und es nicht vernehmen, oder erkennen. Denn dieses Volkes Herz ist verstockt, und ihre Ohren hören übel, und ihre Augen schlummern; Auf daß sie nicht etwa mit den Augen sehen; Und mit den Ohren hören, und mit dem Herzen verste- hen, und sich bekehren, und Ich sie seelig mache.
Wer nichts empfangen kann, dem kann und soll nichts gegeben werden. Einem vermischten Haufen soll die Wahrheit so vorgetragen werden, daß der Aufmerk- same lernen, der Feind der Wahrheit so wenig, wie mög- lich anpacken kann. Wer den Kern nicht will -- der mag an der hingeworfnen Schaale sich begnügen. Der Weise nimmt die Schaale um des Kernes willen. Je- sus redete gern in Gleichnissen und Parabeln; das heißt: Er gab gern einen kostbaren Kern in einer harten Schaa- le -- Wem es nicht um Nahrung zu thun war, der mogte immerhin mit der Schaale spielen. Jesus -- und welcher weise Mensch nicht? Richtet sich nach den Be- dürfnissen derer, die Ihn umgeben. Er giebt dem nichts, der kein Bedürfniß hat, etwas zu empfangen. Viel hingegen dem, der ein Bedürfniß nach Ihm und seiner Wahrheit hat. Wie einer ein Maaß, ein Ge- fäß der Aufmerksamkeit, der Wahrheitsliebe zu Ihm bringt, so empfängt er Wahrheit. Bringt einer kein Gefäß, kein offnes Ohr und Herz mit -- der bekömmt nichts. Wer viel Sinn für die Wahrheit hat, dem wird viel Wahrheit gegeben werden. Er wird reich wer- den an Wahrheit und Erkenntniß. Ein Licht nach dem andern wird ihm aufgehen. Kaum ein Tag wird ihm
ohne
M 3
Verſtockung.
und es nicht vernehmen, oder erkennen. Denn dieſes Volkes Herz iſt verſtockt, und ihre Ohren hören übel, und ihre Augen ſchlummern; Auf daß ſie nicht etwa mit den Augen ſehen; Und mit den Ohren hören, und mit dem Herzen verſte- hen, und ſich bekehren, und Ich ſie ſeelig mache.
Wer nichts empfangen kann, dem kann und ſoll nichts gegeben werden. Einem vermiſchten Haufen ſoll die Wahrheit ſo vorgetragen werden, daß der Aufmerk- ſame lernen, der Feind der Wahrheit ſo wenig, wie mög- lich anpacken kann. Wer den Kern nicht will — der mag an der hingeworfnen Schaale ſich begnügen. Der Weiſe nimmt die Schaale um des Kernes willen. Je- ſus redete gern in Gleichniſſen und Parabeln; das heißt: Er gab gern einen koſtbaren Kern in einer harten Schaa- le — Wem es nicht um Nahrung zu thun war, der mogte immerhin mit der Schaale ſpielen. Jeſus — und welcher weiſe Menſch nicht? Richtet ſich nach den Be- dürfniſſen derer, die Ihn umgeben. Er giebt dem nichts, der kein Bedürfniß hat, etwas zu empfangen. Viel hingegen dem, der ein Bedürfniß nach Ihm und ſeiner Wahrheit hat. Wie einer ein Maaß, ein Ge- fäß der Aufmerkſamkeit, der Wahrheitsliebe zu Ihm bringt, ſo empfängt er Wahrheit. Bringt einer kein Gefäß, kein offnes Ohr und Herz mit — der bekömmt nichts. Wer viel Sinn für die Wahrheit hat, dem wird viel Wahrheit gegeben werden. Er wird reich wer- den an Wahrheit und Erkenntniß. Ein Licht nach dem andern wird ihm aufgehen. Kaum ein Tag wird ihm
ohne
M 3
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0209"n="181[201]"/><fwplace="top"type="header">Verſtockung.</fw><lb/><hirendition="#fr">und es nicht vernehmen, oder erkennen. Denn<lb/>
dieſes Volkes Herz iſt verſtockt, und ihre Ohren<lb/>
hören übel, und ihre Augen ſchlummern; Auf<lb/>
daß ſie nicht etwa mit den Augen ſehen; Und mit<lb/>
den Ohren hören, und mit dem Herzen verſte-<lb/>
