ein Glaube der Glaube der Christen; Wie entsprechend den tiefsten Bedürfnissen der Menschheit!
249. Letzter Befehl an die Apostel.
Und lehret sie alles halten, was ich EuchMatth. XXVIII. 20 befohlen habe.
Dieses Wort ist in meinen Augen für uns Chri- sten der spätern Zeit das Wichtigste im Evangelio, und besonders unsere Zeit erforderts, daß wir es mit Auf- merksamkeit und Ehrfurcht in unser Herz auffassen. Chri- stus konnte nicht mit dem ganzen menschlichen Geschlecht auf Einmahl sprechen; Konnte nicht unmittelbar die- jenigen lehren, die noch nicht waren. Was Er zu sa- gen hatte, mußte Er seinen Aposteln als Repräsentan- ten oder Stellvertretern aller künftigen Christen sagen. Es ist das allerunchristlichste Vorurtheil, das sich in die christliche Kirche eingeschlichen hat; Daß die Er- mahnungen und Verheissungen Jesu eigentlich Niemand, als die Apostel allein angehen, und daß wir nur soviel davon anzunehmen haben, nur soviel davon auf uns selbst anwenden dürfen, als uns beliebt. Wenn das ein erklärter Ungläubiger sagt, so ist es ihm zu verzei- hen. -- Er spricht nach seinen Grundsätzen; Aber so soll der nicht sprechen, der sich für einen Christen er- klärt, noch vielweniger der, obgleich nur von Menschen, ein Lehrer der Christen zu seyn, berufen ist. Er tritt das Evangelium mit Füssen; Er schlägt den Herrn auf den Mund, der in den letzten Augenblicken seines Auf-
enthalts
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Letzter Befehl an die Apoſtel.
ein Glaube der Glaube der Chriſten; Wie entſprechend den tiefſten Bedürfniſſen der Menſchheit!
249. Letzter Befehl an die Apoſtel.
Und lehret ſie alles halten, was ich EuchMatth. XXVIII. 20 befohlen habe.
Dieſes Wort iſt in meinen Augen für uns Chri- ſten der ſpätern Zeit das Wichtigſte im Evangelio, und beſonders unſere Zeit erforderts, daß wir es mit Auf- merkſamkeit und Ehrfurcht in unſer Herz auffaſſen. Chri- ſtus konnte nicht mit dem ganzen menſchlichen Geſchlecht auf Einmahl ſprechen; Konnte nicht unmittelbar die- jenigen lehren, die noch nicht waren. Was Er zu ſa- gen hatte, mußte Er ſeinen Apoſteln als Repräſentan- ten oder Stellvertretern aller künftigen Chriſten ſagen. Es iſt das allerunchriſtlichſte Vorurtheil, das ſich in die chriſtliche Kirche eingeſchlichen hat; Daß die Er- mahnungen und Verheiſſungen Jeſu eigentlich Niemand, als die Apoſtel allein angehen, und daß wir nur ſoviel davon anzunehmen haben, nur ſoviel davon auf uns ſelbſt anwenden dürfen, als uns beliebt. Wenn das ein erklärter Ungläubiger ſagt, ſo iſt es ihm zu verzei- hen. — Er ſpricht nach ſeinen Grundſätzen; Aber ſo ſoll der nicht ſprechen, der ſich für einen Chriſten er- klärt, noch vielweniger der, obgleich nur von Menſchen, ein Lehrer der Chriſten zu ſeyn, berufen iſt. Er tritt das Evangelium mit Füſſen; Er ſchlägt den Herrn auf den Mund, der in den letzten Augenblicken ſeines Auf-
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[551[571]/0579]
Letzter Befehl an die Apoſtel.
ein Glaube der Glaube der Chriſten; Wie entſprechend
den tiefſten Bedürfniſſen der Menſchheit!
249.
Letzter Befehl an die Apoſtel.
Und lehret ſie alles halten, was ich Euch
befohlen habe.
Matth.
XXVIII. 20
Dieſes Wort iſt in meinen Augen für uns Chri-
ſten der ſpätern Zeit das Wichtigſte im Evangelio, und
beſonders unſere Zeit erforderts, daß wir es mit Auf-
merkſamkeit und Ehrfurcht in unſer Herz auffaſſen. Chri-
ſtus konnte nicht mit dem ganzen menſchlichen Geſchlecht
auf Einmahl ſprechen; Konnte nicht unmittelbar die-
jenigen lehren, die noch nicht waren. Was Er zu ſa-
gen hatte, mußte Er ſeinen Apoſteln als Repräſentan-
ten oder Stellvertretern aller künftigen Chriſten ſagen.
Es iſt das allerunchriſtlichſte Vorurtheil, das ſich in
die chriſtliche Kirche eingeſchlichen hat; Daß die Er-
mahnungen und Verheiſſungen Jeſu eigentlich Niemand,
als die Apoſtel allein angehen, und daß wir nur ſoviel
davon anzunehmen haben, nur ſoviel davon auf uns
ſelbſt anwenden dürfen, als uns beliebt. Wenn das
ein erklärter Ungläubiger ſagt, ſo iſt es ihm zu verzei-
hen. — Er ſpricht nach ſeinen Grundſätzen; Aber ſo
ſoll der nicht ſprechen, der ſich für einen Chriſten er-
klärt, noch vielweniger der, obgleich nur von Menſchen,
ein Lehrer der Chriſten zu ſeyn, berufen iſt. Er tritt
das Evangelium mit Füſſen; Er ſchlägt den Herrn auf
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Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 551[571]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/579>, abgerufen am 23.11.2024.
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