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Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783.

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Heucheley und Ehrgeitz der Pharisäer.
nicht was von dem Manne, von dem Schwachen nicht
was von dem Starken, von dem Unwissenden nicht, was
von dem Erleuchteten -- von dem Kranken nicht was
von dem Gesunden -- von dem, der ohne Geist, ohne
göttliche Kräfte ist, nicht, was von dem, der mit dem
göttlichen Geist erfüllt ist -- Schneide nicht wo du nicht
gesäet, sammle nicht wo du nicht ausgestreuet hast!
Wer andern mehr auflegt als sie tragen mögen, mehr
von ihnen fodert als sie zu leisten Kraft haben, und ih-
nen doch die mangelnde Kraft nicht giebt -- der ist ein
tyrannischer Mensch, ein Unmensch. Wer andern
mehr auflegt als er selber tragen will und trägt --
mehr von andern fordert, und in scharfem, gesetzgebri-
schem, unerbittlichen Tone fodert als er selbst leisten
will und leistet -- der ist ein heuchlerischer, pharisäi-
scher Mensch.

164.
Heucheley und Ehrgeitz der Pharisäer.

Alle ihre Werke thun sie, daß sie von denMatth.
XXIII. 5-7.

Leuten gesehen werden. Sie machen ihre Denk-
zedel breit und die Säume an ihren Kleidern
Marc. XII.
38. 39.

groß. Sie lieben den Vorsitz bey den Mahlzei-
ten und den Vorsitz in den Versammlungen und
Luc. XI. 43.
die Grüsse auf den Märkten, und von den Leu-
ten genennt zu werden: Rabbi! Rabbi!

Das Fürchterlichste, was von einem Menschen ge-
sagt werden kann, ist: Er ist ein Heuchler! Und
beynahe ein Heuchler ist der, von dem gesagt werden

kann:

Heucheley und Ehrgeitz der Phariſäer.
nicht was von dem Manne, von dem Schwachen nicht
was von dem Starken, von dem Unwiſſenden nicht, was
von dem Erleuchteten — von dem Kranken nicht was
von dem Geſunden — von dem, der ohne Geiſt, ohne
göttliche Kräfte iſt, nicht, was von dem, der mit dem
göttlichen Geiſt erfüllt iſt — Schneide nicht wo du nicht
geſäet, ſammle nicht wo du nicht ausgeſtreuet haſt!
Wer andern mehr auflegt als ſie tragen mögen, mehr
von ihnen fodert als ſie zu leiſten Kraft haben, und ih-
nen doch die mangelnde Kraft nicht giebt — der iſt ein
tyranniſcher Menſch, ein Unmenſch. Wer andern
mehr auflegt als er ſelber tragen will und trägt —
mehr von andern fordert, und in ſcharfem, geſetzgebri-
ſchem, unerbittlichen Tone fodert als er ſelbſt leiſten
will und leiſtet — der iſt ein heuchleriſcher, phariſäi-
ſcher Menſch.

164.
Heucheley und Ehrgeitz der Phariſäer.

Alle ihre Werke thun ſie, daß ſie von denMatth.
XXIII. 5-7.

Leuten geſehen werden. Sie machen ihre Denk-
zedel breit und die Säume an ihren Kleidern
Marc. XII.
38. 39.

groß. Sie lieben den Vorſitz bey den Mahlzei-
ten und den Vorſitz in den Verſammlungen und
Luc. XI. 43.
die Grüſſe auf den Märkten, und von den Leu-
ten genennt zu werden: Rabbi! Rabbi!

Das Fürchterlichſte, was von einem Menſchen ge-
ſagt werden kann, iſt: Er iſt ein Heuchler! Und
beynahe ein Heuchler iſt der, von dem geſagt werden

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[349[369]/0377] Heucheley und Ehrgeitz der Phariſäer. nicht was von dem Manne, von dem Schwachen nicht was von dem Starken, von dem Unwiſſenden nicht, was von dem Erleuchteten — von dem Kranken nicht was von dem Geſunden — von dem, der ohne Geiſt, ohne göttliche Kräfte iſt, nicht, was von dem, der mit dem göttlichen Geiſt erfüllt iſt — Schneide nicht wo du nicht geſäet, ſammle nicht wo du nicht ausgeſtreuet haſt! Wer andern mehr auflegt als ſie tragen mögen, mehr von ihnen fodert als ſie zu leiſten Kraft haben, und ih- nen doch die mangelnde Kraft nicht giebt — der iſt ein tyranniſcher Menſch, ein Unmenſch. Wer andern mehr auflegt als er ſelber tragen will und trägt — mehr von andern fordert, und in ſcharfem, geſetzgebri- ſchem, unerbittlichen Tone fodert als er ſelbſt leiſten will und leiſtet — der iſt ein heuchleriſcher, phariſäi- ſcher Menſch. 164. Heucheley und Ehrgeitz der Phariſäer. Alle ihre Werke thun ſie, daß ſie von den Leuten geſehen werden. Sie machen ihre Denk- zedel breit und die Säume an ihren Kleidern groß. Sie lieben den Vorſitz bey den Mahlzei- ten und den Vorſitz in den Verſammlungen und die Grüſſe auf den Märkten, und von den Leu- ten genennt zu werden: Rabbi! Rabbi! Matth. XXIII. 5-7. Marc. XII. 38. 39. Luc. XI. 43. Das Fürchterlichſte, was von einem Menſchen ge- ſagt werden kann, iſt: Er iſt ein Heuchler! Und beynahe ein Heuchler iſt der, von dem geſagt werden kann:

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Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 349[369]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/377>, abgerufen am 23.11.2024.