gehalten, es nur zu berühren. Er vereinigte sich mit Nikodemus, öffentlich sich für einen Verehrer der un- terdrückten Unschuld, die er zu retten nicht vermögend war, zu erklären. Der Schritt zu Pilatus ist groß, ist erhaben. Das heißt, "sich an seiner vorigen Klein- &q;muth rächen." So sollte jeder, einst blöde, furchtsa- me, schüchterne Christ seine vormalige Schüchternheit vergüten. Aller seiner vorigen Kleinmuth, und seiner Verheimlichung der Jüngerschaft Jesu ward nicht mehr zu seinem Nachtheil gedacht weder vor Gott, noch allen guten Menschen, sobald er diesen edeln, eines rechtschaffenen Mannes so würdigen Schritt gethan hatte -- Ja dieser Schritt selbst erhielt durch seine vormalige Kleinmuth noch mehr Würde und Grösse.
Er nahm den Leib Jesu und wickelte Ihn in reine Leinwand, und legte Ihn in sein neues Grab, welches er in einen Felsen hatte hauen lassen. Er that dem heiligen Leichnam so viel Ehre an, als ihm möglich war. Er that alles, was Er in seinen Umständen thun konnte. Er liehe dem Herrn sein eignes Grab. Wer kann wissen, zu welchen grossen Ehren und Thaten er bestimmt ist; Was aus seinen, wichtigern oder unwichtigern Gütern werden kann? Welch einen unendlichen Werth bekommt das Gleichgültigste, wenn es zur Verherrlichung Jesus Christus verwendet wird.
Und nun laßt uns auch noch einige Augenblicke mit den frommen Freundinnen Jesu, die seinem Begräbnisse
zusahen,
Matthäus XXVII.
gehalten, es nur zu berühren. Er vereinigte ſich mit Nikodemus, öffentlich ſich für einen Verehrer der un- terdrückten Unſchuld, die er zu retten nicht vermögend war, zu erklären. Der Schritt zu Pilatus iſt groß, iſt erhaben. Das heißt, „ſich an ſeiner vorigen Klein- &q;muth rächen.„ So ſollte jeder, einſt blöde, furchtſa- me, ſchüchterne Chriſt ſeine vormalige Schüchternheit vergüten. Aller ſeiner vorigen Kleinmuth, und ſeiner Verheimlichung der Jüngerſchaft Jeſu ward nicht mehr zu ſeinem Nachtheil gedacht weder vor Gott, noch allen guten Menſchen, ſobald er dieſen edeln, eines rechtſchaffenen Mannes ſo würdigen Schritt gethan hatte — Ja dieſer Schritt ſelbſt erhielt durch ſeine vormalige Kleinmuth noch mehr Würde und Gröſſe.
Er nahm den Leib Jeſu und wickelte Ihn in reine Leinwand, und legte Ihn in ſein neues Grab, welches er in einen Felſen hatte hauen laſſen. Er that dem heiligen Leichnam ſo viel Ehre an, als ihm möglich war. Er that alles, was Er in ſeinen Umſtänden thun konnte. Er liehe dem Herrn ſein eignes Grab. Wer kann wiſſen, zu welchen groſſen Ehren und Thaten er beſtimmt iſt; Was aus ſeinen, wichtigern oder unwichtigern Gütern werden kann? Welch einen unendlichen Werth bekommt das Gleichgültigſte, wenn es zur Verherrlichung Jeſus Chriſtus verwendet wird.
Und nun laßt uns auch noch einige Augenblicke mit den frommen Freundinnen Jeſu, die ſeinem Begräbniſſe
zuſahen,
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[534[554]/0562]
Matthäus XXVII.
gehalten, es nur zu berühren. Er vereinigte ſich mit
Nikodemus, öffentlich ſich für einen Verehrer der un-
terdrückten Unſchuld, die er zu retten nicht vermögend
war, zu erklären. Der Schritt zu Pilatus iſt groß, iſt
erhaben. Das heißt, „ſich an ſeiner vorigen Klein-
&q;muth rächen.„ So ſollte jeder, einſt blöde, furchtſa-
me, ſchüchterne Chriſt ſeine vormalige Schüchternheit
vergüten. Aller ſeiner vorigen Kleinmuth, und ſeiner
Verheimlichung der Jüngerſchaft Jeſu ward nicht mehr
zu ſeinem Nachtheil gedacht weder vor Gott, noch allen
guten Menſchen, ſobald er dieſen edeln, eines rechtſchaffenen
Mannes ſo würdigen Schritt gethan hatte — Ja dieſer
Schritt ſelbſt erhielt durch ſeine vormalige Kleinmuth
noch mehr Würde und Gröſſe.
Er nahm den Leib Jeſu und wickelte Ihn
in reine Leinwand, und legte Ihn in ſein neues
Grab, welches er in einen Felſen hatte hauen
laſſen. Er that dem heiligen Leichnam ſo viel Ehre
an, als ihm möglich war. Er that alles, was Er in
ſeinen Umſtänden thun konnte. Er liehe dem Herrn ſein
eignes Grab. Wer kann wiſſen, zu welchen groſſen
Ehren und Thaten er beſtimmt iſt; Was aus ſeinen,
wichtigern oder unwichtigern Gütern werden kann? Welch
einen unendlichen Werth bekommt das Gleichgültigſte,
wenn es zur Verherrlichung Jeſus Chriſtus verwendet
wird.
Und nun laßt uns auch noch einige Augenblicke mit
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Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 534[554]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/562>, abgerufen am 23.11.2024.
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