verdammen, denn sie thaten Busse nach der Pre- digt Jonas. Und siehe! Hier ist mehr, denn Jo- nas. Die Königinn von Mittag wird am jüng- sten Gerichte mit diesem Geschlecht auftreten, und wird es verdammen, denn sie kam vom En- de der Erde, die Weisheit Salomons zu hören, und siehe! Hier ist mehr denn Salomon. Der Geist und die Weisheit aller Weisen und aller Prophe- ten ist in Christus. Jeder einzele Prophet des alten Bundes ist ein Wunder Gottes; Ein Strahl seiner Herrlichkeit -- Erhaben, durch seine Weisheit, oder durch seinen Muth und Eifer, oder durch seinen Glau- ben, oder durch seine Schicksale über sein Zeitalter und die gewöhnlichen Menschen. Aber jeder war und blieb doch noch ein schwacher Mensch -- Alle zusammenge- nommen hatten nicht so viele Weisheit, so viel Güte, so viel Herz, für Gott und Menschen, so viel Tugend und Kraft, wie der Meßias. Und wie abergläubisch verehr- ten die Juden ihre alten Propheten, so wenig sie auch ihren Predigten Folge leisteten! Was hätte Christus von ihnen erwarten sollen! Er, in dem aller Schäze der Weisheit und der Erkenntniß verborgen la- gen? -- Das Beßte, was an Jonas war, und die höchste Weisheit Salomons war doch wie Nichts ge- gen Christus Weisheit und Güte. Jonas war un- geduldig und mißmuthig, daß Gott seine schreckliche Weissagung nicht erfüllt hatte, und Ninive nicht un- tergieng -- Jesus weynete über Jerusalem, daß sie untergehen sollte. Jonas that kein Wunder; Salo-
mo
Matthäus XII.
verdammen, denn ſie thaten Buſſe nach der Pre- digt Jonas. Und ſiehe! Hier iſt mehr, denn Jo- nas. Die Königinn von Mittag wird am jüng- ſten Gerichte mit dieſem Geſchlecht auftreten, und wird es verdammen, denn ſie kam vom En- de der Erde, die Weisheit Salomons zu hören, und ſiehe! Hier iſt mehr denn Salomon. Der Geiſt und die Weisheit aller Weiſen und aller Prophe- ten iſt in Chriſtus. Jeder einzele Prophet des alten Bundes iſt ein Wunder Gottes; Ein Strahl ſeiner Herrlichkeit — Erhaben, durch ſeine Weisheit, oder durch ſeinen Muth und Eifer, oder durch ſeinen Glau- ben, oder durch ſeine Schickſale über ſein Zeitalter und die gewöhnlichen Menſchen. Aber jeder war und blieb doch noch ein ſchwacher Menſch — Alle zuſammenge- nommen hatten nicht ſo viele Weisheit, ſo viel Güte, ſo viel Herz, für Gott und Menſchen, ſo viel Tugend und Kraft, wie der Meßias. Und wie abergläubiſch verehr- ten die Juden ihre alten Propheten, ſo wenig ſie auch ihren Predigten Folge leiſteten! Was hätte Chriſtus von ihnen erwarten ſollen! Er, in dem aller Schäze der Weisheit und der Erkenntniß verborgen la- gen? — Das Beßte, was an Jonas war, und die höchſte Weisheit Salomons war doch wie Nichts ge- gen Chriſtus Weisheit und Güte. Jonas war un- geduldig und mißmuthig, daß Gott ſeine ſchreckliche Weiſſagung nicht erfüllt hatte, und Ninive nicht un- tergieng — Jeſus weynete über Jeruſalem, daß ſie untergehen ſollte. Jonas that kein Wunder; Salo-
mo
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0202"n="174[194]"/><fwplace="top"type="header">Matthäus <hirendition="#aq">XII.</hi></fw><lb/><hirendition="#fr">verdammen, denn ſie thaten Buſſe nach der Pre-<lb/>
digt Jonas. Und ſiehe! Hier iſt mehr, denn Jo-<lb/>
nas. Die Königinn von Mittag wird am jüng-<lb/>ſten Gerichte mit dieſem Geſchlecht auftreten,<lb/>
und wird es verdammen, denn ſie kam vom En-<lb/>
de der Erde, die Weisheit Salomons zu hören,<lb/>
