Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

Matthäus X.
ehret, ehret den Sendenden. Wer ihn entehret, entehrt
seinen Herrn. Christus kommt zu den Menschen in
seinen Boten; Wie Gott in Ihm zu uns kam. Gott
kann nicht eigentlicher, nicht näher zu uns kommen, als
in Christus. Christus nicht eigentlicher und näher
uns erscheinen, als in Seinen Aposteln. Was wir de-
nen thun, thun wir Ihm; Was wir denen nicht thun,
Ihm nicht. Die Vergeltung der Zukunft wird unserm
Sinn und Betragen gemäß seyn. Nicht die That,
nicht die äussere Form der That an sich wird unsere Be-
lohnung bestimmen. Die Absicht, die Seele der That,
wird ihren Werth und ihre Belohnung bestimmen. Wie
die Absicht: So die Belohnung. Das Wenigste, mit
christlichem Sinn gethan, wird höher geachtet und
herrlicher belohnt werden, als etwas, das an sich viel
glänzender ist, wenn es ohne diesen christlichen Sinn voll-
bracht ist. Wie sehr hoch hält also Christus die Seele,
die Absicht, den Geist unserer Handlungen! Und wie er-
haben sind die Belohnungen, die der zu erwarten hat, der
in einem gerechten, reinen, würdigen Sinn handelt!...
Diese Stelle ist, nach meinem Gefühle, eine der erhaben-
sten, tiefsten und geistreichsten. Sie schliesst uns über
Gottes Sinn und Handelnsweise vieles auf. Sie zeigt
uns seine Manier, unsre Thaten anzusehen; Seine Me-
thode und Art, nach welcher er richten, und willkührliche
Belohnungen austheilen wird. Wer einem deswegen
Gutes thut, weil er ihn für einen gerechten, geraden,
rechtschaffenen Mann hält; Der ehret also, so viel an
Ihm liegt, die Gerechtigkeit. Er hat Sinn für die

Ge-

Matthäus X.
ehret, ehret den Sendenden. Wer ihn entehret, entehrt
ſeinen Herrn. Chriſtus kommt zu den Menſchen in
ſeinen Boten; Wie Gott in Ihm zu uns kam. Gott
kann nicht eigentlicher, nicht näher zu uns kommen, als
in Chriſtus. Chriſtus nicht eigentlicher und näher
uns erſcheinen, als in Seinen Apoſteln. Was wir de-
nen thun, thun wir Ihm; Was wir denen nicht thun,
Ihm nicht. Die Vergeltung der Zukunft wird unſerm
Sinn und Betragen gemäß ſeyn. Nicht die That,
nicht die äuſſere Form der That an ſich wird unſere Be-
lohnung beſtimmen. Die Abſicht, die Seele der That,
wird ihren Werth und ihre Belohnung beſtimmen. Wie
die Abſicht: So die Belohnung. Das Wenigſte, mit
chriſtlichem Sinn gethan, wird höher geachtet und
herrlicher belohnt werden, als etwas, das an ſich viel
glänzender iſt, wenn es ohne dieſen chriſtlichen Sinn voll-
bracht iſt. Wie ſehr hoch hält alſo Chriſtus die Seele,
die Abſicht, den Geiſt unſerer Handlungen! Und wie er-
haben ſind die Belohnungen, die der zu erwarten hat, der
in einem gerechten, reinen, würdigen Sinn handelt!...
Dieſe Stelle iſt, nach meinem Gefühle, eine der erhaben-
ſten, tiefſten und geiſtreichſten. Sie ſchlieſſt uns über
Gottes Sinn und Handelnsweiſe vieles auf. Sie zeigt
uns ſeine Manier, unſre Thaten anzuſehen; Seine Me-
thode und Art, nach welcher er richten, und willkührliche
Belohnungen austheilen wird. Wer einem deswegen
Gutes thut, weil er ihn für einen gerechten, geraden,
rechtſchaffenen Mann hält; Der ehret alſo, ſo viel an
Ihm liegt, die Gerechtigkeit. Er hat Sinn für die

