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Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783.

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Unreine Geister. Jüdische Nation.
licher, als daß sie an dürre, öde, verwüstete Stätte
hingehen; Wo kein weggebietendes Menschenangesicht
hinkommt -- dort suchen sie Ruhe -- welches le-
zende Wesen sucht nicht unaufhörlich Ruhe? Sie su-
chen Ruhe und finden sie nicht.
Wie sollte ein
böses Wesen in der guten Welt Gottes Ruhe finden
können? Wie an schönen, wie an dürren Orten? Wo
viel Kraft ist, und kein Gegenstand der Kraft, viel
Betriebsamkeit und nichts, woran sich diese unruhvolle
Betriebsamkeit üben kann -- da muß die Unruhe aufs
höchste steigen; So muß ein böser Geist sich selbst in
der Einöde unerträglich werden. Ich sehe durchaus
nicht, wie ein vernünftiger Mensch dieses unvernünftig
finden könne. -- Was thut also der in der Einsam-
keit sich selbst unerträglich gewordene Satan? Er erin-
nert sich seiner ehemaligen feindseligen Wirksamkeit, wo-
bey er doch einiges Vergnügen, einige Ruhe fand! Diese
Wirksamkeit, wie wenig sie ihm wahre Ruhe verschaf-
fen kann, hat doch mehr Reizendes für ihn, als das
öde, unwirksame Leben an unbewohnten Orten. Also
spricht er: Ich will umkehren in das Haus, dar-
aus ich gegangen bin.
Vielleicht hat sich die Macht,
die mich vertrieb, entfernt! Vielleicht find' ich Raum
in dem wieder sinnlich gewordenen, von Gott entfernten
Menschen -- Vielleicht wird es mir wieder vergönnt,
meine Wirksamkeit an ihm zu äussern! Und so findet
Er's! Die Gnade, die ihm wiederfahren war, hat we-
nig gefruchtet; Sie ward bald wieder vergessen! Alles
Böse regte sich wieder! Jeder gute Funke ward wieder

zertreten
M

Unreine Geiſter. Jüdiſche Nation.
licher, als daß ſie an dürre, öde, verwüſtete Stätte
hingehen; Wo kein weggebietendes Menſchenangeſicht
hinkommt — dort ſuchen ſie Ruhe — welches le-
zende Weſen ſucht nicht unaufhörlich Ruhe? Sie ſu-
chen Ruhe und finden ſie nicht.
Wie ſollte ein
böſes Weſen in der guten Welt Gottes Ruhe finden
können? Wie an ſchönen, wie an dürren Orten? Wo
viel Kraft iſt, und kein Gegenſtand der Kraft, viel
Betriebſamkeit und nichts, woran ſich dieſe unruhvolle
Betriebſamkeit üben kann — da muß die Unruhe aufs
höchſte ſteigen; So muß ein böſer Geiſt ſich ſelbſt in
der Einöde unerträglich werden. Ich ſehe durchaus
nicht, wie ein vernünftiger Menſch dieſes unvernünftig
finden könne. — Was thut alſo der in der Einſam-
keit ſich ſelbſt unerträglich gewordene Satan? Er erin-
nert ſich ſeiner ehemaligen feindſeligen Wirkſamkeit, wo-
bey er doch einiges Vergnügen, einige Ruhe fand! Dieſe
Wirkſamkeit, wie wenig ſie ihm wahre Ruhe verſchaf-
fen kann, hat doch mehr Reizendes für ihn, als das
öde, unwirkſame Leben an unbewohnten Orten. Alſo
ſpricht er: Ich will umkehren in das Haus, dar-
aus ich gegangen bin.
Vielleicht hat ſich die Macht,
die mich vertrieb, entfernt! Vielleicht find’ ich Raum
in dem wieder ſinnlich gewordenen, von Gott entfernten
Menſchen — Vielleicht wird es mir wieder vergönnt,
meine Wirkſamkeit an ihm zu äuſſern! Und ſo findet
Er’s! Die Gnade, die ihm wiederfahren war, hat we-
nig gefruchtet; Sie ward bald wieder vergeſſen! Alles
Böſe regte ſich wieder! Jeder gute Funke ward wieder

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[177[197]/0205] Unreine Geiſter. Jüdiſche Nation. licher, als daß ſie an dürre, öde, verwüſtete Stätte hingehen; Wo kein weggebietendes Menſchenangeſicht hinkommt — dort ſuchen ſie Ruhe — welches le- zende Weſen ſucht nicht unaufhörlich Ruhe? Sie ſu- chen Ruhe und finden ſie nicht. Wie ſollte ein böſes Weſen in der guten Welt Gottes Ruhe finden können? Wie an ſchönen, wie an dürren Orten? Wo viel Kraft iſt, und kein Gegenſtand der Kraft, viel Betriebſamkeit und nichts, woran ſich dieſe unruhvolle Betriebſamkeit üben kann — da muß die Unruhe aufs höchſte ſteigen; So muß ein böſer Geiſt ſich ſelbſt in der Einöde unerträglich werden. Ich ſehe durchaus nicht, wie ein vernünftiger Menſch dieſes unvernünftig finden könne. — Was thut alſo der in der Einſam- keit ſich ſelbſt unerträglich gewordene Satan? Er erin- nert ſich ſeiner ehemaligen feindſeligen Wirkſamkeit, wo- bey er doch einiges Vergnügen, einige Ruhe fand! Dieſe Wirkſamkeit, wie wenig ſie ihm wahre Ruhe verſchaf- fen kann, hat doch mehr Reizendes für ihn, als das öde, unwirkſame Leben an unbewohnten Orten. Alſo ſpricht er: Ich will umkehren in das Haus, dar- aus ich gegangen bin. Vielleicht hat ſich die Macht, die mich vertrieb, entfernt! Vielleicht find’ ich Raum in dem wieder ſinnlich gewordenen, von Gott entfernten Menſchen — Vielleicht wird es mir wieder vergönnt, meine Wirkſamkeit an ihm zu äuſſern! Und ſo findet Er’s! Die Gnade, die ihm wiederfahren war, hat we- nig gefruchtet; Sie ward bald wieder vergeſſen! Alles Böſe regte ſich wieder! Jeder gute Funke ward wieder zertreten M

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Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 177[197]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/205>, abgerufen am 29.11.2024.