Auch diese Geschichte bestätigt die oben gemachte Anmerkung über die ungleiche Verfahrensart Jesu bey seinen Wunderthaten. Wo der Unglaube der Kraft des Herrn entgegen arbeitete, oder wo auf Seiten des zu heilenden nur schwacher Glaube war, da kostete es dem Herrn Seufzer und Arbeit. Er mußte stufenweise den Glauben erwecken -- eh' Er mit seiner göttlichen Kraft ungehindert wirken konnte. Daher Er denn auch zu solchen Thaten, um das Gemüth des Kranken in die stillste Verfassung zu bringen, Absonderung und Einsamkeit nöthig fand. Ein Beweiß zugleich, daß Gott jede mensch- liche Seele, auf eine besondere, ihrem Charakter ange- messene Weise führen muß, und daß es thöricht ist -- Eine Methode, Eine Führungsweise Gottes für alle Menschen erzwingen zu wollen.
MarkusIX.
17. Wer für Jesum sey?
Johannes sprach: Meister, wir sahen ei-Mark. IX. 38-40. nen, der trieb Teufel in deinem Namen aus, wel- cher uns nicht nachfolgete, und wir verboten's ihm, darum, daß er uns nicht nachfolgete. Je- sus aber sprach: Ihr sollt's ihm nicht verbieten. Denn es ist Niemand, der eine That thue in mei- nem Namen, und möge bald übel von mir reden. Wer nicht wider uns ist, der ist für uns.
Wie weise und wie duldend! Und zugleich, wie klar ist's aus dieser Stelle, daß Jesus Jünger sammlen, und
das
Blinder hergeſtellt.
Auch dieſe Geſchichte beſtätigt die oben gemachte Anmerkung über die ungleiche Verfahrensart Jeſu bey ſeinen Wunderthaten. Wo der Unglaube der Kraft des Herrn entgegen arbeitete, oder wo auf Seiten des zu heilenden nur ſchwacher Glaube war, da koſtete es dem Herrn Seufzer und Arbeit. Er mußte ſtufenweiſe den Glauben erwecken — eh’ Er mit ſeiner göttlichen Kraft ungehindert wirken konnte. Daher Er denn auch zu ſolchen Thaten, um das Gemüth des Kranken in die ſtillſte Verfaſſung zu bringen, Abſonderung und Einſamkeit nöthig fand. Ein Beweiß zugleich, daß Gott jede menſch- liche Seele, auf eine beſondere, ihrem Charakter ange- meſſene Weiſe führen muß, und daß es thöricht iſt — Eine Methode, Eine Führungsweiſe Gottes für alle Menſchen erzwingen zu wollen.
MarkusIX.
17. Wer für Jeſum ſey?
Johannes ſprach: Meiſter, wir ſahen ei-Mark. IX. 38-40. nen, der trieb Teufel in deinem Namen aus, wel- cher uns nicht nachfolgete, und wir verboten’s ihm, darum, daß er uns nicht nachfolgete. Je- ſus aber ſprach: Ihr ſollt’s ihm nicht verbieten. Denn es iſt Niemand, der eine That thue in mei- nem Namen, und möge bald übel von mir reden. Wer nicht wider uns iſt, der iſt für uns.
Wie weiſe und wie duldend! Und zugleich, wie klar iſt’s aus dieſer Stelle, daß Jeſus Jünger ſammlen, und
das
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[575[595]/0603]
Blinder hergeſtellt.
Auch dieſe Geſchichte beſtätigt die oben gemachte
Anmerkung über die ungleiche Verfahrensart Jeſu bey
ſeinen Wunderthaten. Wo der Unglaube der Kraft des
Herrn entgegen arbeitete, oder wo auf Seiten des zu
heilenden nur ſchwacher Glaube war, da koſtete es dem
Herrn Seufzer und Arbeit. Er mußte ſtufenweiſe den
Glauben erwecken — eh’ Er mit ſeiner göttlichen Kraft
ungehindert wirken konnte. Daher Er denn auch zu
ſolchen Thaten, um das Gemüth des Kranken in die ſtillſte
Verfaſſung zu bringen, Abſonderung und Einſamkeit
nöthig fand. Ein Beweiß zugleich, daß Gott jede menſch-
liche Seele, auf eine beſondere, ihrem Charakter ange-
meſſene Weiſe führen muß, und daß es thöricht iſt —
Eine Methode, Eine Führungsweiſe Gottes für alle
Menſchen erzwingen zu wollen.
Markus IX.
17.
Wer für Jeſum ſey?
Johannes ſprach: Meiſter, wir ſahen ei-
nen, der trieb Teufel in deinem Namen aus, wel-
cher uns nicht nachfolgete, und wir verboten’s
ihm, darum, daß er uns nicht nachfolgete. Je-
ſus aber ſprach: Ihr ſollt’s ihm nicht verbieten.
Denn es iſt Niemand, der eine That thue in mei-
nem Namen, und möge bald übel von mir reden.
Wer nicht wider uns iſt, der iſt für uns.
Mark. IX.
38-40.
Wie weiſe und wie duldend! Und zugleich, wie klar
iſt’s aus dieſer Stelle, daß Jeſus Jünger ſammlen, und
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Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 575[595]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/603>, abgerufen am 23.11.2024.
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