hen, und ſich bekehren, und Ich ſie ſeelig mache.</hi></p><lb/><p>Wer nichts empfangen kann, dem kann und ſoll<lb/>
nichts gegeben werden. Einem vermiſchten Haufen ſoll<lb/>
die Wahrheit ſo vorgetragen werden, daß der Aufmerk-<lb/>ſame lernen, der Feind der Wahrheit ſo wenig, wie mög-<lb/>
lich anpacken kann. Wer den Kern nicht will — der<lb/>
mag an der hingeworfnen Schaale ſich begnügen. Der<lb/>
Weiſe nimmt die Schaale um des Kernes willen. <hirendition="#fr">Je-<lb/>ſus</hi> redete gern in Gleichniſſen und Parabeln; das heißt:<lb/>
Er gab gern einen koſtbaren Kern in einer harten Schaa-<lb/>
le — Wem es nicht um Nahrung zu thun war, der<lb/>
mogte immerhin mit der Schaale ſpielen. <hirendition="#fr">Jeſus</hi>— und<lb/>
welcher weiſe Menſch nicht? Richtet ſich nach den <hirendition="#fr">Be-<lb/>
dürfniſſen</hi> derer, die Ihn umgeben. Er giebt dem<lb/>
nichts, der kein Bedürfniß hat, etwas zu empfangen.<lb/>
Viel hingegen dem, der ein Bedürfniß nach Ihm und<lb/>ſeiner Wahrheit hat. Wie einer ein Maaß, ein Ge-<lb/>
fäß der Aufmerkſamkeit, der Wahrheitsliebe zu Ihm<lb/>
bringt, ſo empfängt er Wahrheit. Bringt einer kein<lb/>
Gefäß, kein offnes Ohr und Herz mit — der bekömmt<lb/>
nichts. Wer viel <hirendition="#fr">Sinn</hi> für die Wahrheit <hirendition="#fr">hat,</hi> dem<lb/>
wird viel Wahrheit gegeben werden. Er wird reich wer-<lb/>
den an Wahrheit und Erkenntniß. Ein Licht nach dem<lb/>
andern wird ihm aufgehen. Kaum ein Tag wird ihm<lb/><fwplace="bottom"type="sig">M 3</fw><fwplace="bottom"type="catch">ohne</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[181[201]/0209]
Verſtockung.
und es nicht vernehmen, oder erkennen. Denn
dieſes Volkes Herz iſt verſtockt, und ihre Ohren
hören übel, und ihre Augen ſchlummern; Auf
daß ſie nicht etwa mit den Augen ſehen; Und mit
den Ohren hören, und mit dem Herzen verſte-
hen, und ſich bekehren, und Ich ſie ſeelig mache.
Wer nichts empfangen kann, dem kann und ſoll
nichts gegeben werden. Einem vermiſchten Haufen ſoll
die Wahrheit ſo vorgetragen werden, daß der Aufmerk-
ſame lernen, der Feind der Wahrheit ſo wenig, wie mög-
lich anpacken kann. Wer den Kern nicht will — der
mag an der hingeworfnen Schaale ſich begnügen. Der
Weiſe nimmt die Schaale um des Kernes willen. Je-
ſus redete gern in Gleichniſſen und Parabeln; das heißt:
Er gab gern einen koſtbaren Kern in einer harten Schaa-
le — Wem es nicht um Nahrung zu thun war, der
mogte immerhin mit der Schaale ſpielen. Jeſus — und
welcher weiſe Menſch nicht? Richtet ſich nach den Be-
dürfniſſen derer, die Ihn umgeben. Er giebt dem
nichts, der kein Bedürfniß hat, etwas zu empfangen.
Viel hingegen dem, der ein Bedürfniß nach Ihm und
ſeiner Wahrheit hat. Wie einer ein Maaß, ein Ge-
fäß der Aufmerkſamkeit, der Wahrheitsliebe zu Ihm
bringt, ſo empfängt er Wahrheit. Bringt einer kein
Gefäß, kein offnes Ohr und Herz mit — der bekömmt
nichts. Wer viel Sinn für die Wahrheit hat, dem
wird viel Wahrheit gegeben werden. Er wird reich wer-
den an Wahrheit und Erkenntniß. Ein Licht nach dem
andern wird ihm aufgehen. Kaum ein Tag wird ihm
ohne
M 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang:
Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 181[201]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/209>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.