Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

Matthäus VI.
wir des Vaters unermeßliche Güte und Fürsorge bewun-
dern und anbethen. Nur die stumpfste Nichtachtung
dessen, was da ist -- die Lichtscheueste Nichtkenntniß des
Vaters -- und eine unnatürliche Erkünstelung neuer,
nicht wahrer Bedürfnisse kann uns nach und nach zu ei-
nem Mißtrauen, einer Unruh und Aengstlichkeit führen,
deren nur ein abgöttisches lichtloses Geschöpfe fähig ist
-- Ein Christ seyn -- und ängstlich seyn in Ansehung
seiner Erhaltung oder seines Schicksals kann durchaus
nicht neben einander bestehen. Wer ängstlich ist, der
glaubt nicht.
Wer nicht glaubt, dem Vater nicht
glaubt, dem reichsten, dem besten Vater nicht -- Wie
kann der gutartiges Kind seyn? und wie ein Christ --
ohne gutartiges Kind des besten Vaters zu seyn?

43.
Reich Gottes.
Matth.
VI. 33.

Trachtet am ersten nach dem Reiche Got-
tes und Gottes Gerechtigkeit, so wird Euch al-
les andre zufallen.
-- Das Bürgerrecht im Rei-
che Gottes ist wohl das Erste, was ein Mensch, der
nur Ein Wort von Unsterblichkeit gehört hat -- su-
chen sollte! Theilhabung an einem Reiche, einer Gesell-
schaft der beßten und mächtigsten Wesen, deren unmit-
telbares Haupt -- Gott ist! Gott, wie Er in Christus
sich zeigen, durch Ihn wirken kann -- Theilhabung an
dem, was Gott selbst genießbar ist -- was Ihm Freu-
de macht -- seine Lieblingssache ist -- ist doch wohl was
Wünschenswerthes! Ein Zweck, dem wohl etwas auf-

geopfert

Matthäus VI.
wir des Vaters unermeßliche Güte und Fürſorge bewun-
dern und anbethen. Nur die ſtumpfſte Nichtachtung
deſſen, was da iſt — die Lichtſcheueſte Nichtkenntniß des
Vaters — und eine unnatürliche Erkünſtelung neuer,
nicht wahrer Bedürfniſſe kann uns nach und nach zu ei-
nem Mißtrauen, einer Unruh und Aengſtlichkeit führen,
deren nur ein abgöttiſches lichtloſes Geſchöpfe fähig iſt
— Ein Chriſt ſeyn — und ängſtlich ſeyn in Anſehung
ſeiner Erhaltung oder ſeines Schickſals kann durchaus
nicht neben einander beſtehen. Wer ängſtlich iſt, der
glaubt nicht.
Wer nicht glaubt, dem Vater nicht
glaubt, dem reichſten, dem beſten Vater nicht — Wie
kann der gutartiges Kind ſeyn? und wie ein Chriſt —
ohne gutartiges Kind des beſten Vaters zu ſeyn?

43.
Reich Gottes.
Matth.
VI. 33.

Trachtet am erſten nach dem Reiche Got-
tes und Gottes Gerechtigkeit, ſo wird Euch al-
les andre zufallen.
— Das Bürgerrecht im Rei-
che Gottes iſt wohl das Erſte, was ein Menſch, der
nur Ein Wort von Unſterblichkeit gehört hat — ſu-
chen ſollte! Theilhabung an einem Reiche, einer Geſell-
ſchaft der beßten und mächtigſten Weſen, deren unmit-
telbares Haupt — Gott iſt! Gott, wie Er in Chriſtus
ſich zeigen, durch Ihn wirken kann — Theilhabung an
dem, was Gott ſelbſt genießbar iſt — was Ihm Freu-
de macht — ſeine Lieblingsſache iſt — iſt doch wohl was
Wünſchenswerthes! Ein Zweck, dem wohl etwas auf-

