Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

Gemeinschaftliches Gebeth. Christus etc.
Einflüsse auf euch sollen fortdauern bis an's Ende der
Welt, bis zu dem Ablaufe der Zeit, bis Ich persönlich
wiederkommen werde. Er redet mit den Aposteln, die
Er vor sich hatte, weil Er nicht unmittelbar mit denen
reden konnte, die Er nicht vor sich hatte. Aber daß
Er nicht sie allein ausschliessender Weise gemeynt haben
könne, ist nicht nur aus dem ganzen Geiste des Evan-
geliums überhaupt klar, sondern besonders auch noch
aus dem Worte -- bis ans Ende der Welt. Wer,
der natürlichen geraden Sinn hat, und alle Künsteley
im Schriftauslegen haßt, wie alle List und Falschheit
im Handeln, darf sagen "das Ende der Welt sey
schon gekommen; Oder mit andern Worten -- die Auf-
erstehung sey schon geschehen?
Wenn nun das En-
de der Welt so gewiß noch bevorsteht als die Welt noch
eristirt, und noch nicht am Ziel ist -- und wenn Jesu
Wort wahr ist -- und die Apostel nicht mehr auf der
Welt leben -- So werden wohl alle die mit in dieser Ver-
heissung begriffen seyn, die in ihre Stelle treten, und
durch der Apostel Wort an Ihn glauben -- oder
welche von den Aposteln gelehrt wurden, alles halten,
was Jesus ihnen, den Aposteln geboten hatte;
Oder die, die das Abendmahl fortfeyern bis daß Er
kommt;
Das Abendmahl, welches doch nur den Apo-
steln zu begehen, befohlen ward.

O wie oft muß ich's wiederhohlen: Es ist trau-
rig, daß Christen Christen dieses sagen müssen, wenn
Ungläubige, öffentlich erklärte Unchristen, oder Men-
schen, die sich gar kein Bedenken machen zu gestehen, daß

sie

Gemeinſchaftliches Gebeth. Chriſtus ꝛc.
Einflüſſe auf euch ſollen fortdauern bis an’s Ende der
Welt, bis zu dem Ablaufe der Zeit, bis Ich perſönlich
wiederkommen werde. Er redet mit den Apoſteln, die
Er vor ſich hatte, weil Er nicht unmittelbar mit denen
reden konnte, die Er nicht vor ſich hatte. Aber daß
Er nicht ſie allein ausſchlieſſender Weiſe gemeynt haben
könne, iſt nicht nur aus dem ganzen Geiſte des Evan-
geliums überhaupt klar, ſondern beſonders auch noch
aus dem Worte — bis ans Ende der Welt. Wer,
der natürlichen geraden Sinn hat, und alle Künſteley
im Schriftauslegen haßt, wie alle Liſt und Falſchheit
im Handeln, darf ſagen „das Ende der Welt ſey
ſchon gekommen; Oder mit andern Worten — die Auf-
erſtehung ſey ſchon geſchehen?
Wenn nun das En-
de der Welt ſo gewiß noch bevorſteht als die Welt noch
eriſtirt, und noch nicht am Ziel iſt — und wenn Jeſu
Wort wahr iſt — und die Apoſtel nicht mehr auf der
Welt leben — So werden wohl alle die mit in dieſer Ver-
heiſſung begriffen ſeyn, die in ihre Stelle treten, und
durch der Apoſtel Wort an Ihn glauben — oder
welche von den Apoſteln gelehrt wurden, alles halten,
was Jeſus ihnen, den Apoſteln geboten hatte;
Oder die, die das Abendmahl fortfeyern bis daß Er
kommt;
Das Abendmahl, welches doch nur den Apo-
ſteln zu begehen, befohlen ward.

O wie oft muß ich’s wiederhohlen: Es iſt trau-
rig, daß Chriſten Chriſten dieſes ſagen müſſen, wenn
Ungläubige, öffentlich erklärte Unchriſten, oder Men-
ſchen, die ſich gar kein Bedenken machen zu geſtehen, daß

