Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 3. Leipzig u. a., 1777.VI. Abschnitt. XI. Fragment. Eilftes Fragment. Des III. Ban-Vier Profile desselben Jünglings. L. des XL. Tafel. Einer der offensten und unergründlichsten Charakter. "Französische Lebensart im Das unvollkommene, doch ähnliche Bild läßt gewiß den mittelmäßigsten Physiognomen Beylage
VI. Abſchnitt. XI. Fragment. Eilftes Fragment. Des III. Ban-Vier Profile deſſelben Juͤnglings. L. des XL. Tafel. Einer der offenſten und unergruͤndlichſten Charakter. „Franzoͤſiſche Lebensart im Das unvollkommene, doch aͤhnliche Bild laͤßt gewiß den mittelmaͤßigſten Phyſiognomen Beylage
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VI. Abſchnitt. XI. Fragment.
Eilftes Fragment.
Vier Profile deſſelben Juͤnglings. L.
Einer der offenſten und unergruͤndlichſten Charakter. „Franzoͤſiſche Lebensart im
„Aeußern“ (ſagt Herr Selkof Hottinger ſehr richtig von ihm) „ſchweizeriſcher Frey-
„heitsſinn; deutſche Feſtigkeit; engliſche Caprice; voreilige (??) Guͤte; uͤberſpanntes — Gefuͤhl
„im Herzen; — und im Kopf ein beſtaͤndig abwechſelndes Wetterleuchten und Dunkel von Trug
„und Wahrheit; Windmuͤhlen; Luftſchloͤſſer; eine idealiſche Welt — neben der wuͤrklichen — und
„dieſe hinter einem Zauberglas, wo das unterſte zu oberſt erſchien“ — ... Wahr, und dennoch
nur oben abgeſchoͤpfter Schaum des gedraͤngten, unerforſchlichen und unerſchoͤpflichen, obgleich —
aͤußerſt einfachen Charakters. Jch fuͤge nichts bey, als: Jch habe noch wenig edlere, wenig
Genievollere, energiſchere, und durch ruheloſe Energie entkraͤftetere Juͤnglinge geſehen, als
dieſen.
Das unvollkommene, doch aͤhnliche Bild laͤßt gewiß den mittelmaͤßigſten Phyſiognomen
keinen mittelmaͤßigen Menſchen vermuthen. Ueberhaupt ſind alle vier Bilder ſehr ſprechend und
wahr, am reinſten und wahreſten der edle, Geiſt- und Liebevolle Schattenriß 3. Das Bild 1.
iſt, beſonders in der untern Haͤlfte, kluͤger, als in der Natur; kluͤger, als der untere Theil aller
uͤbrigen Bilder. — 2. um den Mund und das Kinn etwas guͤtiger, — zugleich aber ſuͤßer und
fader, als 1. Die Stirn in 2. iſt ſchraͤgerliegend, als in 1. und die Wahrheit — und bloß da-
durch wird ſie origineller und ſchoͤpferiſcher. So iſt auch die Augenbraune in 2, ſo gering der Un-
terſchied ſcheinen mag, ſicherlich geiſtiger, als in 1. Beyder Augen ſind voller Einbildungskraft
und Liebe. Gleich fern von Planmacherey und Kuͤnſtlergeduld. Die Naſe 2. an der Spitze iſt
um etwas geſcheuter, als in 1. Die Entfernung der Naſe vom Ohr in 2. iſt wahrer, als in 1,
wo jedoch die ſchraͤgere Lage des Ohres wahr, und merkwuͤrdig iſt — was ſie bedeute, weiß ich
nicht. Wie ſehr die geringſte Abrundung, die kaum merkbare Abſchleifung beſonders der Lip-
pen, vornehmlich in Schattenriſſen — den Ausdruck von Geiſt und Herz abſtuͤmpfe, wird das
geuͤbte Auge bey der Vergleichung der Lippen in beyden Schattenriſſen ſehen. — —
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