legenheit -- jedem Labyrinthe, aus dem schlechterdings kein Ausgang abzusehen ist -- unter jeder Last, die un- aträglich scheint -- bey allen Arten von Mängeln und Bedürfnissen -- Läsen wir mit einfältigem, Kunst- und Truglosem Sinne diese Gottesworte aus dem Munde des treuen und wahrhaftigen -- wie würden wir und dieses Schatzes aller Schätze, dieser ewig unerschöpflichen Quelle alles Trostes mit unnennbarer Freude freuen! Wie kannst du, Jesus Christus, klärer, unzweydeutiger, entscheidender uns zum Gebeth ermuntern? Uns Erhö- rung des Gebeths verheissen? Welche huldreichere, über- redendere, mehr versprechende Worte lassen sich erden- ken? Ach! daß wirs glaubten und versuchten! daß wir bey den dringendsten Bedürfnissen den Anfang machten! daß keine Zweifeley, kein Geist der Weltweißheit, der Spötteley, des Mißtrauens dazwischen käme! daß wir weder zur Rechten noch zur Linken, sondern nur gerade vor uns hinschauten! Hingiengen zum Vater, dem All- gegenwärtigen und Allgenugsamen -- mit dem Worte Je- su -- mit dieser Anweisung und Aßignation auf Ihn, Ihn -- Dem es nie an guten Willen, an Macht nie feh- len kann, alles zu geben, was wir nicht haben, alles zu thun, was wir nicht können -- alle unsere Bedürf- nisse über Erwarten und Hoffen zu stillen -- -- Der Grund, warum so wenig unserer Bitten erhört werden, ist auffallend. Ich darf mich auf die Erfahrung, das Herz so vieler Mitchristen beruffen. Unser Bitten ist kein Bitten, suchen, anklopfen, kein unausgesetztes, stand- haftes, unermüdliches, durchsetzendes Zudringen, wel-Psalm XXXIV. 6. che auf Ihn sehen, und hinzudringen, anlau-
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Bitten.
legenheit — jedem Labyrinthe, aus dem ſchlechterdings kein Ausgang abzuſehen iſt — unter jeder Laſt, die un- aträglich ſcheint — bey allen Arten von Mängeln und Bedürfniſſen — Läſen wir mit einfältigem, Kunſt- und Trugloſem Sinne dieſe Gottesworte aus dem Munde des treuen und wahrhaftigen — wie würden wir und dieſes Schatzes aller Schätze, dieſer ewig unerſchöpflichen Quelle alles Troſtes mit unnennbarer Freude freuen! Wie kannſt du, Jeſus Chriſtus, klärer, unzweydeutiger, entſcheidender uns zum Gebeth ermuntern? Uns Erhö- rung des Gebeths verheiſſen? Welche huldreichere, über- redendere, mehr verſprechende Worte laſſen ſich erden- ken? Ach! daß wirs glaubten und verſuchten! daß wir bey den dringendſten Bedürfniſſen den Anfang machten! daß keine Zweifeley, kein Geiſt der Weltweißheit, der Spötteley, des Mißtrauens dazwiſchen käme! daß wir weder zur Rechten noch zur Linken, ſondern nur gerade vor uns hinſchauten! Hingiengen zum Vater, dem All- gegenwärtigen und Allgenugſamen — mit dem Worte Je- ſu — mit dieſer Anweiſung und Aßignation auf Ihn, Ihn — Dem es nie an guten Willen, an Macht nie feh- len kann, alles zu geben, was wir nicht haben, alles zu thun, was wir nicht können — alle unſere Bedürf- niſſe über Erwarten und Hoffen zu ſtillen — — Der Grund, warum ſo wenig unſerer Bitten erhört werden, iſt auffallend. Ich darf mich auf die Erfahrung, das Herz ſo vieler Mitchriſten beruffen. Unſer Bitten iſt kein Bitten, ſuchen, anklopfen, kein unausgeſetztes, ſtand- haftes, unermüdliches, durchſetzendes Zudringen, wel-Pſalm XXXIV. 6. che auf Ihn ſehen, und hinzudringen, anlau-
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[47[67]/0075]
Bitten.
legenheit — jedem Labyrinthe, aus dem ſchlechterdings
kein Ausgang abzuſehen iſt — unter jeder Laſt, die un-
aträglich ſcheint — bey allen Arten von Mängeln und
Bedürfniſſen — Läſen wir mit einfältigem, Kunſt- und
Trugloſem Sinne dieſe Gottesworte aus dem Munde
des treuen und wahrhaftigen — wie würden wir und
dieſes Schatzes aller Schätze, dieſer ewig unerſchöpflichen
Quelle alles Troſtes mit unnennbarer Freude freuen!
Wie kannſt du, Jeſus Chriſtus, klärer, unzweydeutiger,
entſcheidender uns zum Gebeth ermuntern? Uns Erhö-
rung des Gebeths verheiſſen? Welche huldreichere, über-
redendere, mehr verſprechende Worte laſſen ſich erden-
ken? Ach! daß wirs glaubten und verſuchten! daß wir
bey den dringendſten Bedürfniſſen den Anfang machten!
daß keine Zweifeley, kein Geiſt der Weltweißheit, der
Spötteley, des Mißtrauens dazwiſchen käme! daß wir
weder zur Rechten noch zur Linken, ſondern nur gerade
vor uns hinſchauten! Hingiengen zum Vater, dem All-
gegenwärtigen und Allgenugſamen — mit dem Worte Je-
ſu — mit dieſer Anweiſung und Aßignation auf Ihn,
Ihn — Dem es nie an guten Willen, an Macht nie feh-
len kann, alles zu geben, was wir nicht haben, alles
zu thun, was wir nicht können — alle unſere Bedürf-
niſſe über Erwarten und Hoffen zu ſtillen — — Der
Grund, warum ſo wenig unſerer Bitten erhört werden,
iſt auffallend. Ich darf mich auf die Erfahrung, das
Herz ſo vieler Mitchriſten beruffen. Unſer Bitten iſt kein
Bitten, ſuchen, anklopfen, kein unausgeſetztes, ſtand-
haftes, unermüdliches, durchſetzendes Zudringen, wel-
che auf Ihn ſehen, und hinzudringen, anlau-
fen —
Pſalm
XXXIV. 6.
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Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 47[67]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/75>, abgerufen am 16.02.2025.
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