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Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783.

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Matthäus XXVIII.
ist auch das noch zu bemerken, daß mit dem Laster
immer Narrheit, mit der Feindseeligkeit gegen die
Wahrheit immer Unsinn verbunden ist. Sie legen ih-
nen in den Mund, was sie sagen sollen, und eine so
unsinnige Rede in den Mund, die sie sich selbst nicht ge-
trauen, nachher den apostolischen Zeugen der Auferste-
hung Christi zu wiederhohlen, oder zum Vorwurfe zu
machen. Sie wollen glauben machen, was sie selbst
nicht glauben, und das für Lüge angesehen wissen, was
sie für Wahrheit halten. Sie vergessen überall, was
dieß schändliche Betragen selbst auf die rohesten, bestech-
barsten Menschen für einen für sie selbst höchst nachthei-
ligen Eindruck machen muß; Daß auch diese selbst, wenn
sie das Geld empfangen haben, über sie lachen, und sie
von Herzen verachten müssen. Sie vergessen, daß keine
Summe Geldes vermögend ist, den Eindruck auszulö-
schen, den die Blitzgestalt des Engels auf ihr innerstes
Wesen machte, und daß, wann auch einige wenige sich
durch das Geld bestechen lassen, bey keiner Gelegenheit
das auszusprechen, was sie so sehr, und so gewiß wie
möglich gesehen und gehört hatten, andere von ihnen sich
unmöglich hinterhalten könnten, die unvergeßliche und
unaustilgbare Wahrheit, wo nicht öffentlich doch hie
und da einem Vertrauten zu entdecken. Noch einmahl, der
Sünder ist immer ein Narr; Sündigen und als ein
Narr handeln ist immer eben dasselbe. Der Weiseste
wird ein Tohr, in dem Augenblicke, da er sündigt; Er
handelt gegen seine eigene Ueberzeugung, und vergißt die
Natur und Beschaffenheit der Dinge.

246.

Matthäus XXVIII.
iſt auch das noch zu bemerken, daß mit dem Laſter
immer Narrheit, mit der Feindſeeligkeit gegen die
Wahrheit immer Unſinn verbunden iſt. Sie legen ih-
nen in den Mund, was ſie ſagen ſollen, und eine ſo
unſinnige Rede in den Mund, die ſie ſich ſelbſt nicht ge-
trauen, nachher den apoſtoliſchen Zeugen der Auferſte-
hung Chriſti zu wiederhohlen, oder zum Vorwurfe zu
machen. Sie wollen glauben machen, was ſie ſelbſt
nicht glauben, und das für Lüge angeſehen wiſſen, was
ſie für Wahrheit halten. Sie vergeſſen überall, was
dieß ſchändliche Betragen ſelbſt auf die roheſten, beſtech-
barſten Menſchen für einen für ſie ſelbſt höchſt nachthei-
ligen Eindruck machen muß; Daß auch dieſe ſelbſt, wenn
ſie das Geld empfangen haben, über ſie lachen, und ſie
von Herzen verachten müſſen. Sie vergeſſen, daß keine
Summe Geldes vermögend iſt, den Eindruck auszulö-
ſchen, den die Blitzgeſtalt des Engels auf ihr innerſtes
Weſen machte, und daß, wann auch einige wenige ſich
durch das Geld beſtechen laſſen, bey keiner Gelegenheit
das auszuſprechen, was ſie ſo ſehr, und ſo gewiß wie
möglich geſehen und gehört hatten, andere von ihnen ſich
unmöglich hinterhalten könnten, die unvergeßliche und
unaustilgbare Wahrheit, wo nicht öffentlich doch hie
und da einem Vertrauten zu entdecken. Noch einmahl, der
Sünder iſt immer ein Narr; Sündigen und als ein
Narr handeln iſt immer eben daſſelbe. Der Weiſeſte
wird ein Tohr, in dem Augenblicke, da er ſündigt; Er
handelt gegen ſeine eigene Ueberzeugung, und vergißt die
Natur und Beſchaffenheit der Dinge.

246.
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[546[566]/0574] Matthäus XXVIII. iſt auch das noch zu bemerken, daß mit dem Laſter immer Narrheit, mit der Feindſeeligkeit gegen die Wahrheit immer Unſinn verbunden iſt. Sie legen ih- nen in den Mund, was ſie ſagen ſollen, und eine ſo unſinnige Rede in den Mund, die ſie ſich ſelbſt nicht ge- trauen, nachher den apoſtoliſchen Zeugen der Auferſte- hung Chriſti zu wiederhohlen, oder zum Vorwurfe zu machen. Sie wollen glauben machen, was ſie ſelbſt nicht glauben, und das für Lüge angeſehen wiſſen, was ſie für Wahrheit halten. Sie vergeſſen überall, was dieß ſchändliche Betragen ſelbſt auf die roheſten, beſtech- barſten Menſchen für einen für ſie ſelbſt höchſt nachthei- ligen Eindruck machen muß; Daß auch dieſe ſelbſt, wenn ſie das Geld empfangen haben, über ſie lachen, und ſie von Herzen verachten müſſen. Sie vergeſſen, daß keine Summe Geldes vermögend iſt, den Eindruck auszulö- ſchen, den die Blitzgeſtalt des Engels auf ihr innerſtes Weſen machte, und daß, wann auch einige wenige ſich durch das Geld beſtechen laſſen, bey keiner Gelegenheit das auszuſprechen, was ſie ſo ſehr, und ſo gewiß wie möglich geſehen und gehört hatten, andere von ihnen ſich unmöglich hinterhalten könnten, die unvergeßliche und unaustilgbare Wahrheit, wo nicht öffentlich doch hie und da einem Vertrauten zu entdecken. Noch einmahl, der Sünder iſt immer ein Narr; Sündigen und als ein Narr handeln iſt immer eben daſſelbe. Der Weiſeſte wird ein Tohr, in dem Augenblicke, da er ſündigt; Er handelt gegen ſeine eigene Ueberzeugung, und vergißt die Natur und Beſchaffenheit der Dinge. 246.

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Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 546[566]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/574>, abgerufen am 23.11.2024.