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Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 2. Leipzig u. a., 1776.

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XIV. Fragment. Menschenschädel.
Dahin geschleudert von der Hand
Die Zeichen nacherschuf dem Nacht- und Lichtgedanken,
Den an der Vorderwand von dir, o Schädel,
Den übern Augenbogen ausgebahr die Seele!
Sieh -- dieses Sandkorns Harmonie
Mit deiner Wölbung -- wer, wer maß sie?
Zuerst? Erfand sie? wer? wer freute sich
Der Wunder-Harmonie des Stirngewölbes
Mit allen Sichtbarkeiten! allen
Unsichtbarkeiten der Unermeßlichkeit?
Wer? Jch nicht! Jch nicht! O ... verstummen
O staunen kann ich nur -- nur stammeln, fühlen nur,
Kaum stammeln: "Jch nicht!" -- wer? O wer dann?
O -- Namen hat Er nicht ... Anbetung nur!
Anbetung nur der allumfassenden
Allmessenden Gestaltkraft des Urgeists!
Anbetung Jhr --
Durch den zu seyn, zu wissen, daß man's ist!
O Seligkeit, die niemand kennet, -- dessen Stirn
Nicht dürstet Morgenstral, nicht Mondlicht saugt
Wie müde Hirschen Erquickung aus dem Quelle ...
O -- Stirngewölb -- -- du Feste Gottes!
Gebaut zum Preise seiner Herrlichkeit!
Du Fels, auf dem sie ewig ruhn
Die großen Ahndungen der Menschen Würde!
Du Fels, auf den sich gründen Himmelhohe
Bewölkte Hoffnungen -- die Wahrheit einst
Genuß und Wesen sind -- wenn weggetröpfelt ist.
Der
XIV. Fragment. Menſchenſchaͤdel.
Dahin geſchleudert von der Hand
Die Zeichen nacherſchuf dem Nacht- und Lichtgedanken,
Den an der Vorderwand von dir, o Schaͤdel,
Den uͤbern Augenbogen ausgebahr die Seele!
Sieh — dieſes Sandkorns Harmonie
Mit deiner Woͤlbung — wer, wer maß ſie?
Zuerſt? Erfand ſie? wer? wer freute ſich
Der Wunder-Harmonie des Stirngewoͤlbes
Mit allen Sichtbarkeiten! allen
Unſichtbarkeiten der Unermeßlichkeit?
Wer? Jch nicht! Jch nicht! O ... verſtummen
O ſtaunen kann ich nur — nur ſtammeln, fuͤhlen nur,
Kaum ſtammeln: „Jch nicht!“ — wer? O wer dann?
O — Namen hat Er nicht ... Anbetung nur!
Anbetung nur der allumfaſſenden
Allmeſſenden Geſtaltkraft des Urgeiſts!
Anbetung Jhr —
Durch den zu ſeyn, zu wiſſen, daß man’s iſt!
O Seligkeit, die niemand kennet, — deſſen Stirn
Nicht duͤrſtet Morgenſtral, nicht Mondlicht ſaugt
Wie muͤde Hirſchen Erquickung aus dem Quelle ...
O — Stirngewoͤlb — — du Feſte Gottes!
Gebaut zum Preiſe ſeiner Herrlichkeit!
Du Fels, auf dem ſie ewig ruhn
Die großen Ahndungen der Menſchen Wuͤrde!
Du Fels, auf den ſich gruͤnden Himmelhohe
Bewoͤlkte Hoffnungen — die Wahrheit einſt
Genuß und Weſen ſind — wenn weggetroͤpfelt iſt.
Der
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[172/0246] XIV. Fragment. Menſchenſchaͤdel. Dahin geſchleudert von der Hand Die Zeichen nacherſchuf dem Nacht- und Lichtgedanken, Den an der Vorderwand von dir, o Schaͤdel, Den uͤbern Augenbogen ausgebahr die Seele! Sieh — dieſes Sandkorns Harmonie Mit deiner Woͤlbung — wer, wer maß ſie? Zuerſt? Erfand ſie? wer? wer freute ſich Der Wunder-Harmonie des Stirngewoͤlbes Mit allen Sichtbarkeiten! allen Unſichtbarkeiten der Unermeßlichkeit? Wer? Jch nicht! Jch nicht! O ... verſtummen O ſtaunen kann ich nur — nur ſtammeln, fuͤhlen nur, Kaum ſtammeln: „Jch nicht!“ — wer? O wer dann? O — Namen hat Er nicht ... Anbetung nur! Anbetung nur der allumfaſſenden Allmeſſenden Geſtaltkraft des Urgeiſts! Anbetung Jhr — Durch den zu ſeyn, zu wiſſen, daß man’s iſt! O Seligkeit, die niemand kennet, — deſſen Stirn Nicht duͤrſtet Morgenſtral, nicht Mondlicht ſaugt Wie muͤde Hirſchen Erquickung aus dem Quelle ... O — Stirngewoͤlb — — du Feſte Gottes! Gebaut zum Preiſe ſeiner Herrlichkeit! Du Fels, auf dem ſie ewig ruhn Die großen Ahndungen der Menſchen Wuͤrde! Du Fels, auf den ſich gruͤnden Himmelhohe Bewoͤlkte Hoffnungen — die Wahrheit einſt Genuß und Weſen ſind — wenn weggetroͤpfelt iſt. Der

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Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 2. Leipzig u. a., 1776, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente02_1776/246>, abgerufen am 24.11.2024.