Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 2. Leipzig u. a., 1776.XV. Fragment. Affen. Funfzehntes Fragment. Die Affen. Man weiß, daß der Affe unter allen Thieren der Menschengestalt am nächsten kömmt -- Der Schädel der Affen, wie wir bald auf einem besondern Blatte sehen werden, ist dem Der Menschen ähnlichste des Affengeschlechtes ist der Ourang-Outang und der Pitheke, Der Ourang-Outang -- ahmt alle Menschenhandlungen nach -- und verrichtet keine Die, welche den Meuschen gern zum Thier erniedrigen -- karrikaturiren den Menschen Aber genaue Beobachtung und Vergleichung von beyden -- auch nur der Schädel -- Man sagt vom Menschen im bloßen Stande der Natur -- -- doch wo ist der? -- Man sagt vom Menschen im bloßen Stande der Natur: "Jhm ist der Kopf mit strup- platt;
XV. Fragment. Affen. Funfzehntes Fragment. Die Affen. Man weiß, daß der Affe unter allen Thieren der Menſchengeſtalt am naͤchſten koͤmmt — Der Schaͤdel der Affen, wie wir bald auf einem beſondern Blatte ſehen werden, iſt dem Der Menſchen aͤhnlichſte des Affengeſchlechtes iſt der Ourang-Outang und der Pitheke, Der Ourang-Outang — ahmt alle Menſchenhandlungen nach — und verrichtet keine Die, welche den Meuſchen gern zum Thier erniedrigen — karrikaturiren den Menſchen Aber genaue Beobachtung und Vergleichung von beyden — auch nur der Schaͤdel — Man ſagt vom Menſchen im bloßen Stande der Natur — — doch wo iſt der? — Man ſagt vom Menſchen im bloßen Stande der Natur: „Jhm iſt der Kopf mit ſtrup- platt;
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XV. Fragment. Affen.
Funfzehntes Fragment.
Die Affen.
Man weiß, daß der Affe unter allen Thieren der Menſchengeſtalt am naͤchſten koͤmmt —
und dennoch — wie ungeheuer iſt der Abſtand! — ungeheuer! Freue dich deſſen, Menſch, und ſuche
keine Groͤße in angenommener thieriſcher Kleinheit; keine Demuth in Erniedrigung deiner Natur!
Der Schaͤdel der Affen, wie wir bald auf einem beſondern Blatte ſehen werden, iſt dem
Menſchenſchaͤdel am aͤhnlichſten; ſo wie ihre ſinnliche Vorſtellungsart der menſchlichen.
Der Menſchen aͤhnlichſte des Affengeſchlechtes iſt der Ourang-Outang und der Pitheke,
die andern Arten der Affen weichen von der Geſtalt des menſchlichen Koͤrpers ſchon mehr ab. —
Der Ourang-Outang — ahmt alle Menſchenhandlungen nach — und verrichtet keine
einzige Menſchenhandlung.
Die, welche den Meuſchen gern zum Thier erniedrigen — karrikaturiren den Menſchen
zum Ourang-Outang herab, und idealiſiren den Ourang-Outang zum Menſchen hinauf.
Aber genaue Beobachtung und Vergleichung von beyden — auch nur der Schaͤdel —
obgleich dieſe mit dem menſchlichen am meiſten Aehnlichkeit haben — wird die große Verſchie-
denheit von beyden darthun, und die ewige Unerreichbarkeit der menſchlichen Natur von der Af-
fen Natur mehr, als bloß wahrſcheinlich machen.
Man ſagt vom Menſchen im bloßen Stande der Natur — — doch wo iſt der? —
da, wo die natuͤrliche Religion ohne Offenbarung — und, daß er nirgends iſt, — beweiſt
das nicht die Allgemeinheit der Menſchenwuͤrde? — So gut das Nichtdaſeyn der natuͤrlichen Re-
ligion — das Beduͤrfniß goͤttlicher Belehrungen fuͤhlbar macht. —
Man ſagt vom Menſchen im bloßen Stande der Natur: „Jhm iſt der Kopf mit ſtrup-
„pichten Haaren, oder mit krauſer Wolle; mit langen Haaren das Geſicht — ſeine Stirne
„ebenfalls mit uͤberworfnen Haaren von obenher bedeckt — werde kurz, alles majeſtaͤtiſchen
„Anſehens beraubt — die Augen werden bedeckt — ſie werden tiefer liegend, und mehr rund,
„wie bey den Thieren — erſcheinen; die Lippen ſeyen dick und weit hervorſtehend; die Naſe
platt;
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