Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

Matthäus XIII.
des Propheten Elias Zeiten, und keiner dersel-
ben ward gereinigt, denn allein Naeman aus
Syrien.
Was also bindet der dastehenden, zu helfen
bereitwilligen Allmacht gleichsam die Hände? Der Un-
glaube; Der Mangel an Zutrauen; Die Entfernung
und Abwendung des Herzens von Gott und Christus;
Alles, was dem Glauben entgegen ist -- Wer für das
Unsichtbare, Göttliche keinen Sinn, kein Interesse, kein
Herz hat, keine Sehnsucht, kein Streben darnach --
wer sich immer nur mit dem Gegenwärtigen und Sicht-
baren beschäftigt, verliert allen Sinn und Geschmack an
dem, was unsichtbar, entfernt, und göttlich ist. Und
wo dieser Sinn nicht erweckt und geübt wird -- da
kann alles Unsichtbare und Göttliche keinen Eindruck
mehr machen; Christus ist nicht für den, der nicht an
Ihn glaubt. Der Arzt ist nicht Arzt für den Kranken,
der kein Herz, kein Zutrauen zu Ihm hat. Wo Chri-
stus
Glauben findet, da kann Er sich frey und unge-
hindert mittheilen. -- Wo Er Widerstand, Unglau-
ben, Abneigung von Ihm, herrschende Sinnlichkeit fin-
det -- da steht Er mit aller Seiner Bereitwilligkeit zu
wirken, unwirksam. -- Darum sey's mein tägliches
Gebeth -- Herr! Ich glaube! Komm zu hülfe
meinem wankenden Glauben.

Mat-

Matthäus XIII.
des Propheten Elias Zeiten, und keiner derſel-
ben ward gereinigt, denn allein Naeman aus
Syrien.
Was alſo bindet der daſtehenden, zu helfen
bereitwilligen Allmacht gleichſam die Hände? Der Un-
glaube; Der Mangel an Zutrauen; Die Entfernung
und Abwendung des Herzens von Gott und Chriſtus;
Alles, was dem Glauben entgegen iſt — Wer für das
Unſichtbare, Göttliche keinen Sinn, kein Intereſſe, kein
Herz hat, keine Sehnſucht, kein Streben darnach —
wer ſich immer nur mit dem Gegenwärtigen und Sicht-
baren beſchäftigt, verliert allen Sinn und Geſchmack an
dem, was unſichtbar, entfernt, und göttlich iſt. Und
wo dieſer Sinn nicht erweckt und geübt wird — da
kann alles Unſichtbare und Göttliche keinen Eindruck
mehr machen; Chriſtus iſt nicht für den, der nicht an
Ihn glaubt. Der Arzt iſt nicht Arzt für den Kranken,
der kein Herz, kein Zutrauen zu Ihm hat. Wo Chri-
ſtus
Glauben findet, da kann Er ſich frey und unge-
hindert mittheilen. — Wo Er Widerſtand, Unglau-
ben, Abneigung von Ihm, herrſchende Sinnlichkeit fin-
det — da ſteht Er mit aller Seiner Bereitwilligkeit zu
wirken, unwirkſam. — Darum ſey’s mein tägliches
Gebeth — Herr! Ich glaube! Komm zu hülfe
meinem wankenden Glauben.

Mat-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0224" n="196[216]"/><fw place="top" type="header">Matthäus <hi rendition="#aq">XIII.</hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">des Propheten Elias Zeiten, und keiner der&#x017F;el-<lb/>
ben ward gereinigt, denn allein Naeman aus<lb/>
Syrien.</hi> Was al&#x017F;o bindet der da&#x017F;tehenden, zu helfen<lb/>
bereitwilligen Allmacht gleich&#x017F;am die Hände? Der Un-<lb/>
glaube; Der Mangel an Zutrauen; Die Entfernung<lb/>
und Abwendung des Herzens von Gott und <hi rendition="#fr">Chri&#x017F;tus;</hi><lb/>
Alles, was dem Glauben entgegen i&#x017F;t &#x2014; Wer für das<lb/>
Un&#x017F;ichtbare, Göttliche keinen Sinn, kein Intere&#x017F;&#x017F;e, kein<lb/>
Herz hat, keine Sehn&#x017F;ucht, kein Streben darnach &#x2014;<lb/>
wer &#x017F;ich immer nur mit dem Gegenwärtigen und Sicht-<lb/>
baren be&#x017F;chäftigt, verliert allen Sinn und Ge&#x017F;chmack an<lb/>
dem, was un&#x017F;ichtbar, entfernt, und göttlich i&#x017F;t. Und<lb/>
wo die&#x017F;er Sinn nicht erweckt und geübt wird &#x2014; da<lb/>
kann alles Un&#x017F;ichtbare und Göttliche keinen Eindruck<lb/>
mehr machen; <hi rendition="#fr">Chri&#x017F;tus</hi> i&#x017F;t nicht für den, der nicht an<lb/>
Ihn glaubt. Der Arzt i&#x017F;t nicht Arzt für den Kranken,<lb/>
der kein Herz, kein Zutrauen zu Ihm hat. Wo <hi rendition="#fr">Chri-<lb/>
&#x017F;tus</hi> Glauben findet, da kann Er &#x017F;ich frey und unge-<lb/>
hindert mittheilen. &#x2014; Wo Er Wider&#x017F;tand, Unglau-<lb/>
ben, Abneigung von Ihm, herr&#x017F;chende Sinnlichkeit fin-<lb/>
det &#x2014; da &#x017F;teht Er mit aller Seiner Bereitwilligkeit zu<lb/>
wirken, unwirk&#x017F;am. &#x2014; Darum &#x017F;ey&#x2019;s mein tägliches<lb/>
Gebeth &#x2014; <hi rendition="#fr">Herr! Ich glaube! Komm zu hülfe<lb/>
meinem wankenden Glauben.</hi></p>
          </div>
        </div><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Mat-</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[196[216]/0224] Matthäus XIII. des Propheten Elias Zeiten, und keiner derſel- ben ward gereinigt, denn allein Naeman aus Syrien. Was alſo bindet der daſtehenden, zu helfen bereitwilligen Allmacht gleichſam die Hände? Der Un- glaube; Der Mangel an Zutrauen; Die Entfernung und Abwendung des Herzens von Gott und Chriſtus; Alles, was dem Glauben entgegen iſt — Wer für das Unſichtbare, Göttliche keinen Sinn, kein Intereſſe, kein Herz hat, keine Sehnſucht, kein Streben darnach — wer ſich immer nur mit dem Gegenwärtigen und Sicht- baren beſchäftigt, verliert allen Sinn und Geſchmack an dem, was unſichtbar, entfernt, und göttlich iſt. Und wo dieſer Sinn nicht erweckt und geübt wird — da kann alles Unſichtbare und Göttliche keinen Eindruck mehr machen; Chriſtus iſt nicht für den, der nicht an Ihn glaubt. Der Arzt iſt nicht Arzt für den Kranken, der kein Herz, kein Zutrauen zu Ihm hat. Wo Chri- ſtus Glauben findet, da kann Er ſich frey und unge- hindert mittheilen. — Wo Er Widerſtand, Unglau- ben, Abneigung von Ihm, herrſchende Sinnlichkeit fin- det — da ſteht Er mit aller Seiner Bereitwilligkeit zu wirken, unwirkſam. — Darum ſey’s mein tägliches Gebeth — Herr! Ich glaube! Komm zu hülfe meinem wankenden Glauben. Mat-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/224
Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 196[216]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/224>, abgerufen am 25.11.2024.