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Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783.

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Was den Menschen verunreinigt etc.
Gottesverehrern genossen würden -- und war ganz ru-
hig bey der unmäßigsten, üppigsten, sinnlichsten Lebens-
art. -- Christus arbeitete mit aller Macht der Weis-
heit der Beredsamkeit und des Ernstes diesem falschen
Geiste, dem Quelle der Heucheley, Scheintugend und
Afterreligion entgegen. Was kommt und weggeht; Was
nur den Körper, nicht die Seele, nicht das Herz, nicht
den innwendigen Menschen berührt, das verdient gar
nicht die ängstliche Aufmerksamkeit und Gewissenhaftig-
keit, womit der pharisäische Geist diese unbedeutenden
Dinge ansahe. Es sind ganz andere Dinge, die alle
unsere Gewissenhaftigkeit äusserst aufmerksam machen sol-
len -- das nähmlich, was das Herz hervorbringt, was
von innen heraus kömmt -- die ersten Regungen der
Leidenschaft, der Unzucht, der Praßsucht, des Leicht-
sinns, der Rachgier, des Zornes, Neides, Stolzes,
und so weiter -- sind's die den innwendigen Menschen
beflecken, ihn so verunreinigen, daß Gott und Gottes-
wahrheit sich nicht weiter in einer von solchen Begier-
den bewegten Seele erspieglen und offenbaren kann.
Christus will reine Herzen, die Pharisäer wollten ge-
waschene Körper
haben. Wem es um die Reinigung
und Verbesserung seines innerlichen Menschen zu thun
ist, der ist ein aufrichtiger und rechtschaffener Mensch;
Wem es um äusserliche Reinigkeit oder den Schein in-
nerlicher Reinigkeit zu thun ist, ist ein pharisäischer Mensch,
ein Heuchler. Alles, was den innwendigen Menschen,
das Herz, die Begierlichkeit, die Leidenschaft stürmisch
bewegt und der Lauterkeit, Frohheit, Offenheit des Her-

zens,
O

Was den Menſchen verunreinigt ꝛc.
Gottesverehrern genoſſen würden — und war ganz ru-
hig bey der unmäßigſten, üppigſten, ſinnlichſten Lebens-
art. — Chriſtus arbeitete mit aller Macht der Weis-
heit der Beredſamkeit und des Ernſtes dieſem falſchen
Geiſte, dem Quelle der Heucheley, Scheintugend und
Afterreligion entgegen. Was kommt und weggeht; Was
nur den Körper, nicht die Seele, nicht das Herz, nicht
den innwendigen Menſchen berührt, das verdient gar
nicht die ängſtliche Aufmerkſamkeit und Gewiſſenhaftig-
keit, womit der phariſäiſche Geiſt dieſe unbedeutenden
Dinge anſahe. Es ſind ganz andere Dinge, die alle
unſere Gewiſſenhaftigkeit äuſſerſt aufmerkſam machen ſol-
len — das nähmlich, was das Herz hervorbringt, was
von innen heraus kömmt — die erſten Regungen der
Leidenſchaft, der Unzucht, der Praßſucht, des Leicht-
ſinns, der Rachgier, des Zornes, Neides, Stolzes,
und ſo weiter — ſind’s die den innwendigen Menſchen
beflecken, ihn ſo verunreinigen, daß Gott und Gottes-
wahrheit ſich nicht weiter in einer von ſolchen Begier-
den bewegten Seele erſpieglen und offenbaren kann.
Chriſtus will reine Herzen, die Phariſäer wollten ge-
waſchene Körper
haben. Wem es um die Reinigung
und Verbeſſerung ſeines innerlichen Menſchen zu thun
iſt, der iſt ein aufrichtiger und rechtſchaffener Menſch;
Wem es um äuſſerliche Reinigkeit oder den Schein in-
nerlicher Reinigkeit zu thun iſt, iſt ein phariſäiſcher Menſch,
ein Heuchler. Alles, was den innwendigen Menſchen,
das Herz, die Begierlichkeit, die Leidenſchaft ſtürmiſch
bewegt und der Lauterkeit, Frohheit, Offenheit des Her-

zens,
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[209[229]/0237] Was den Menſchen verunreinigt ꝛc. Gottesverehrern genoſſen würden — und war ganz ru- hig bey der unmäßigſten, üppigſten, ſinnlichſten Lebens- art. — Chriſtus arbeitete mit aller Macht der Weis- heit der Beredſamkeit und des Ernſtes dieſem falſchen Geiſte, dem Quelle der Heucheley, Scheintugend und Afterreligion entgegen. Was kommt und weggeht; Was nur den Körper, nicht die Seele, nicht das Herz, nicht den innwendigen Menſchen berührt, das verdient gar nicht die ängſtliche Aufmerkſamkeit und Gewiſſenhaftig- keit, womit der phariſäiſche Geiſt dieſe unbedeutenden Dinge anſahe. Es ſind ganz andere Dinge, die alle unſere Gewiſſenhaftigkeit äuſſerſt aufmerkſam machen ſol- len — das nähmlich, was das Herz hervorbringt, was von innen heraus kömmt — die erſten Regungen der Leidenſchaft, der Unzucht, der Praßſucht, des Leicht- ſinns, der Rachgier, des Zornes, Neides, Stolzes, und ſo weiter — ſind’s die den innwendigen Menſchen beflecken, ihn ſo verunreinigen, daß Gott und Gottes- wahrheit ſich nicht weiter in einer von ſolchen Begier- den bewegten Seele erſpieglen und offenbaren kann. Chriſtus will reine Herzen, die Phariſäer wollten ge- waſchene Körper haben. Wem es um die Reinigung und Verbeſſerung ſeines innerlichen Menſchen zu thun iſt, der iſt ein aufrichtiger und rechtſchaffener Menſch; Wem es um äuſſerliche Reinigkeit oder den Schein in- nerlicher Reinigkeit zu thun iſt, iſt ein phariſäiſcher Menſch, ein Heuchler. Alles, was den innwendigen Menſchen, das Herz, die Begierlichkeit, die Leidenſchaft ſtürmiſch bewegt und der Lauterkeit, Frohheit, Offenheit des Her- zens, O

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Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 209[229]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/237>, abgerufen am 22.11.2024.