geopfert
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0066" n="38[58]"/><fw place="top" type="header">Matthäus <hi rendition="#aq">VI.</hi></fw><lb/>
wir des Vaters unermeßliche Güte und Für&#x017F;orge bewun-<lb/>
dern und anbethen. Nur die &#x017F;tumpf&#x017F;te Nichtachtung<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en, was da i&#x017F;t &#x2014; die Licht&#x017F;cheue&#x017F;te Nichtkenntniß des<lb/>
Vaters &#x2014; und eine unnatürliche Erkün&#x017F;telung neuer,<lb/>
nicht wahrer Bedürfni&#x017F;&#x017F;e kann uns nach und nach zu ei-<lb/>
nem Mißtrauen, einer Unruh und Aeng&#x017F;tlichkeit führen,<lb/>
deren nur ein abgötti&#x017F;ches lichtlo&#x017F;es Ge&#x017F;chöpfe fähig i&#x017F;t<lb/>
&#x2014; Ein Chri&#x017F;t &#x017F;eyn &#x2014; und äng&#x017F;tlich &#x017F;eyn in An&#x017F;ehung<lb/>
&#x017F;einer Erhaltung oder &#x017F;eines Schick&#x017F;als kann durchaus<lb/>
nicht neben einander be&#x017F;tehen. <hi rendition="#fr">Wer äng&#x017F;tlich i&#x017F;t, der<lb/>
glaubt nicht.</hi> Wer nicht glaubt, dem Vater nicht<lb/>
glaubt, dem reich&#x017F;ten, dem be&#x017F;ten Vater nicht &#x2014; Wie<lb/>
kann der gutartiges Kind &#x017F;eyn? und wie ein Chri&#x017F;t &#x2014;<lb/>
ohne gutartiges Kind des be&#x017F;ten Vaters zu &#x017F;eyn?</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>43.<lb/>
Reich Gottes.</head><lb/>
            <note place="left">Matth.<lb/><hi rendition="#aq">VI.</hi> 33.</note>
            <p><hi rendition="#fr">Trachtet am er&#x017F;ten nach dem Reiche Got-<lb/>
tes und Gottes Gerechtigkeit, &#x017F;o wird Euch al-<lb/>
les andre zufallen.</hi> &#x2014; Das Bürgerrecht im Rei-<lb/>
che Gottes i&#x017F;t wohl das Er&#x017F;te, was ein Men&#x017F;ch, der<lb/>
nur Ein Wort von Un&#x017F;terblichkeit gehört hat &#x2014; &#x017F;u-<lb/>
chen &#x017F;ollte! Theilhabung an einem Reiche, einer Ge&#x017F;ell-<lb/>
&#x017F;chaft der beßten und mächtig&#x017F;ten We&#x017F;en, deren unmit-<lb/>
telbares Haupt &#x2014; Gott i&#x017F;t! Gott, wie Er in Chri&#x017F;tus<lb/>
&#x017F;ich zeigen, durch Ihn wirken kann &#x2014; Theilhabung an<lb/>
dem, was Gott &#x017F;elb&#x017F;t genießbar i&#x017F;t &#x2014; was Ihm Freu-<lb/>
de macht &#x2014; &#x017F;eine Lieblings&#x017F;ache i&#x017F;t &#x2014; i&#x017F;t doch wohl was<lb/>
Wün&#x017F;chenswerthes! Ein Zweck, dem wohl etwas auf-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">geopfert</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[38[58]/0066] Matthäus VI. wir des Vaters unermeßliche Güte und Fürſorge bewun- dern und anbethen. Nur die ſtumpfſte Nichtachtung deſſen, was da iſt — die Lichtſcheueſte Nichtkenntniß des Vaters — und eine unnatürliche Erkünſtelung neuer, nicht wahrer Bedürfniſſe kann uns nach und nach zu ei- nem Mißtrauen, einer Unruh und Aengſtlichkeit führen, deren nur ein abgöttiſches lichtloſes Geſchöpfe fähig iſt — Ein Chriſt ſeyn — und ängſtlich ſeyn in Anſehung ſeiner Erhaltung oder ſeines Schickſals kann durchaus nicht neben einander beſtehen. Wer ängſtlich iſt, der glaubt nicht. Wer nicht glaubt, dem Vater nicht glaubt, dem reichſten, dem beſten Vater nicht — Wie kann der gutartiges Kind ſeyn? und wie ein Chriſt — ohne gutartiges Kind des beſten Vaters zu ſeyn? 43. Reich Gottes. Trachtet am erſten nach dem Reiche Got- tes und Gottes Gerechtigkeit, ſo wird Euch al- les andre zufallen. — Das Bürgerrecht im Rei- che Gottes iſt wohl das Erſte, was ein Menſch, der nur Ein Wort von Unſterblichkeit gehört hat — ſu- chen ſollte! Theilhabung an einem Reiche, einer Geſell- ſchaft der beßten und mächtigſten Weſen, deren unmit- telbares Haupt — Gott iſt! Gott, wie Er in Chriſtus ſich zeigen, durch Ihn wirken kann — Theilhabung an dem, was Gott ſelbſt genießbar iſt — was Ihm Freu- de macht — ſeine Lieblingsſache iſt — iſt doch wohl was Wünſchenswerthes! Ein Zweck, dem wohl etwas auf- geopfert

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/66
Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 38[58]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/66>, abgerufen am 22.11.2024.