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Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783.

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Der treue und der untreue Knecht.

Sinnliche Lüste -- irdische Geschäfts- und
Nahrungssorgen mit Vergessung der Unsichtba-
ren, Himmlischen
-- Seht da die zween Abgründe,
vor denen wir uns zu hüten haben, wenn wir vor dem
Angesicht des Kommenden unerschrocken zu erscheinen
wünschen. Ach, und sind nicht dieß die zween Abgrün-
de, in den beynahe alle mehr und minder versunken sind?
Die zwo Krankheiten, an denen beynahe alle -- die
einen an dieser, die andern an jener -- darnieder liegen?
Ich lege die Feder weg -- und blicke zu deinem Thron,
allmächtiger Arzt und Retter! Ach, erbarme dich unser!!

199.
Der treue und der untreue Knecht.

Wer ist nun der treue und kluge Knecht,Matth.
XXIV.
45-51.

den sein Herr über Sein Gesind gesetzet hat, daß
er ihnen die Speise zu rechter Zeit gebe? See-
lig ist derselbige Knecht, welchen sein Herr, bey
seiner Wiederkunft finden wird, daß er also thut.
Wahrlich ich sage euch: Er wird ihn über alle
seine Güter setzen. Wenn aber ein nichtswürdiger
Knecht in seinem Herzen sagen wird: Mein Herr
säumet sich, wiederzukommen -- und anfangen
wird seine Mitknechte zu schlagen, dazu auch
mit den Vertrunkenen zu essen und zu trinken: So
wird der Herr dieses Knechts an einem Tage kom-
men, da er ihn nicht erwartet und zu einer Stun-
de, die er nicht weiß; und wird ihn in Zwey
hauen und ihm seinen Lohn mit den Gleichsnern
geben. Daselbst wird Heulen und Zähnklaffen seyn.

O Chri-
D d 4
Der treue und der untreue Knecht.

Sinnliche Lüſte — irdiſche Geſchäfts- und
Nahrungsſorgen mit Vergeſſung der Unſichtba-
ren, Himmliſchen
— Seht da die zween Abgründe,
vor denen wir uns zu hüten haben, wenn wir vor dem
Angeſicht des Kommenden unerſchrocken zu erſcheinen
wünſchen. Ach, und ſind nicht dieß die zween Abgrün-
de, in den beynahe alle mehr und minder verſunken ſind?
Die zwo Krankheiten, an denen beynahe alle — die
einen an dieſer, die andern an jener — darnieder liegen?
Ich lege die Feder weg — und blicke zu deinem Thron,
allmächtiger Arzt und Retter! Ach, erbarme dich unſer!!

199.
Der treue und der untreue Knecht.

Wer iſt nun der treue und kluge Knecht,Matth.
XXIV.
45-51.

den ſein Herr über Sein Geſind geſetzet hat, daß
er ihnen die Speiſe zu rechter Zeit gebe? See-
lig iſt derſelbige Knecht, welchen ſein Herr, bey
ſeiner Wiederkunft finden wird, daß er alſo thut.
Wahrlich ich ſage euch: Er wird ihn über alle
ſeine Güter ſetzen. Wenn aber ein nichtswürdiger
Knecht in ſeinem Herzen ſagen wird: Mein Herr
ſäumet ſich, wiederzukommen — und anfangen
wird ſeine Mitknechte zu ſchlagen, dazu auch
mit den Vertrunkenen zu eſſen und zu trinken: So
wird der Herr dieſes Knechts an einem Tage kom-
men, da er ihn nicht erwartet und zu einer Stun-
de, die er nicht weiß; und wird ihn in Zwey
hauen und ihm ſeinen Lohn mit den Gleichsnern
geben. Daſelbſt wird Heulen und Zähnklaffen ſeyn.

O Chri-
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[423[443]/0451] Der treue und der untreue Knecht. Sinnliche Lüſte — irdiſche Geſchäfts- und Nahrungsſorgen mit Vergeſſung der Unſichtba- ren, Himmliſchen — Seht da die zween Abgründe, vor denen wir uns zu hüten haben, wenn wir vor dem Angeſicht des Kommenden unerſchrocken zu erſcheinen wünſchen. Ach, und ſind nicht dieß die zween Abgrün- de, in den beynahe alle mehr und minder verſunken ſind? Die zwo Krankheiten, an denen beynahe alle — die einen an dieſer, die andern an jener — darnieder liegen? Ich lege die Feder weg — und blicke zu deinem Thron, allmächtiger Arzt und Retter! Ach, erbarme dich unſer!! 199. Der treue und der untreue Knecht. Wer iſt nun der treue und kluge Knecht, den ſein Herr über Sein Geſind geſetzet hat, daß er ihnen die Speiſe zu rechter Zeit gebe? See- lig iſt derſelbige Knecht, welchen ſein Herr, bey ſeiner Wiederkunft finden wird, daß er alſo thut. Wahrlich ich ſage euch: Er wird ihn über alle ſeine Güter ſetzen. Wenn aber ein nichtswürdiger Knecht in ſeinem Herzen ſagen wird: Mein Herr ſäumet ſich, wiederzukommen — und anfangen wird ſeine Mitknechte zu ſchlagen, dazu auch mit den Vertrunkenen zu eſſen und zu trinken: So wird der Herr dieſes Knechts an einem Tage kom- men, da er ihn nicht erwartet und zu einer Stun- de, die er nicht weiß; und wird ihn in Zwey hauen und ihm ſeinen Lohn mit den Gleichsnern geben. Daſelbſt wird Heulen und Zähnklaffen ſeyn. Matth. XXIV. 45-51. O Chri- D d 4

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Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 423[443]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/451>, abgerufen am 23.11.2024.