viel bescheidner, lernender, aufnehmender! -- Ueber das Gesicht selbst kein Wort. Der unaussprechlich vielwissende und denkende und guthan- delnde Mann -- er wird sich der Welt noch zeigen -- Aber Lehre soll mir das wieder seyn -- so gar auch zuverläßig geachteten Silhouetten nicht mehr zu trauen, bis ich die Person selber gese- hen -- und immer nur, was vorliegt, zu beurtheilen; denn diese zwo Silhouetten sind bis zur Heterogenität verschieden. 28. XVII. Fragment. N. N. Ein Religiose. Seite 261. wird von der Nase gesagt: "Mehr [Abbildung]
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I. Fragment. der obern? Wie ganz anders ſowohl in Anſehung der Form als des Ausdruckes — das Kinn? —Kaͤlte hoͤchſtens in dieſem Untertheile des Geſichtes — aber nicht unedle Kaͤlte — Kaͤlte der Weis- heit, nicht Kaͤlte der Verachtung — Die Stirn, wie viel beſcheidner, lernender, aufnehmender! — Ueber das Geſicht ſelbſt kein Wort. Der unausſprechlich vielwiſſende und denkende und guthan- delnde Mann — er wird ſich der Welt noch zeigen — Aber Lehre ſoll mir das wieder ſeyn — ſo gar auch zuverlaͤßig geachteten Silhouetten nicht mehr zu trauen, bis ich die Perſon ſelber geſe- hen — und immer nur, was vorliegt, zu beurtheilen; denn dieſe zwo Silhouetten ſind bis zur Heterogenitaͤt verſchieden. 28. XVII. Fragment. N. N. Ein Religioſe. Seite 261. wird von der Naſe geſagt: „Mehr [Abbildung]
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I. Fragment.
der obern? Wie ganz anders ſowohl in Anſehung der Form als des Ausdruckes — das Kinn? —
Kaͤlte hoͤchſtens in dieſem Untertheile des Geſichtes — aber nicht unedle Kaͤlte — Kaͤlte der Weis-
heit, nicht Kaͤlte der Verachtung — Die Stirn, wie viel beſcheidner, lernender, aufnehmender! —
Ueber das Geſicht ſelbſt kein Wort. Der unausſprechlich vielwiſſende und denkende und guthan-
delnde Mann — er wird ſich der Welt noch zeigen — Aber Lehre ſoll mir das wieder ſeyn — ſo
gar auch zuverlaͤßig geachteten Silhouetten nicht mehr zu trauen, bis ich die Perſon ſelber geſe-
hen — und immer nur, was vorliegt, zu beurtheilen; denn dieſe zwo Silhouetten ſind bis zur
Heterogenitaͤt verſchieden.
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XVII. Fragment. N. N. Ein Religioſe. Seite 261. wird von der Naſe geſagt: „Mehr
„des Redlichen als des Klugen!“ — Das war Mangel an reiferer Kenntniß, und iſt wenigſtens
nicht richtig, nicht beſtimmt genug geſagt. Hier iſt ſie wieder im Umriſſe, und ſie iſt, obgleich keine
große weitwuͤrkſame Staatsnaſe — ganz unzweifelhaft nicht bloß des Redlichen, ſondern des ge-
ſund-keck- und helldenkenden. Auch das ſagt’ ich von dem Manne, aber, daß dieſe Naſe, auch
fuͤr ſich allein betrachtet, dieſen Ausdruck haͤtte, konnt’ ich damals noch nicht mit der entſcheiden-
den Gewißheit ſagen, wie itzo.
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