durch den Propheten Jeremias, der da spricht: Sie haben genommen dreyßig Silberlinge, damit bezahlt war er, der Verkaufte, welchen sie kauften von den Kindern Israel, und haben sie gegeben um einen Töpfersacker, als mit der Herr befoh- len hat.
1. Was Jesus warnend vorausgesagt hatte, ist ach! wie schrecklich, wahr geworden! Judas verflucht thätlich den Tag seiner Geburt. Wer sich selbst gewalt- samer Weise das Leben raubt, sagt so deutlich es gesagt werden kann: Es wäre mir besser, daß ich nie ge- bohren wäre. -- Diese Verzweiflung ist die Folge vor- setzlicher, alle Warnungen verachtender Treulosigkeit ge- gen Gott und sein eigenes Gewissen. Wer dreyßig Gul- den höher achten kann, als Christum, den er gesehen und erkannt hat -- wer fragen kann: Bin ich's? Wenn die wehmüthige, verwundete bange Liebe die Worte ausspricht: Einer aus euch wird mich verrathen -- wer das Abendmahl geniessen, und hingehen kann, als wenn er vom Satan besessen wäre, wider Chri- stum und Christenthum zu handeln, der geht auf der Heerstraße der Verzweiflung...
2. Aber, nun auch einige Worte von dem Guten und Großen, von dem Apostolischen, was noch aus dem Vetragen Judas hervorleuchtet -- was wahrhaftig manchen Sünder dehmüthigen mag, der sich unendlich weit in seinen Gedanken über Judas hinwegsetzen mag.
Judas fühlt das Abscheuliche seines Betra- gens. Er wird davon tief durchdrungen. Er sieht mit
Schre-
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Judas Reue und Ende.
durch den Propheten Jeremias, der da ſpricht: Sie haben genommen dreyßig Silberlinge, damit bezahlt war er, der Verkaufte, welchen ſie kauften von den Kindern Iſrael, und haben ſie gegeben um einen Töpfersacker, als mit der Herr befoh- len hat.
1. Was Jeſus warnend vorausgeſagt hatte, iſt ach! wie ſchrecklich, wahr geworden! Judas verflucht thätlich den Tag ſeiner Geburt. Wer ſich ſelbſt gewalt- ſamer Weiſe das Leben raubt, ſagt ſo deutlich es geſagt werden kann: Es wäre mir beſſer, daß ich nie ge- bohren wäre. — Dieſe Verzweiflung iſt die Folge vor- ſetzlicher, alle Warnungen verachtender Treuloſigkeit ge- gen Gott und ſein eigenes Gewiſſen. Wer dreyßig Gul- den höher achten kann, als Chriſtum, den er geſehen und erkannt hat — wer fragen kann: Bin ich’s? Wenn die wehmüthige, verwundete bange Liebe die Worte ausſpricht: Einer aus euch wird mich verrathen — wer das Abendmahl genieſſen, und hingehen kann, als wenn er vom Satan beſeſſen wäre, wider Chri- ſtum und Chriſtenthum zu handeln, der geht auf der Heerſtraße der Verzweiflung...
2. Aber, nun auch einige Worte von dem Guten und Großen, von dem Apoſtoliſchen, was noch aus dem Vetragen Judas hervorleuchtet — was wahrhaftig manchen Sünder dehmüthigen mag, der ſich unendlich weit in ſeinen Gedanken über Judas hinwegſetzen mag.
Judas fühlt das Abſcheuliche ſeines Betra- gens. Er wird davon tief durchdrungen. Er ſieht mit
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[499[519]/0527]
Judas Reue und Ende.
durch den Propheten Jeremias, der da ſpricht:
Sie haben genommen dreyßig Silberlinge, damit
bezahlt war er, der Verkaufte, welchen ſie kauften
von den Kindern Iſrael, und haben ſie gegeben
um einen Töpfersacker, als mit der Herr befoh-
len hat.
1. Was Jeſus warnend vorausgeſagt hatte, iſt
ach! wie ſchrecklich, wahr geworden! Judas verflucht
thätlich den Tag ſeiner Geburt. Wer ſich ſelbſt gewalt-
ſamer Weiſe das Leben raubt, ſagt ſo deutlich es geſagt
werden kann: Es wäre mir beſſer, daß ich nie ge-
bohren wäre. — Dieſe Verzweiflung iſt die Folge vor-
ſetzlicher, alle Warnungen verachtender Treuloſigkeit ge-
gen Gott und ſein eigenes Gewiſſen. Wer dreyßig Gul-
den höher achten kann, als Chriſtum, den er geſehen
und erkannt hat — wer fragen kann: Bin ich’s?
Wenn die wehmüthige, verwundete bange Liebe die Worte
ausſpricht: Einer aus euch wird mich verrathen
— wer das Abendmahl genieſſen, und hingehen kann,
als wenn er vom Satan beſeſſen wäre, wider Chri-
ſtum und Chriſtenthum zu handeln, der geht auf der
Heerſtraße der Verzweiflung...
2. Aber, nun auch einige Worte von dem Guten
und Großen, von dem Apoſtoliſchen, was noch aus dem
Vetragen Judas hervorleuchtet — was wahrhaftig
manchen Sünder dehmüthigen mag, der ſich unendlich
weit in ſeinen Gedanken über Judas hinwegſetzen mag.
Judas fühlt das Abſcheuliche ſeines Betra-
gens. Er wird davon tief durchdrungen. Er ſieht mit
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Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 499[519]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/527>, abgerufen am 24.11.2024.
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