233. Sie geben mir Galle zu essen und Eßig zu trinken in meinem grossen Durst.
Und da sie an die Stätte kamen mit NamenMatth. XXVII. 33. 34. Golgatha, das ist verdeutschet Schädelstätt, ga- ben sie Ihm Eßig zu trinken mit Gallen ver- mischt; Und da Er's schmeckete, wollte Er's nicht trinken.
Ruhig, heiter, unbetäubt wollte unser Herr alles leiden, was Er zu leiden hatte. Er war bey der voll- kommensten Vernunft und wollte dabey bleiben. Seine Besinnung sollte durch nichts zerrüttet werden. Er wollte mit der kräftigsten Gegenwart des Geistes sich al- len Empfindungen der Schmerzen hingeben.. Er ver- suchte den bittern Eßig, um nichts, was der Kreuzigung vorzugehen pflegte, unversucht zu lassen, und Er wollte ihn nicht trinken, um auch von allen den herben Empfin- dungen, die mit der Kreuzigung verbunden waren, keine unversucht zu lassen. So viel Leiden, als in diesem Au- genblick zusammen gedrängt werden konnten, wollte Er tragen, und gleichsam mit einer Art von großmüthigem Vergnügen, in sich verschlingen.
234. Kreuzigung; Vertheilung und Verloosung der Kleider.
Da sie Ihn aber gekreuziget hatten, theile-Matth. XXVII. 35. 36. ten sie seine Kleider und wurfen das Loos dar-
um:
K k 3
Kreuzigung, Vertheilung ꝛc.
233. Sie geben mir Galle zu eſſen und Eßig zu trinken in meinem groſſen Durſt.
Und da ſie an die Stätte kamen mit NamenMatth. XXVII. 33. 34. Golgatha, das iſt verdeutſchet Schädelſtätt, ga- ben ſie Ihm Eßig zu trinken mit Gallen ver- miſcht; Und da Er’s ſchmeckete, wollte Er’s nicht trinken.
Ruhig, heiter, unbetäubt wollte unſer Herr alles leiden, was Er zu leiden hatte. Er war bey der voll- kommenſten Vernunft und wollte dabey bleiben. Seine Beſinnung ſollte durch nichts zerrüttet werden. Er wollte mit der kräftigſten Gegenwart des Geiſtes ſich al- len Empfindungen der Schmerzen hingeben.. Er ver- ſuchte den bittern Eßig, um nichts, was der Kreuzigung vorzugehen pflegte, unverſucht zu laſſen, und Er wollte ihn nicht trinken, um auch von allen den herben Empfin- dungen, die mit der Kreuzigung verbunden waren, keine unverſucht zu laſſen. So viel Leiden, als in dieſem Au- genblick zuſammen gedrängt werden konnten, wollte Er tragen, und gleichſam mit einer Art von großmüthigem Vergnügen, in ſich verſchlingen.
234. Kreuzigung; Vertheilung und Verlooſung der Kleider.
Da ſie Ihn aber gekreuziget hatten, theile-Matth. XXVII. 35. 36. ten ſie ſeine Kleider und wurfen das Loos dar-
um:
K k 3
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[517[537]/0545]
Kreuzigung, Vertheilung ꝛc.
233.
Sie geben mir Galle zu eſſen und Eßig zu
trinken in meinem groſſen Durſt.
Und da ſie an die Stätte kamen mit Namen
Golgatha, das iſt verdeutſchet Schädelſtätt, ga-
ben ſie Ihm Eßig zu trinken mit Gallen ver-
miſcht; Und da Er’s ſchmeckete, wollte Er’s
nicht trinken.
Matth.
XXVII.
33. 34.
Ruhig, heiter, unbetäubt wollte unſer Herr alles
leiden, was Er zu leiden hatte. Er war bey der voll-
kommenſten Vernunft und wollte dabey bleiben. Seine
Beſinnung ſollte durch nichts zerrüttet werden. Er
wollte mit der kräftigſten Gegenwart des Geiſtes ſich al-
len Empfindungen der Schmerzen hingeben.. Er ver-
ſuchte den bittern Eßig, um nichts, was der Kreuzigung
vorzugehen pflegte, unverſucht zu laſſen, und Er wollte
ihn nicht trinken, um auch von allen den herben Empfin-
dungen, die mit der Kreuzigung verbunden waren, keine
unverſucht zu laſſen. So viel Leiden, als in dieſem Au-
genblick zuſammen gedrängt werden konnten, wollte Er
tragen, und gleichſam mit einer Art von großmüthigem
Vergnügen, in ſich verſchlingen.
234.
Kreuzigung; Vertheilung und Verlooſung
der Kleider.
Da ſie Ihn aber gekreuziget hatten, theile-
ten ſie ſeine Kleider und wurfen das Loos dar-
um:
Matth.
XXVII.
35. 36.
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