ſie
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0295" n="267[287]"/><fw place="top" type="header">Gemein&#x017F;chaftliches Gebeth. Chri&#x017F;tus &#xA75B;c.</fw><lb/>
Einflü&#x017F;&#x017F;e auf euch &#x017F;ollen fortdauern bis an&#x2019;s Ende der<lb/>
Welt, bis zu dem Ablaufe der Zeit, bis Ich per&#x017F;önlich<lb/>
wiederkommen werde. Er redet mit den <hi rendition="#fr">Apo&#x017F;teln,</hi> die<lb/>
Er vor &#x017F;ich hatte, weil Er nicht unmittelbar mit denen<lb/>
reden konnte, die Er nicht vor &#x017F;ich hatte. Aber daß<lb/>
Er nicht &#x017F;ie allein aus&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;ender Wei&#x017F;e gemeynt haben<lb/>
könne, i&#x017F;t nicht nur aus dem ganzen Gei&#x017F;te des Evan-<lb/>
geliums überhaupt klar, &#x017F;ondern be&#x017F;onders auch noch<lb/>
aus dem Worte &#x2014; <hi rendition="#fr">bis ans Ende der Welt.</hi> Wer,<lb/>
der natürlichen geraden Sinn hat, und alle Kün&#x017F;teley<lb/>
im Schriftauslegen haßt, wie alle Li&#x017F;t und Fal&#x017F;chheit<lb/>
im Handeln, darf &#x017F;agen &#x201E;das <hi rendition="#fr">Ende der Welt</hi> &#x017F;ey<lb/>
&#x017F;chon gekommen; Oder mit andern Worten &#x2014; <hi rendition="#fr">die Auf-<lb/>
er&#x017F;tehung &#x017F;ey &#x017F;chon ge&#x017F;chehen?</hi> Wenn nun das En-<lb/>
de der Welt &#x017F;o gewiß noch bevor&#x017F;teht als die Welt noch<lb/>
eri&#x017F;tirt, und noch nicht am Ziel i&#x017F;t &#x2014; und wenn Je&#x017F;u<lb/>
Wort wahr i&#x017F;t &#x2014; und die Apo&#x017F;tel nicht mehr auf der<lb/>
Welt leben &#x2014; So werden wohl alle die mit in die&#x017F;er Ver-<lb/>
hei&#x017F;&#x017F;ung begriffen &#x017F;eyn, die in ihre Stelle treten, und<lb/><hi rendition="#fr">durch der Apo&#x017F;tel Wort an Ihn glauben</hi> &#x2014; oder<lb/>
welche von den Apo&#x017F;teln gelehrt wurden, <hi rendition="#fr">alles halten,</hi><lb/>
was <hi rendition="#fr">Je&#x017F;us</hi> ihnen, <hi rendition="#fr">den Apo&#x017F;teln geboten hatte;</hi><lb/>
Oder die, die das Abendmahl fortfeyern <hi rendition="#fr">bis daß Er<lb/>
kommt;</hi> Das Abendmahl, welches doch nur den Apo-<lb/>
&#x017F;teln zu begehen, befohlen ward.</p><lb/>
            <p>O wie oft muß ich&#x2019;s wiederhohlen: Es i&#x017F;t trau-<lb/>
rig, daß Chri&#x017F;ten Chri&#x017F;ten die&#x017F;es &#x017F;agen mü&#x017F;&#x017F;en, wenn<lb/>
Ungläubige, öffentlich erklärte Unchri&#x017F;ten, oder Men-<lb/>
&#x017F;chen, die &#x017F;ich gar kein Bedenken machen zu ge&#x017F;tehen, daß<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ie</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[267[287]/0295] Gemeinſchaftliches Gebeth. Chriſtus ꝛc. Einflüſſe auf euch ſollen fortdauern bis an’s Ende der Welt, bis zu dem Ablaufe der Zeit, bis Ich perſönlich wiederkommen werde. Er redet mit den Apoſteln, die Er vor ſich hatte, weil Er nicht unmittelbar mit denen reden konnte, die Er nicht vor ſich hatte. Aber daß Er nicht ſie allein ausſchlieſſender Weiſe gemeynt haben könne, iſt nicht nur aus dem ganzen Geiſte des Evan- geliums überhaupt klar, ſondern beſonders auch noch aus dem Worte — bis ans Ende der Welt. Wer, der natürlichen geraden Sinn hat, und alle Künſteley im Schriftauslegen haßt, wie alle Liſt und Falſchheit im Handeln, darf ſagen „das Ende der Welt ſey ſchon gekommen; Oder mit andern Worten — die Auf- erſtehung ſey ſchon geſchehen? Wenn nun das En- de der Welt ſo gewiß noch bevorſteht als die Welt noch eriſtirt, und noch nicht am Ziel iſt — und wenn Jeſu Wort wahr iſt — und die Apoſtel nicht mehr auf der Welt leben — So werden wohl alle die mit in dieſer Ver- heiſſung begriffen ſeyn, die in ihre Stelle treten, und durch der Apoſtel Wort an Ihn glauben — oder welche von den Apoſteln gelehrt wurden, alles halten, was Jeſus ihnen, den Apoſteln geboten hatte; Oder die, die das Abendmahl fortfeyern bis daß Er kommt; Das Abendmahl, welches doch nur den Apo- ſteln zu begehen, befohlen ward. O wie oft muß ich’s wiederhohlen: Es iſt trau- rig, daß Chriſten Chriſten dieſes ſagen müſſen, wenn Ungläubige, öffentlich erklärte Unchriſten, oder Men- ſchen, die ſich gar kein Bedenken machen zu geſtehen, daß ſie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/295
Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 267[287]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/295>, abgerufen am 25.11.2024.