Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 2. Leipzig u. a., 1776.XXVII. Fragment. Hunde. Sieben und zwanzigstes Fragment. Hunde. Richt, daß ich mir erlauben wollte, was sich Porta erlaubte, Menschen- und Thiergesichter Jn allen diesen Hundsköpfen find' ich nichts platonisches -- finde überall keine beson- geschlagnen
XXVII. Fragment. Hunde. Sieben und zwanzigſtes Fragment. Hunde. Richt, daß ich mir erlauben wollte, was ſich Porta erlaubte, Menſchen- und Thiergeſichter Jn allen dieſen Hundskoͤpfen find’ ich nichts platoniſches — finde uͤberall keine beſon- geſchlagnen
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XXVII. Fragment. Hunde.
Sieben und zwanzigſtes Fragment.
Hunde.
Richt, daß ich mir erlauben wollte, was ſich Porta erlaubte, Menſchen- und Thiergeſichter
neben einander zu ſetzen und zu vergleichen — Nein; groͤßtentheils ſind dieſe Vergleichungen er-
zwungen und das Werk einer uͤberſpannten Einbildungskraft. — Ohne dem witzigen, ſcharfſin-
nigen, und mehr als beydes gelehrten Vater ſo vieler Phyſiognomiſten zu nahe zu treten — kann
man dennoch mit Grunde ſagen, daß ſeine Einbildungskraft oft uͤber den Kreis der Wahrheit
hinaus fliegt. Wenigſtens ſcheinen mir ſo manche ſeiner aufgeſtellten ſeyn ſollenden Aehnlichkeiten
aͤuſſerſt geſucht und erdichtet — z. E. die zwiſchen einer Nachteule und dem Kaiſer Vitellius;
zwiſchen Domitian und einem Fiſche, Tiberius und einer Jacobsmuſchel, Plato und ei-
nem Hundskopfe. —
Jn allen dieſen Hundskoͤpfen find’ ich nichts platoniſches — finde uͤberall keine beſon-
dere Aehnlichkeit mit dieſem oder jenem Menſchen drinn, lege ſie auch gar nicht in dieſer Ab-
ſicht vor, ſondern vielmehr, um auf die Unaͤhnlichkeit der Thiere und Menſchen, und wie ſchon
geſagt, die Allgemeinheit der Phyſiognomik aufmerkſam zu machen. Der Hund ſcheint noch
am meiſten Stirn, gewoͤlbte Menſchenſtirn zu haben. Wenige Thiere haben ſo viel Stirn
uͤbern Augen, wie der Hund — aber ſo viel er an der Stirne zu gewinnen ſcheint, ſo viel
verliert er wieder durch die aͤuſſerſt thieriſche Naſe, die alle Phyſiognomie der Spuͤrerey hat, —
(auch der ſpuͤrende Menſch hebt ſeine Naſenloͤcher in die Hoͤhe,) — verliert durch die Entfernung
des Mauls von der Naſe — verliert durch die Niedrigkeit oder Nichtigkeit des Kinns. — Ganz
Phyſiognomie des Spuͤrens iſt der unterſte; — des horchenden, ſchauenden, ſich zum Kampfe
ruͤſtenden der vorletzte; des behaglich ruhenden der vor ihm zur Rechten; — der dritte —
weniger drohend, als der fuͤnfte, und furchtbarer, als der vierte. Der zweyte und erſte haben
in der großen Entfernung des Mundes von der Naſe am meiſten Hundiſches. Ob die nieder-
geſchlagnen
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