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Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783.

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Matthäus X.
gelehret werden? Wie überköniglich froh und mächtig ist
ein Mensch, der den Werth eines Haares in Gottes Au-
gen kennt? Den Werth eines Sperlings -- und den
Werth eines ganzen unsterblichen Menschen? Wenn das
allergeringste einen Werth hat in den Augen des, der
allein weise ist, aller Wesen wahren Werth zu bestim-
men -- Welchen Werth müssen wir -- Menschen
in seinen Augen haben? -- Was Gott hervorgebracht
hat, kann an sich nicht gering und unbedeutend seyn.
Was würdig war, von Ihm hervorgebracht zu werden,
ist auch seiner Aufsicht und besondersten Fürsehung wür-
dig. Kein Pinselzug eines grossen Meisters ist um-
sonst -- obgleich tausend von unverständigen Augen
übersenhen werden. So oft ich dies Wort des Herrn:
Alle Haare sind gezählt, beherzige, hab' ich Respekt
für jegliches Haar; Und so oft ich des Morgens mein
Haar kämme, freut's mich, daß Keins davon, ohne
den Willen des Vaters aller, über alles, in allen,
auf die Erde fällt.
-- Was bin ich in seinen Au-
gen, wenn Ein mit Eckel weggeworfnes Härchen ein
Gegenstand seiner Aufmerksamkeit ist?

89.
Bekenntniß und Verläugnung Jesus.
Matth. X.
32. 33.

Wer mich bekennt vor den Menschen, den
will ich bekennen vor meinem himmlischen Va-
ter. Wer mich aber verläugnet vor den Men-
schen, den will ich auch verläugnen vor meinem
himmlischen Vater.
So groß will Christus in den

Augen

Matthäus X.
gelehret werden? Wie überköniglich froh und mächtig iſt
ein Menſch, der den Werth eines Haares in Gottes Au-
gen kennt? Den Werth eines Sperlings — und den
Werth eines ganzen unſterblichen Menſchen? Wenn das
allergeringſte einen Werth hat in den Augen des, der
allein weiſe iſt, aller Weſen wahren Werth zu beſtim-
men — Welchen Werth müſſen wir — Menſchen
in ſeinen Augen haben? — Was Gott hervorgebracht
hat, kann an ſich nicht gering und unbedeutend ſeyn.
Was würdig war, von Ihm hervorgebracht zu werden,
iſt auch ſeiner Aufſicht und beſonderſten Fürſehung wür-
dig. Kein Pinſelzug eines groſſen Meiſters iſt um-
ſonſt — obgleich tauſend von unverſtändigen Augen
überſẽhen werden. So oft ich dies Wort des Herrn:
Alle Haare ſind gezählt, beherzige, hab’ ich Reſpekt
für jegliches Haar; Und ſo oft ich des Morgens mein
Haar kämme, freut’s mich, daß Keins davon, ohne
den Willen des Vaters aller, über alles, in allen,
auf die Erde fällt.
— Was bin ich in ſeinen Au-
gen, wenn Ein mit Eckel weggeworfnes Härchen ein
Gegenſtand ſeiner Aufmerkſamkeit iſt?

89.
Bekenntniß und Verläugnung Jeſus.
Matth. X.
32. 33.

Wer mich bekennt vor den Menſchen, den
will ich bekennen vor meinem himmliſchen Va-
ter. Wer mich aber verläugnet vor den Men-
ſchen, den will ich auch verläugnen vor meinem
himmliſchen Vater.
So groß will Chriſtus in den

Augen
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[132[152]/0160] Matthäus X. gelehret werden? Wie überköniglich froh und mächtig iſt ein Menſch, der den Werth eines Haares in Gottes Au- gen kennt? Den Werth eines Sperlings — und den Werth eines ganzen unſterblichen Menſchen? Wenn das allergeringſte einen Werth hat in den Augen des, der allein weiſe iſt, aller Weſen wahren Werth zu beſtim- men — Welchen Werth müſſen wir — Menſchen in ſeinen Augen haben? — Was Gott hervorgebracht hat, kann an ſich nicht gering und unbedeutend ſeyn. Was würdig war, von Ihm hervorgebracht zu werden, iſt auch ſeiner Aufſicht und beſonderſten Fürſehung wür- dig. Kein Pinſelzug eines groſſen Meiſters iſt um- ſonſt — obgleich tauſend von unverſtändigen Augen überſẽhen werden. So oft ich dies Wort des Herrn: Alle Haare ſind gezählt, beherzige, hab’ ich Reſpekt für jegliches Haar; Und ſo oft ich des Morgens mein Haar kämme, freut’s mich, daß Keins davon, ohne den Willen des Vaters aller, über alles, in allen, auf die Erde fällt. — Was bin ich in ſeinen Au- gen, wenn Ein mit Eckel weggeworfnes Härchen ein Gegenſtand ſeiner Aufmerkſamkeit iſt? 89. Bekenntniß und Verläugnung Jeſus. Wer mich bekennt vor den Menſchen, den will ich bekennen vor meinem himmliſchen Va- ter. Wer mich aber verläugnet vor den Men- ſchen, den will ich auch verläugnen vor meinem himmliſchen Vater. So groß will Chriſtus in den Augen

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Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 132[152]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/160>, abgerufen am 25.11.2024.