und ſiehe! Hier iſt mehr denn Salomon.</hi> Der<lb/>
Geiſt und die Weisheit aller Weiſen und aller Prophe-<lb/>
ten iſt in Chriſtus. Jeder einzele Prophet des alten<lb/>
Bundes iſt ein Wunder Gottes; Ein Strahl ſeiner<lb/>
Herrlichkeit — Erhaben, durch ſeine Weisheit, oder<lb/>
durch ſeinen Muth und Eifer, oder durch ſeinen Glau-<lb/>
ben, oder durch ſeine Schickſale über ſein Zeitalter und<lb/>
die gewöhnlichen Menſchen. Aber jeder war und blieb<lb/>
doch noch ein ſchwacher Menſch — Alle zuſammenge-<lb/>
nommen hatten nicht ſo viele Weisheit, ſo viel Güte, ſo<lb/>
viel Herz, für Gott und Menſchen, ſo viel Tugend und<lb/>
Kraft, wie der Meßias. Und wie abergläubiſch verehr-<lb/>
ten die Juden ihre alten Propheten, ſo wenig ſie auch<lb/>
ihren Predigten Folge leiſteten! Was hätte <hirendition="#fr">Chriſtus</hi><lb/>
von ihnen erwarten ſollen! Er, in <hirendition="#fr">dem aller Schäze<lb/>
der Weisheit und der Erkenntniß verborgen la-<lb/>
gen?</hi>— Das Beßte, was <hirendition="#fr">an Jonas</hi> war, und die<lb/>
höchſte Weisheit <hirendition="#fr">Salomons</hi> war doch wie Nichts ge-<lb/>
gen <hirendition="#fr">Chriſtus</hi> Weisheit und Güte. <hirendition="#fr">Jonas</hi> war un-<lb/>
geduldig und mißmuthig, daß Gott ſeine ſchreckliche<lb/>
Weiſſagung nicht erfüllt hatte, und <hirendition="#fr">Ninive</hi> nicht un-<lb/>
tergieng —<hirendition="#fr">Jeſus</hi> weynete über <hirendition="#fr">Jeruſalem,</hi> daß ſie<lb/>
untergehen ſollte. <hirendition="#fr">Jonas</hi> that kein Wunder; <hirendition="#fr">Salo-</hi><lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#fr">mo</hi></fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[174[194]/0202]
Matthäus XII.
verdammen, denn ſie thaten Buſſe nach der Pre-
digt Jonas. Und ſiehe! Hier iſt mehr, denn Jo-
nas. Die Königinn von Mittag wird am jüng-
ſten Gerichte mit dieſem Geſchlecht auftreten,
und wird es verdammen, denn ſie kam vom En-
de der Erde, die Weisheit Salomons zu hören,
und ſiehe! Hier iſt mehr denn Salomon. Der
Geiſt und die Weisheit aller Weiſen und aller Prophe-
ten iſt in Chriſtus. Jeder einzele Prophet des alten
Bundes iſt ein Wunder Gottes; Ein Strahl ſeiner
Herrlichkeit — Erhaben, durch ſeine Weisheit, oder
durch ſeinen Muth und Eifer, oder durch ſeinen Glau-
ben, oder durch ſeine Schickſale über ſein Zeitalter und
die gewöhnlichen Menſchen. Aber jeder war und blieb
doch noch ein ſchwacher Menſch — Alle zuſammenge-
nommen hatten nicht ſo viele Weisheit, ſo viel Güte, ſo
viel Herz, für Gott und Menſchen, ſo viel Tugend und
Kraft, wie der Meßias. Und wie abergläubiſch verehr-
ten die Juden ihre alten Propheten, ſo wenig ſie auch
ihren Predigten Folge leiſteten! Was hätte Chriſtus
von ihnen erwarten ſollen! Er, in dem aller Schäze
der Weisheit und der Erkenntniß verborgen la-
gen? — Das Beßte, was an Jonas war, und die
höchſte Weisheit Salomons war doch wie Nichts ge-
gen Chriſtus Weisheit und Güte. Jonas war un-
geduldig und mißmuthig, daß Gott ſeine ſchreckliche
Weiſſagung nicht erfüllt hatte, und Ninive nicht un-
tergieng — Jeſus weynete über Jeruſalem, daß ſie
untergehen ſollte. Jonas that kein Wunder; Salo-
mo
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang:
Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 174[194]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/202>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.