Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 2. Leipzig u. a., 1776.Sechzehntes Fragment. Schwache, thörichte Menschen. Lässige Verzogenheit, thierische Stumpfheit, zuckendes Behagen, schiefes Lächeln, Unständig- Lässige Verzogenheit, Lockerheit, Unständigkeit -- nicht nur Zeichen, Sache .. Und was ist am Menschen bloß Zeichen, und nicht Sache? O wir schlauen Taschenspieler mit Worten -- wie verführen wir uns! -- was ist am Men- Doch, ich scheine vielleicht auszugleiten? Sey's! -- der Gedank' ist wesentlich, und mehr Erste Tafel. Vier Umrisse von männlichen Thoren. Diese vier sind alle Thoren, aber Thoren von dem verschiedensten Charakter. Die Thorheit hat ihre Classen, Gattungen, Arten, wie die Weisheit. Jhre Charakter Die zween obern, von wie ganz anderer Art, als die zween untern! Der Einen Thorheit zeigt Die obern sind einem aufgerührten Moraste, die untern einem stillstehenden, seichten, mit 4. scheint (das große Ohr ausgenommen) am wenigsten von Natur Thor zu seyn. 1. und 2. scheint ein entsetzlich heftiger, hartnäckiger Kopf zu seyn. Welch ein Hals im Verhält- Zweyte Z 3
Sechzehntes Fragment. Schwache, thoͤrichte Menſchen. Laͤſſige Verzogenheit, thieriſche Stumpfheit, zuckendes Behagen, ſchiefes Laͤcheln, Unſtaͤndig- Laͤſſige Verzogenheit, Lockerheit, Unſtaͤndigkeit — nicht nur Zeichen, Sache .. Und was iſt am Menſchen bloß Zeichen, und nicht Sache? O wir ſchlauen Taſchenſpieler mit Worten — wie verfuͤhren wir uns! — was iſt am Men- Doch, ich ſcheine vielleicht auszugleiten? Sey’s! — der Gedank’ iſt weſentlich, und mehr Erſte Tafel. Vier Umriſſe von maͤnnlichen Thoren. Dieſe vier ſind alle Thoren, aber Thoren von dem verſchiedenſten Charakter. Die Thorheit hat ihre Claſſen, Gattungen, Arten, wie die Weisheit. Jhre Charakter Die zween obern, von wie ganz anderer Art, als die zween untern! Der Einen Thorheit zeigt Die obern ſind einem aufgeruͤhrten Moraſte, die untern einem ſtillſtehenden, ſeichten, mit 4. ſcheint (das große Ohr ausgenommen) am wenigſten von Natur Thor zu ſeyn. 1. und 2. ſcheint ein entſetzlich heftiger, hartnaͤckiger Kopf zu ſeyn. Welch ein Hals im Verhaͤlt- Zweyte Z 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0261" n="181"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Sechzehntes Fragment.<lb/><hi rendition="#g">Schwache, thoͤrichte Menſchen.</hi></hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#in">L</hi>aͤſſige Verzogenheit, thieriſche Stumpfheit, zuckendes Behagen, ſchiefes Laͤcheln, Unſtaͤndig-<lb/> keit, Unbeſtimmtheit, Stierigkeit, Lockerheit — die gewoͤhnlichſten, allgemeinſten, auffallendſten<lb/> Zeichen der angebohrnen und natuͤrlichen Dummheit.</p><lb/> <p>Laͤſſige Verzogenheit, Lockerheit, Unſtaͤndigkeit — nicht nur Zeichen, Sache ..</p><lb/> <p> <hi rendition="#fr">Und was iſt am Menſchen bloß Zeichen, und nicht Sache?</hi> </p><lb/> <p>O wir ſchlauen Taſchenſpieler mit Worten — wie verfuͤhren wir uns! — was iſt am Men-<lb/> ſchen Sache, das nicht Zeichen? Zeichen, das nicht Sache ſey? welches Glied? welches Gliedes<lb/> Glied? welcher Muskel? welcher Zug? welche Miene?</p><lb/> <p>Doch, ich ſcheine vielleicht auszugleiten? Sey’s! — der Gedank’ iſt weſentlich, und mehr<lb/> als Grundpfeiler der Phyſiognomik! Neue Beſtaͤtigung davon die vorliegenden ziemlich aͤhnlichen<lb/> Profilumriſſe von mehr und minder thoͤrichten Menſchen.</p><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#g"> <hi rendition="#fr">Erſte Tafel.