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Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783.

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Dem Kayser, was des Kaysers ist.
sich nicht will zurecht weisen lassen, das beschämt, das
demüthigt Er. Er schont aller Schwachen -- aber der
Schälke und Heuchler schont Er nicht. Er weiß, wen
Er vor Sich hat -- Was versuchet ihr Mich? Ihr
Gleißner! Zeiget Mir die Münze der Schatzung.
Sie aber reichten Ihm einen Pfenning dar. Da
sprach Er: Weß ist das Bild und die Ueber-
schrift?
-- "Ich will dich aus deinem eigenen Mund
&q;richten" ist des künftigen Weltrichters feste, furchtba-
re Maxime oder Grundregel -- -- Ist's Gott -- oder
dem Kayser gewidmete Münze, die ihr bey euch traget?
-- Sie mußten antworten -- des Kaysers Bild, des
Kaysers Ueberschrift -- ist auf der Münze. Es ist durch-
aus Kayserliche, vom Kayser und für den Kayser ge-
stempelte Münze. -- "Die Antwort, die Ich euch ge-
&q;ben kann -- ist der Münze schon aufgeprägt --" gebt,
erstattet dem Kayser, was sein ist -- sein Bild trägt
-- und gebt der Gottheit, was der Gottheit -- Got-
tes Namen und Bild trägt. Jedem, was ihm gehört.
Tugend und Religion ist's, den Menschen und jedem
Menschen zu geben, was jedem gehört, und Gotte zu
geben -- das heißt, als Gottes Eigenthum zu erken-
nen, was Gottes Eigenthum ist -- So weicht Chri-
stus dem doppelten Fallstrick weislich und ruhig aus,
der Ihm gelegt werden wollte -- und erwarb sich da-
durch die Achtung und Bewunderung aller Anwesenden.

5. Aus dieser Stelle erhellet zugleich, wie sehr
unser Herr davon entfernt war, in die obrigkeitliche
Macht und das Ansehen der Regenten den mindesten Ein-

grif
Y

Dem Kayſer, was des Kayſers iſt.
ſich nicht will zurecht weiſen laſſen, das beſchämt, das
demüthigt Er. Er ſchont aller Schwachen — aber der
Schälke und Heuchler ſchont Er nicht. Er weiß, wen
Er vor Sich hat — Was verſuchet ihr Mich? Ihr
Gleißner! Zeiget Mir die Münze der Schatzung.
Sie aber reichten Ihm einen Pfenning dar. Da
ſprach Er: Weß iſt das Bild und die Ueber-
ſchrift?
— „Ich will dich aus deinem eigenen Mund
&q;richten„ iſt des künftigen Weltrichters feſte, furchtba-
re Maxime oder Grundregel — — Iſt’s Gott — oder
dem Kayſer gewidmete Münze, die ihr bey euch traget?
— Sie mußten antworten — des Kayſers Bild, des
Kayſers Ueberſchrift — iſt auf der Münze. Es iſt durch-
aus Kayſerliche, vom Kayſer und für den Kayſer ge-
ſtempelte Münze. — „Die Antwort, die Ich euch ge-
&q;ben kann — iſt der Münze ſchon aufgeprägt —„ gebt,
erſtattet dem Kayſer, was ſein iſt — ſein Bild trägt
— und gebt der Gottheit, was der Gottheit — Got-
tes Namen und Bild trägt. Jedem, was ihm gehört.
Tugend und Religion iſt’s, den Menſchen und jedem
Menſchen zu geben, was jedem gehört, und Gotte zu
geben — das heißt, als Gottes Eigenthum zu erken-
nen, was Gottes Eigenthum iſt — So weicht Chri-
ſtus dem doppelten Fallſtrick weislich und ruhig aus,
der Ihm gelegt werden wollte — und erwarb ſich da-
durch die Achtung und Bewunderung aller Anweſenden.

5. Aus dieſer Stelle erhellet zugleich, wie ſehr
unſer Herr davon entfernt war, in die obrigkeitliche
Macht und das Anſehen der Regenten den mindeſten Ein-

grif
Y
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[337[357]/0365] Dem Kayſer, was des Kayſers iſt. ſich nicht will zurecht weiſen laſſen, das beſchämt, das demüthigt Er. Er ſchont aller Schwachen — aber der Schälke und Heuchler ſchont Er nicht. Er weiß, wen Er vor Sich hat — Was verſuchet ihr Mich? Ihr Gleißner! Zeiget Mir die Münze der Schatzung. Sie aber reichten Ihm einen Pfenning dar. Da ſprach Er: Weß iſt das Bild und die Ueber- ſchrift? — „Ich will dich aus deinem eigenen Mund &q;richten„ iſt des künftigen Weltrichters feſte, furchtba- re Maxime oder Grundregel — — Iſt’s Gott — oder dem Kayſer gewidmete Münze, die ihr bey euch traget? — Sie mußten antworten — des Kayſers Bild, des Kayſers Ueberſchrift — iſt auf der Münze. Es iſt durch- aus Kayſerliche, vom Kayſer und für den Kayſer ge- ſtempelte Münze. — „Die Antwort, die Ich euch ge- &q;ben kann — iſt der Münze ſchon aufgeprägt —„ gebt, erſtattet dem Kayſer, was ſein iſt — ſein Bild trägt — und gebt der Gottheit, was der Gottheit — Got- tes Namen und Bild trägt. Jedem, was ihm gehört. Tugend und Religion iſt’s, den Menſchen und jedem Menſchen zu geben, was jedem gehört, und Gotte zu geben — das heißt, als Gottes Eigenthum zu erken- nen, was Gottes Eigenthum iſt — So weicht Chri- ſtus dem doppelten Fallſtrick weislich und ruhig aus, der Ihm gelegt werden wollte — und erwarb ſich da- durch die Achtung und Bewunderung aller Anweſenden. 5. Aus dieſer Stelle erhellet zugleich, wie ſehr unſer Herr davon entfernt war, in die obrigkeitliche Macht und das Anſehen der Regenten den mindeſten Ein- grif Y

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Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 337[357]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/365>, abgerufen am 23.11.2024.