Bestimmte Ankündigung eines allgemeinen, öffent- lichen, peremtorischen Gerichtstages, wo dieselbe Per- son, die damahls noch in schwacher irrdischer Gestalt herumwandelte, sich unläugbar und allmächtig als den Beherrscher der Welt zeigen, wo das Schicksak aller Guten und aller Bösen durch Sie unwiederruflich ent- schieden werden soll. Eben derjenige, der als Menschen- sohn lebte und starb und sich diesen verächtlichen Namen im erhabensten Sinne beylegte, wird sich auf die herr- lichste, glänzendeste Art als Gottessohn, als den be- vollmächtigsten Stellvertreter Gottes zeigen, und in die- ser Gestalt Belohnungen und Strafen austheilen, und die Knoten und Verwirrungen dieses Lebens auflösen. Alsdenn wird die allgemeine Sönderung der Menschen erfolgen. Gute werden zu Guten, und Böse zu Bösen gestellt werden. Jeder wird mit demjenigen verbunden werden, dem er am ähnlichsten war. Sanftmuth, De- muth, Unschuld wird aus der drückenden Nähe des Has- ses, des Stolzes, des Eigensinns weggehoben und in die erquickende seelige Nähe der gleichgesinnten versetzt -- werden. Der Haß, der Stolz, die Leidenschaft wird sich zu seines gleichen verbannt, und dadurch allein schon fürchterlich bestraft sehen. Und alle Welten, alle hö- heren, reinen Mächte werden Zeugen von dieser öffentli- chen Entscheidung und Sönderung seyn.
2. Dann wird der König, (der gleiche der sich im 31. v. Menschensohn nannte) denen zu sei- ner Rechten sagen: Kommet her, ihr Gebene- deyte meines Vaters, ererbet das Reich, das
euch
Matthäus XXV.
Beſtimmte Ankündigung eines allgemeinen, öffent- lichen, peremtoriſchen Gerichtstages, wo dieſelbe Per- ſon, die damahls noch in ſchwacher irrdiſcher Geſtalt herumwandelte, ſich unläugbar und allmächtig als den Beherrſcher der Welt zeigen, wo das Schickſak aller Guten und aller Böſen durch Sie unwiederruflich ent- ſchieden werden ſoll. Eben derjenige, der als Menſchen- ſohn lebte und ſtarb und ſich dieſen verächtlichen Namen im erhabenſten Sinne beylegte, wird ſich auf die herr- lichſte, glänzendeſte Art als Gottesſohn, als den be- vollmächtigſten Stellvertreter Gottes zeigen, und in die- ſer Geſtalt Belohnungen und Strafen austheilen, und die Knoten und Verwirrungen dieſes Lebens auflöſen. Alsdenn wird die allgemeine Sönderung der Menſchen erfolgen. Gute werden zu Guten, und Böſe zu Böſen geſtellt werden. Jeder wird mit demjenigen verbunden werden, dem er am ähnlichſten war. Sanftmuth, De- muth, Unſchuld wird aus der drückenden Nähe des Haſ- ſes, des Stolzes, des Eigenſinns weggehoben und in die erquickende ſeelige Nähe der gleichgeſinnten verſetzt — werden. Der Haß, der Stolz, die Leidenſchaft wird ſich zu ſeines gleichen verbannt, und dadurch allein ſchon fürchterlich beſtraft ſehen. Und alle Welten, alle hö- heren, reinen Mächte werden Zeugen von dieſer öffentli- chen Entſcheidung und Sönderung ſeyn.
