Ein Jüngling der Mann ist.a. K ... nn. Ein schattirtes Profil und eine Silhouette.
Des III. Ban- des XLI. Tafel.
Wenig, oder nichts von dem Jüngling; denn er gehört in den innersten Kreis meiner Geliebten.
Hier im obern Bilde -- entkräftet, verschöngeistert, bis aufs Haar, das in der Natur weder so flach gekämmt, noch so flach kämmbar ist. Auswuchs, der sich kräußt wie goldene Trau- benranken -- wie charakteristisch im Urbilde!
Jch kann mir's nicht möglich denken, daß ein Mensch dieses Profil ohne Gefühl, ohne Hin- gerissenheit, ohne Jnteresse ansehe -- da nicht in dieser Nase wenigstens, wenn in allem andern nicht, innere, tiefe, ungelernte Größe und Urfestigkeit ahnde! "Ein Gesicht voll Blick, voll Drang "und Kraft" -- wird gewiß auch der allerschwächste Beurtheiler wenigstens sagen! Eherner Muth ist so gewiß in der Stirn, als in den Lippen wahre Freundschaft und feste Treue. Von den Au- gen, weil sie hier so verkleinlicht, obgleich in der Natur so mit Jnnigkeit gesalbt sind, sag' ich nichts. Die Stirn im Schattenrisse hat etwas mehr Biegsamkeit, hingegen die Nase mehr Kraft, als im obern Bilde. Jn den Lippen ist außerordentlich viel vorstrebende entgegen schmachtende Empfindung. Viel Adel im Ganzen!
Hier
VI. Abſchnitt. XII. Fragment.
Zwoͤlftes Fragment.
Ein Juͤngling der Mann iſt.a. K ... nn. Ein ſchattirtes Profil und eine Silhouette.
Des III. Ban- des XLI. Tafel.
Wenig, oder nichts von dem Juͤngling; denn er gehoͤrt in den innerſten Kreis meiner Geliebten.
Hier im obern Bilde — entkraͤftet, verſchoͤngeiſtert, bis aufs Haar, das in der Natur weder ſo flach gekaͤmmt, noch ſo flach kaͤmmbar iſt. Auswuchs, der ſich kraͤußt wie goldene Trau- benranken — wie charakteriſtiſch im Urbilde!
Jch kann mir’s nicht moͤglich denken, daß ein Menſch dieſes Profil ohne Gefuͤhl, ohne Hin- geriſſenheit, ohne Jntereſſe anſehe — da nicht in dieſer Naſe wenigſtens, wenn in allem andern nicht, innere, tiefe, ungelernte Groͤße und Urfeſtigkeit ahnde! „Ein Geſicht voll Blick, voll Drang „und Kraft“ — wird gewiß auch der allerſchwaͤchſte Beurtheiler wenigſtens ſagen! Eherner Muth iſt ſo gewiß in der Stirn, als in den Lippen wahre Freundſchaft und feſte Treue. Von den Au- gen, weil ſie hier ſo verkleinlicht, obgleich in der Natur ſo mit Jnnigkeit geſalbt ſind, ſag’ ich nichts. Die Stirn im Schattenriſſe hat etwas mehr Biegſamkeit, hingegen die Naſe mehr Kraft, als im obern Bilde. Jn den Lippen iſt außerordentlich viel vorſtrebende entgegen ſchmachtende Empfindung. Viel Adel im Ganzen!
Hier
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VI. Abſchnitt. XII. Fragment.
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Ein Juͤngling der Mann iſt. a.
K ... nn.
Ein ſchattirtes Profil und eine Silhouette.
Wenig, oder nichts von dem Juͤngling; denn er gehoͤrt in den innerſten Kreis
meiner Geliebten.
Hier im obern Bilde — entkraͤftet, verſchoͤngeiſtert, bis aufs Haar, das in der Natur
weder ſo flach gekaͤmmt, noch ſo flach kaͤmmbar iſt. Auswuchs, der ſich kraͤußt wie goldene Trau-
benranken — wie charakteriſtiſch im Urbilde!
Jch kann mir’s nicht moͤglich denken, daß ein Menſch dieſes Profil ohne Gefuͤhl, ohne Hin-
geriſſenheit, ohne Jntereſſe anſehe — da nicht in dieſer Naſe wenigſtens, wenn in allem andern
nicht, innere, tiefe, ungelernte Groͤße und Urfeſtigkeit ahnde! „Ein Geſicht voll Blick, voll Drang
„und Kraft“ — wird gewiß auch der allerſchwaͤchſte Beurtheiler wenigſtens ſagen! Eherner Muth
iſt ſo gewiß in der Stirn, als in den Lippen wahre Freundſchaft und feſte Treue. Von den Au-
gen, weil ſie hier ſo verkleinlicht, obgleich in der Natur ſo mit Jnnigkeit geſalbt ſind, ſag’ ich
nichts. Die Stirn im Schattenriſſe hat etwas mehr Biegſamkeit, hingegen die Naſe mehr Kraft,
als im obern Bilde. Jn den Lippen iſt außerordentlich viel vorſtrebende entgegen ſchmachtende
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Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 3. Leipzig u. a., 1777, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente03_1777/254>, abgerufen am 03.03.2025.
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