Ein Mann und Ein Weib seyn sollte, und sprach: Darum wird ein Mensch Vater und Mutter ver- lassen, und seinem Weibe anhangen, und wer- den die Zwey Ein Fleisch seyn. So sind sie nun nicht mehr zwey, sondern Ein Fleisch. Was nun Gott zusammen gefüget hat, das soll der Mensch nicht scheiden. Da sprachen sie: War- um hat denn Moses geboten, einen Scheidebrief zu geben, und sich von ihr zu scheiden? Er sprach zu ihnen: Moses hat euch erlaubet euch zu schei- den von euren Weibern, von eures Herzens Här- tigkeit wegen; Von Anbeginn aber ist's nicht also gewesen. Ich aber sage euch: Wer sich von sei- nem Weibe scheidet (es sey denn um der Hure- rey willen) und freyet eine andere, der bricht die Ehe. Und wer die Abgescheidete freyet, der bricht auch die Ehe. Da sprachen die Jünger zu Ihm: Stehet die Sache eines Mannes mit seinem Weibe also, so ist's nicht gut ehelich wer- den. Er sprach zu ihnen: Das Wort fasset nicht jedermann; Sondern denen es gegeben ist. Denn es sind etliche verschnitten, die sind aus Mutter- leib also gebohren; Und sind etliche verschnitten, die von Menschen verschnitten sind; Und sind etliche verschnitten, die sich selbst verschnitten ha- ben, um des Himmelreichs willen. Wer es fas- sen mag, der fasse es!
Die Summa dieses Tertes ist: Der Ehestand ist eine Ordnung Gottes, die heilig und unverbrüchlich an-
gesehen
S 2
Ueber Eheſcheidung und Eheſtand.
Ein Mann und Ein Weib ſeyn ſollte, und ſprach: Darum wird ein Menſch Vater und Mutter ver- laſſen, und ſeinem Weibe anhangen, und wer- den die Zwey Ein Fleiſch ſeyn. So ſind ſie nun nicht mehr zwey, ſondern Ein Fleiſch. Was nun Gott zuſammen gefüget hat, das ſoll der Menſch nicht ſcheiden. Da ſprachen ſie: War- um hat denn Moſes geboten, einen Scheidebrief zu geben, und ſich von ihr zu ſcheiden? Er ſprach zu ihnen: Moſes hat euch erlaubet euch zu ſchei- den von euren Weibern, von eures Herzens Här- tigkeit wegen; Von Anbeginn aber iſt’s nicht alſo geweſen. Ich aber ſage euch: Wer ſich von ſei- nem Weibe ſcheidet (es ſey denn um der Hure- rey willen) und freyet eine andere, der bricht die Ehe. Und wer die Abgeſcheidete freyet, der bricht auch die Ehe. Da ſprachen die Jünger zu Ihm: Stehet die Sache eines Mannes mit ſeinem Weibe alſo, ſo iſt’s nicht gut ehelich wer- den. Er ſprach zu ihnen: Das Wort faſſet nicht jedermann; Sondern denen es gegeben iſt. Denn es ſind etliche verſchnitten, die ſind aus Mutter- leib alſo gebohren; Und ſind etliche verſchnitten, die von Menſchen verſchnitten ſind; Und ſind etliche verſchnitten, die ſich ſelbſt verſchnitten ha- ben, um des Himmelreichs willen. Wer es faſ- ſen mag, der faſſe es!
Die Summa dieſes Tertes iſt: Der Eheſtand iſt eine Ordnung Gottes, die heilig und unverbrüchlich an-
geſehen
S 2
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[275[295]/0303]
Ueber Eheſcheidung und Eheſtand.
Ein Mann und Ein Weib ſeyn ſollte, und ſprach:
Darum wird ein Menſch Vater und Mutter ver-
laſſen, und ſeinem Weibe anhangen, und wer-
den die Zwey Ein Fleiſch ſeyn. So ſind ſie nun
nicht mehr zwey, ſondern Ein Fleiſch. Was
nun Gott zuſammen gefüget hat, das ſoll der
Menſch nicht ſcheiden. Da ſprachen ſie: War-
um hat denn Moſes geboten, einen Scheidebrief
zu geben, und ſich von ihr zu ſcheiden? Er ſprach
zu ihnen: Moſes hat euch erlaubet euch zu ſchei-
den von euren Weibern, von eures Herzens Här-
tigkeit wegen; Von Anbeginn aber iſt’s nicht alſo
geweſen. Ich aber ſage euch: Wer ſich von ſei-
nem Weibe ſcheidet (es ſey denn um der Hure-
rey willen) und freyet eine andere, der bricht die
Ehe. Und wer die Abgeſcheidete freyet, der
bricht auch die Ehe. Da ſprachen die Jünger
zu Ihm: Stehet die Sache eines Mannes mit
ſeinem Weibe alſo, ſo iſt’s nicht gut ehelich wer-
den. Er ſprach zu ihnen: Das Wort faſſet nicht
jedermann; Sondern denen es gegeben iſt. Denn
es ſind etliche verſchnitten, die ſind aus Mutter-
leib alſo gebohren; Und ſind etliche verſchnitten,
die von Menſchen verſchnitten ſind; Und ſind
etliche verſchnitten, die ſich ſelbſt verſchnitten ha-
ben, um des Himmelreichs willen. Wer es faſ-
ſen mag, der faſſe es!
Die Summa dieſes Tertes iſt: Der Eheſtand iſt
eine Ordnung Gottes, die heilig und unverbrüchlich an-
geſehen
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Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 275[295]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/303>, abgerufen am 24.11.2024.
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