2. Dann wird der König, (der gleiche der ſich im 31. v. Menſchenſohn nannte) denen zu ſei- ner Rechten ſagen: Kommet her, ihr Gebene- deyte meines Vaters, ererbet das Reich, das
euch
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0462"n="434[454]"/><fwplace="top"type="header">Matthäus <hirendition="#aq">XXV.</hi></fw><lb/><p>Beſtimmte Ankündigung eines allgemeinen, öffent-<lb/>
lichen, peremtoriſchen Gerichtstages, wo <hirendition="#fr">dieſelbe</hi> Per-<lb/>ſon, die damahls noch in ſchwacher irrdiſcher Geſtalt<lb/>
herumwandelte, ſich unläugbar und allmächtig als den<lb/>
Beherrſcher der Welt zeigen, wo das Schickſak aller<lb/>
Guten und aller Böſen <hirendition="#fr">durch Sie</hi> unwiederruflich ent-<lb/>ſchieden werden ſoll. Eben derjenige, der als <hirendition="#fr">Menſchen-<lb/>ſohn</hi> lebte und ſtarb und ſich dieſen verächtlichen Namen<lb/>
im erhabenſten Sinne beylegte, wird ſich auf die herr-<lb/>
lichſte, glänzendeſte Art als <hirendition="#fr">Gottesſohn,</hi> als den be-<lb/>
vollmächtigſten Stellvertreter Gottes zeigen, und in die-<lb/>ſer Geſtalt Belohnungen und Strafen austheilen, und<lb/>
die Knoten und Verwirrungen dieſes Lebens auflöſen.<lb/>
Alsdenn wird die allgemeine Sönderung der Menſchen<lb/>
erfolgen. Gute werden zu Guten, und Böſe zu Böſen<lb/>
geſtellt werden. Jeder wird mit demjenigen verbunden<lb/>
werden, dem er am ähnlichſten war. Sanftmuth, De-<lb/>
muth, Unſchuld wird aus der drückenden Nähe des Haſ-<lb/>ſes, des Stolzes, des Eigenſinns weggehoben und in<lb/>
die erquickende ſeelige Nähe der gleichgeſinnten verſetzt —<lb/>
werden. Der Haß, der Stolz, die Leidenſchaft wird<lb/>ſich zu ſeines gleichen verbannt, und dadurch allein ſchon<lb/>
fürchterlich beſtraft ſehen. Und alle Welten, alle hö-<lb/>
heren, reinen Mächte werden Zeugen von dieſer öffentli-<lb/>
chen Entſcheidung und Sönderung ſeyn.</p><lb/><p>2. <hirendition="#fr">Dann wird der König,</hi> (der gleiche der ſich<lb/>
im 31. v. <hirendition="#fr">Menſchenſohn</hi> nannte) <hirendition="#fr">denen zu ſei-<lb/>
ner Rechten ſagen: Kommet her, ihr Gebene-<lb/>
deyte meines Vaters, ererbet das Reich, das</hi><lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#fr">euch</hi></fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[434[454]/0462]
Matthäus XXV.
Beſtimmte Ankündigung eines allgemeinen, öffent-
lichen, peremtoriſchen Gerichtstages, wo dieſelbe Per-
ſon, die damahls noch in ſchwacher irrdiſcher Geſtalt
herumwandelte, ſich unläugbar und allmächtig als den
Beherrſcher der Welt zeigen, wo das Schickſak aller
Guten und aller Böſen durch Sie unwiederruflich ent-
ſchieden werden ſoll. Eben derjenige, der als Menſchen-
ſohn lebte und ſtarb und ſich dieſen verächtlichen Namen
im erhabenſten Sinne beylegte, wird ſich auf die herr-
lichſte, glänzendeſte Art als Gottesſohn, als den be-
vollmächtigſten Stellvertreter Gottes zeigen, und in die-
ſer Geſtalt Belohnungen und Strafen austheilen, und
die Knoten und Verwirrungen dieſes Lebens auflöſen.
Alsdenn wird die allgemeine Sönderung der Menſchen
erfolgen. Gute werden zu Guten, und Böſe zu Böſen
geſtellt werden. Jeder wird mit demjenigen verbunden
werden, dem er am ähnlichſten war. Sanftmuth, De-
muth, Unſchuld wird aus der drückenden Nähe des Haſ-
ſes, des Stolzes, des Eigenſinns weggehoben und in
die erquickende ſeelige Nähe der gleichgeſinnten verſetzt —
werden. Der Haß, der Stolz, die Leidenſchaft wird
ſich zu ſeines gleichen verbannt, und dadurch allein ſchon
fürchterlich beſtraft ſehen. Und alle Welten, alle hö-
heren, reinen Mächte werden Zeugen von dieſer öffentli-
chen Entſcheidung und Sönderung ſeyn.
2. Dann wird der König, (der gleiche der ſich
im 31. v. Menſchenſohn nannte) denen zu ſei-
ner Rechten ſagen: Kommet her, ihr Gebene-
deyte meines Vaters, ererbet das Reich, das
euch
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang:
Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 434[454]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/462>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.