</hi><lb/> <hi rendition="#b">Vier Umriſſe von maͤnnlichen Thoren.</hi> </hi> </head><lb/> <p>Dieſe vier ſind alle Thoren, aber Thoren von dem verſchiedenſten Charakter.</p><lb/> <p>Die Thorheit hat ihre Claſſen, Gattungen, Arten, wie die Weisheit. Jhre Charakter<lb/> ſind ſo verſchieden, als ſie ſelber.</p><lb/> <p>Die zween obern, von wie ganz anderer Art, als die zween untern! Der Einen Thorheit zeigt<lb/> ſich in der <hi rendition="#fr">Vielfaltigkeit;</hi> (im eigentlichſten, buchſtaͤblichſten Sinne des Wortes) der andern in<lb/><hi rendition="#fr">faltenloſer Flachheit;</hi> der einen in <hi rendition="#fr">Verzogenheit,</hi> die ſich <hi rendition="#fr">anſpannen will;</hi> der andern in <hi rendition="#fr">ru-<lb/> higer Triebloſigkeit.</hi></p><lb/> <p>Die obern ſind einem aufgeruͤhrten Moraſte, die untern einem ſtillſtehenden, ſeichten, mit<lb/> Schleim uͤberzogenen Teiche aͤhnlich.</p><lb/> <p>4. ſcheint (das große Ohr ausgenommen) am wenigſten von Natur Thor zu ſeyn. 1. und<lb/> 3. am meiſten.</p><lb/> <p>2. ſcheint ein entſetzlich heftiger, hartnaͤckiger Kopf zu ſeyn. Welch ein Hals im Verhaͤlt-<lb/> niſſe mit dem obern Theile des Schaͤdels! — Man erinnere ſich des Kahlkopfs, Silhouette 4. auf<lb/> der ſechzehnten Tafel des zwoͤlften Fragments.</p> </div><lb/> <fw place="bottom" type="sig">Z 3</fw> <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Zweyte</hi> </fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [181/0261]
Sechzehntes Fragment.
Schwache, thoͤrichte Menſchen.
Laͤſſige Verzogenheit, thieriſche Stumpfheit, zuckendes Behagen, ſchiefes Laͤcheln, Unſtaͤndig-
keit, Unbeſtimmtheit, Stierigkeit, Lockerheit — die gewoͤhnlichſten, allgemeinſten, auffallendſten
Zeichen der angebohrnen und natuͤrlichen Dummheit.
Laͤſſige Verzogenheit, Lockerheit, Unſtaͤndigkeit — nicht nur Zeichen, Sache ..
Und was iſt am Menſchen bloß Zeichen, und nicht Sache?
O wir ſchlauen Taſchenſpieler mit Worten — wie verfuͤhren wir uns! — was iſt am Men-
ſchen Sache, das nicht Zeichen? Zeichen, das nicht Sache ſey? welches Glied? welches Gliedes
Glied? welcher Muskel? welcher Zug? welche Miene?
Doch, ich ſcheine vielleicht auszugleiten? Sey’s! — der Gedank’ iſt weſentlich, und mehr
als Grundpfeiler der Phyſiognomik! Neue Beſtaͤtigung davon die vorliegenden ziemlich aͤhnlichen
Profilumriſſe von mehr und minder thoͤrichten Menſchen.
Erſte Tafel.
Vier Umriſſe von maͤnnlichen Thoren.
Dieſe vier ſind alle Thoren, aber Thoren von dem verſchiedenſten Charakter.
Die Thorheit hat ihre Claſſen, Gattungen, Arten, wie die Weisheit. Jhre Charakter
ſind ſo verſchieden, als ſie ſelber.
Die zween obern, von wie ganz anderer Art, als die zween untern! Der Einen Thorheit zeigt
ſich in der Vielfaltigkeit; (im eigentlichſten, buchſtaͤblichſten Sinne des Wortes) der andern in
faltenloſer Flachheit; der einen in Verzogenheit, die ſich anſpannen will; der andern in ru-
higer Triebloſigkeit.
Die obern ſind einem aufgeruͤhrten Moraſte, die untern einem ſtillſtehenden, ſeichten, mit
Schleim uͤberzogenen Teiche aͤhnlich.
4. ſcheint (das große Ohr ausgenommen) am wenigſten von Natur Thor zu ſeyn. 1. und
3. am meiſten.
2. ſcheint ein entſetzlich heftiger, hartnaͤckiger Kopf zu ſeyn. Welch ein Hals im Verhaͤlt-
niſſe mit dem obern Theile des Schaͤdels! — Man erinnere ſich des Kahlkopfs, Silhouette 4. auf
der ſechzehnten Tafel des zwoͤlften Fragments.
Zweyte
Z 3
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |