ward Jesus, (kein Mensch wußte, konnte sich selbst, oder irgend einem andern sagen, warum? --) der ge- sammten Israelitischen Geistlichkeit als ein Missethäter zugeführt. Die alte, graue Priesterschaft entbeh- ret dießmal gern des erquickenden Schlafes. Jesum gebunden zu sehen, war ihnen ein so herrliches, allen Glauben übertreffendes Schauspiel, dem zu lieb alles auf- zuopfern, ihnen nicht schwehr wurde. Die liebsten Jün- ger Jesu können sich des Schlafes nicht erwehren -- Israels Aelteste sind wach in derselben Nacht, und ihre Füße sind schnell, unschuldiges Blut zu vergiessen.
220. Petrus.
Matth. XXVI. 58.
Petrus folgete Ihm nach von Ferne, bis in den Pallast des Hohenpriesters, und als er hin- eingekommen, satzte er sich zu den Dienern, das Ende zu sehen -- (zu sehen, wo es hinauswollte.)
Alle Jünger hatten den Herrn verlassen, und wa- ren geflohen. Petrus vermuthlich auch, da Er Ihn gebunden und umringt von der Schaar fortgeführt sa- he. Bald erhohlte und sammelte er sich wieder; Dachte wahrscheinlich an das Wort Jesu -- schämte sich, wagte es, Ihm, wenigstens in einiger Entfernung zu folgen. Er hatte, wie uns die Parallelstelle belehret, einen Jün- Joh. XVIII 15. 16.ger, vermuthlich Johannes zum Gefährten. Diese boten sich in dieser gedräng und jammervollen Nacht brüderlich die Hand. Es war, so viel ich einsehe, edel, und der guten, treuen Jünger würdig, daß sie dem
Herrn
Matthäus XXVI.
ward Jeſus, (kein Menſch wußte, konnte ſich ſelbſt, oder irgend einem andern ſagen, warum? —) der ge- ſammten Iſraelitiſchen Geiſtlichkeit als ein Miſſethäter zugeführt. Die alte, graue Prieſterſchaft entbeh- ret dießmal gern des erquickenden Schlafes. Jeſum gebunden zu ſehen, war ihnen ein ſo herrliches, allen Glauben übertreffendes Schauſpiel, dem zu lieb alles auf- zuopfern, ihnen nicht ſchwehr wurde. Die liebſten Jün- ger Jeſu können ſich des Schlafes nicht erwehren — Iſraels Aelteſte ſind wach in derſelben Nacht, und ihre Füße ſind ſchnell, unſchuldiges Blut zu vergieſſen.
220. Petrus.
Matth. XXVI. 58.
Petrus folgete Ihm nach von Ferne, bis in den Pallaſt des Hohenprieſters, und als er hin- eingekommen, ſatzte er ſich zu den Dienern, das Ende zu ſehen — (zu ſehen, wo es hinauswollte.)
Alle Jünger hatten den Herrn verlaſſen, und wa- ren geflohen. Petrus vermuthlich auch, da Er Ihn gebunden und umringt von der Schaar fortgeführt ſa- he. Bald erhohlte und ſammelte er ſich wieder; Dachte wahrſcheinlich an das Wort Jeſu — ſchämte ſich, wagte es, Ihm, wenigſtens in einiger Entfernung zu folgen. Er hatte, wie uns die Parallelſtelle belehret, einen Jün- Joh. XVIII 15. 16.ger, vermuthlich Johannes zum Gefährten. Dieſe boten ſich in dieſer gedräng und jammervollen Nacht brüderlich die Hand. Es war, ſo viel ich einſehe, edel, und der guten, treuen Jünger würdig, daß ſie dem
Herrn
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[476[496]/0504]
Matthäus XXVI.
ward Jeſus, (kein Menſch wußte, konnte ſich ſelbſt,
oder irgend einem andern ſagen, warum? —) der ge-
ſammten Iſraelitiſchen Geiſtlichkeit als ein Miſſethäter
zugeführt. Die alte, graue Prieſterſchaft entbeh-
ret dießmal gern des erquickenden Schlafes. Jeſum
gebunden zu ſehen, war ihnen ein ſo herrliches, allen
Glauben übertreffendes Schauſpiel, dem zu lieb alles auf-
zuopfern, ihnen nicht ſchwehr wurde. Die liebſten Jün-
ger Jeſu können ſich des Schlafes nicht erwehren —
Iſraels Aelteſte ſind wach in derſelben Nacht, und ihre
Füße ſind ſchnell, unſchuldiges Blut zu vergieſſen.
220.
Petrus.
Petrus folgete Ihm nach von Ferne, bis in
den Pallaſt des Hohenprieſters, und als er hin-
eingekommen, ſatzte er ſich zu den Dienern, das
Ende zu ſehen — (zu ſehen, wo es hinauswollte.)
Alle Jünger hatten den Herrn verlaſſen, und wa-
ren geflohen. Petrus vermuthlich auch, da Er Ihn
gebunden und umringt von der Schaar fortgeführt ſa-
he. Bald erhohlte und ſammelte er ſich wieder; Dachte
wahrſcheinlich an das Wort Jeſu — ſchämte ſich, wagte
es, Ihm, wenigſtens in einiger Entfernung zu folgen.
Er hatte, wie uns die Parallelſtelle belehret, einen Jün-
ger, vermuthlich Johannes zum Gefährten. Dieſe
boten ſich in dieſer gedräng und jammervollen Nacht
brüderlich die Hand. Es war, ſo viel ich einſehe, edel,
und der guten, treuen Jünger würdig, daß ſie dem
Herrn
Joh. XVIII
15. 16.
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Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 476[496]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/504>, abgerufen am 24.11.2024.
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