Ge-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0170" n="142[162]"/><fw place="top" type="header">Matthäus <hi rendition="#aq">X.</hi></fw><lb/>
ehret, ehret den Sendenden. Wer ihn entehret, entehrt<lb/>
&#x017F;einen Herrn. <hi rendition="#fr">Chri&#x017F;tus</hi> kommt zu den Men&#x017F;chen in<lb/>
&#x017F;einen Boten; Wie Gott in Ihm zu uns kam. Gott<lb/>
kann nicht eigentlicher, nicht näher zu uns kommen, als<lb/>
in <hi rendition="#fr">Chri&#x017F;tus. Chri&#x017F;tus</hi> nicht eigentlicher und näher<lb/>
uns er&#x017F;cheinen, als in Seinen Apo&#x017F;teln. Was wir de-<lb/>
nen thun, thun wir Ihm; Was wir denen nicht thun,<lb/>
Ihm nicht. Die Vergeltung der Zukunft wird un&#x017F;erm<lb/>
Sinn und Betragen gemäß &#x017F;eyn. Nicht die That,<lb/>
nicht die äu&#x017F;&#x017F;ere Form der That an &#x017F;ich wird un&#x017F;ere Be-<lb/>
lohnung be&#x017F;timmen. Die Ab&#x017F;icht, die Seele der That,<lb/>
wird ihren Werth und ihre Belohnung be&#x017F;timmen. Wie<lb/>
die Ab&#x017F;icht: So die Belohnung. Das Wenig&#x017F;te, mit<lb/><hi rendition="#fr">chri&#x017F;tlichem</hi> Sinn gethan, wird höher geachtet und<lb/>
herrlicher belohnt werden, als etwas, das an &#x017F;ich viel<lb/>
glänzender i&#x017F;t, wenn es ohne die&#x017F;en chri&#x017F;tlichen Sinn voll-<lb/>
bracht i&#x017F;t. Wie &#x017F;ehr hoch hält al&#x017F;o <hi rendition="#fr">Chri&#x017F;tus</hi> die Seele,<lb/>
die Ab&#x017F;icht, den Gei&#x017F;t un&#x017F;erer Handlungen! Und wie er-<lb/>
haben &#x017F;ind die Belohnungen, die der zu erwarten hat, der<lb/>
in einem gerechten, reinen, würdigen Sinn handelt!...<lb/>
Die&#x017F;e Stelle i&#x017F;t, nach meinem Gefühle, eine der erhaben-<lb/>
&#x017F;ten, tief&#x017F;ten und gei&#x017F;treich&#x017F;ten. Sie &#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;t uns über<lb/>
Gottes Sinn und Handelnswei&#x017F;e vieles auf. Sie zeigt<lb/>
uns &#x017F;eine Manier, un&#x017F;re Thaten anzu&#x017F;ehen; Seine Me-<lb/>
thode und Art, nach welcher er richten, und willkührliche<lb/>
Belohnungen austheilen wird. Wer einem deswegen<lb/>
Gutes thut, weil er ihn für einen <hi rendition="#fr">gerechten,</hi> geraden,<lb/>
recht&#x017F;chaffenen Mann hält; Der ehret al&#x017F;o, &#x017F;o viel an<lb/>
Ihm liegt, die Gerechtigkeit. Er hat Sinn für die<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Ge-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[142[162]/0170] Matthäus X. ehret, ehret den Sendenden. Wer ihn entehret, entehrt ſeinen Herrn. Chriſtus kommt zu den Menſchen in ſeinen Boten; Wie Gott in Ihm zu uns kam. Gott kann nicht eigentlicher, nicht näher zu uns kommen, als in Chriſtus. Chriſtus nicht eigentlicher und näher uns erſcheinen, als in Seinen Apoſteln. Was wir de- nen thun, thun wir Ihm; Was wir denen nicht thun, Ihm nicht. Die Vergeltung der Zukunft wird unſerm Sinn und Betragen gemäß ſeyn. Nicht die That, nicht die äuſſere Form der That an ſich wird unſere Be- lohnung beſtimmen. Die Abſicht, die Seele der That, wird ihren Werth und ihre Belohnung beſtimmen. Wie die Abſicht: So die Belohnung. Das Wenigſte, mit chriſtlichem Sinn gethan, wird höher geachtet und herrlicher belohnt werden, als etwas, das an ſich viel glänzender iſt, wenn es ohne dieſen chriſtlichen Sinn voll- bracht iſt. Wie ſehr hoch hält alſo Chriſtus die Seele, die Abſicht, den Geiſt unſerer Handlungen! Und wie er- haben ſind die Belohnungen, die der zu erwarten hat, der in einem gerechten, reinen, würdigen Sinn handelt!... Dieſe Stelle iſt, nach meinem Gefühle, eine der erhaben- ſten, tiefſten und geiſtreichſten. Sie ſchlieſſt uns über Gottes Sinn und Handelnsweiſe vieles auf. Sie zeigt uns ſeine Manier, unſre Thaten anzuſehen; Seine Me- thode und Art, nach welcher er richten, und willkührliche Belohnungen austheilen wird. Wer einem deswegen Gutes thut, weil er ihn für einen gerechten, geraden, rechtſchaffenen Mann hält; Der ehret alſo, ſo viel an Ihm liegt, die Gerechtigkeit. Er hat Sinn für die Ge-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/170
Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 142[162]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/170>, abgerufen am 22.11.2024.