&q;pel zerstören. Nicht: Diesen Tempel, der mit &q;Händen gemacht ist." Er hatte nicht gesagt: "Ich &q;will in dreyen Tagen einen andern bauen, der &q;nicht mit Händen gemacht ist." Auch hatt' Er, höchstwahrscheinlich nicht auf das Tempelgebäude, son- dern auf seinen Leib gedeutet, indem Er dieß sagte.
Die falschen Zeugen also verdrehten die Worte Jesu. Sie thaten dazu und davon. Sie liessen Umstände weg, die der Wahrheit wesentlich waren. Indem sie et- was Wahres sagten, dessen man sich ungefähr noch erinnern konnte, so wollten sie durch dieß Wahre, was sie sag- ten, dem Unwahren, und Falschen, was sie anflickten, den Schein der Wahrheit geben. Ganz lügt man sehr selten. Des Teufels -- ich sage mit Bedacht des Teu- fels -- denn Lügen und Verläumdung ist Etwas, das ich nicht zu den menschlichen, sondern satanischen Lastern rechnen muß -- des Teufels Kunstgriff ist von jeher ge- wesen, etwas Wahres mit in die Lüge zu mischen -- den halben Theil der Wahrheit wegzuwerfen, und der übrigen Hälfte eine Hälfte von Lügen anzusetzen. O daß mir der Vater der Wahrheit ein kräftig Wort in die Feder fliessen liesse, zur Warnung vor aller Verdrehung, aller Lüge, aller Verläumdungskunst! Daß ich es je- dem Verläumder und vorsetzlichen Verdreher glauben machen könnte: Du bist ein Werkzeug des Teufels, ein Sprachrohr der Hölle.
Gott ist nur so fern im Menschen, so fern Wahr- heit und Freude an der Wahrheit in ihm ist. Wer von
der
Matthäus XXVI.
&q;pel zerſtören. Nicht: Dieſen Tempel, der mit &q;Händen gemacht iſt.„ Er hatte nicht geſagt: „Ich &q;will in dreyen Tagen einen andern bauen, der &q;nicht mit Händen gemacht iſt.„ Auch hatt’ Er, höchſtwahrſcheinlich nicht auf das Tempelgebäude, ſon- dern auf ſeinen Leib gedeutet, indem Er dieß ſagte.
Die falſchen Zeugen alſo verdrehten die Worte Jeſu. Sie thaten dazu und davon. Sie lieſſen Umſtände weg, die der Wahrheit weſentlich waren. Indem ſie et- was Wahres ſagten, deſſen man ſich ungefähr noch erinnern konnte, ſo wollten ſie durch dieß Wahre, was ſie ſag- ten, dem Unwahren, und Falſchen, was ſie anflickten, den Schein der Wahrheit geben. Ganz lügt man ſehr ſelten. Des Teufels — ich ſage mit Bedacht des Teu- fels — denn Lügen und Verläumdung iſt Etwas, das ich nicht zu den menſchlichen, ſondern ſataniſchen Laſtern rechnen muß — des Teufels Kunſtgriff iſt von jeher ge- weſen, etwas Wahres mit in die Lüge zu miſchen — den halben Theil der Wahrheit wegzuwerfen, und der übrigen Hälfte eine Hälfte von Lügen anzuſetzen. O daß mir der Vater der Wahrheit ein kräftig Wort in die Feder flieſſen lieſſe, zur Warnung vor aller Verdrehung, aller Lüge, aller Verläumdungskunſt! Daß ich es je- dem Verläumder und vorſetzlichen Verdreher glauben machen könnte: Du biſt ein Werkzeug des Teufels, ein Sprachrohr der Hölle.
Gott iſt nur ſo fern im Menſchen, ſo fern Wahr- heit und Freude an der Wahrheit in ihm iſt. Wer von
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[482[502]/0510]
Matthäus XXVI.
&q;pel zerſtören. Nicht: Dieſen Tempel, der mit
&q;Händen gemacht iſt.„ Er hatte nicht geſagt: „Ich
&q;will in dreyen Tagen einen andern bauen, der
&q;nicht mit Händen gemacht iſt.„ Auch hatt’ Er,
höchſtwahrſcheinlich nicht auf das Tempelgebäude, ſon-
dern auf ſeinen Leib gedeutet, indem Er dieß ſagte.
Die falſchen Zeugen alſo verdrehten die Worte Jeſu.
Sie thaten dazu und davon. Sie lieſſen Umſtände
weg, die der Wahrheit weſentlich waren. Indem ſie et-
was Wahres ſagten, deſſen man ſich ungefähr noch erinnern
konnte, ſo wollten ſie durch dieß Wahre, was ſie ſag-
ten, dem Unwahren, und Falſchen, was ſie anflickten,
den Schein der Wahrheit geben. Ganz lügt man ſehr
ſelten. Des Teufels — ich ſage mit Bedacht des Teu-
fels — denn Lügen und Verläumdung iſt Etwas, das
ich nicht zu den menſchlichen, ſondern ſataniſchen Laſtern
rechnen muß — des Teufels Kunſtgriff iſt von jeher ge-
weſen, etwas Wahres mit in die Lüge zu miſchen —
den halben Theil der Wahrheit wegzuwerfen, und der
übrigen Hälfte eine Hälfte von Lügen anzuſetzen. O daß
mir der Vater der Wahrheit ein kräftig Wort in die
Feder flieſſen lieſſe, zur Warnung vor aller Verdrehung,
aller Lüge, aller Verläumdungskunſt! Daß ich es je-
dem Verläumder und vorſetzlichen Verdreher glauben
machen könnte: Du biſt ein Werkzeug des Teufels,
ein Sprachrohr der Hölle.
Gott iſt nur ſo fern im Menſchen, ſo fern Wahr-
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Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 482[502]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/510>, abgerufen am 24.11.2024.
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