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Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783.

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Matthäus VIII.

So ganz lebte Er im Sorgenfreysten Vertrauen
auf Gott und seine Fürsorge, daß Er sich keinen Tag
um sein Nachtlager bekümmert; Fand Er jemand, der
Ihn aufnahm, wie etwa Martha und Maria, so
nahm Er's einfältig und dankbar an. Fand Er nicht,
wo Er sich unter ein sicher Dach hinlegen konnte, so
war die Erde sein Bette, und der Himmel seine Decke.
Der Herr der Erde hatte nichts an der Erde. Alles war sein,
die Erde und was auf und unter der Erde ist -- Aber Er
wollte sich üben, alles dessen zu entbehren, was Sein war.
Der Alleinreiche, Alleinbereicherer aller Armen und Reichen,
war buchstäblich bettelarm, und ohne daß Er betteln
mußte, hatte Er doch alle Tage mit seinen Zwölfen so
vollkommen genug, daß Er sie am Ende fragen konnte:
Luc. XII. 35.So oft Ich euch gesandt habe, ohne Beutel, oh-
ne Tasche und ohne Schuh, habt ihr auch je
Mangel gehabt?
-- -- Der Nachfolger Christi
lernt's von Ihm, mit allem, was Er hat und nicht hat,
zufrieden zu seyn. Der, der sagen konnte: Seyd mei-
ne Nachfolger, gleichwie Ich Christi;
soll es uns
lehren -- Ihm mit immer mehr Wahrheit nachzusprechen
Phil. IV.
11-13.
Ich habe gelernt, bey dem, was ich habe, mir
genügen zu lassen. Ich kann niedrig seyn und
kann hoch seyn. Ich bin in allen Dingen und
zu allem geschickt, beyde satt seyn und hungern,
beydes, übrig haben und Mangel leiden. Ich
vermag alles durch den, der mich mächtig ma-
chet, Christus.

59. Harte
Matthäus VIII.

So ganz lebte Er im Sorgenfreyſten Vertrauen
auf Gott und ſeine Fürſorge, daß Er ſich keinen Tag
um ſein Nachtlager bekümmert; Fand Er jemand, der
Ihn aufnahm, wie etwa Martha und Maria, ſo
nahm Er’s einfältig und dankbar an. Fand Er nicht,
wo Er ſich unter ein ſicher Dach hinlegen konnte, ſo
war die Erde ſein Bette, und der Himmel ſeine Decke.
Der Herr der Erde hatte nichts an der Erde. Alles war ſein,
die Erde und was auf und unter der Erde iſt — Aber Er
wollte ſich üben, alles deſſen zu entbehren, was Sein war.
Der Alleinreiche, Alleinbereicherer aller Armen und Reichen,
war buchſtäblich bettelarm, und ohne daß Er betteln
mußte, hatte Er doch alle Tage mit ſeinen Zwölfen ſo
vollkommen genug, daß Er ſie am Ende fragen konnte:
Luc. XII. 35.So oft Ich euch geſandt habe, ohne Beutel, oh-
ne Taſche und ohne Schuh, habt ihr auch je
Mangel gehabt?
— — Der Nachfolger Chriſti
lernt’s von Ihm, mit allem, was Er hat und nicht hat,
zufrieden zu ſeyn. Der, der ſagen konnte: Seyd mei-
ne Nachfolger, gleichwie Ich Chriſti;
ſoll es uns
lehren — Ihm mit immer mehr Wahrheit nachzuſprechen
Phil. IV.
11-13.
Ich habe gelernt, bey dem, was ich habe, mir
genügen zu laſſen. Ich kann niedrig ſeyn und
kann hoch ſeyn. Ich bin in allen Dingen und
zu allem geſchickt, beyde ſatt ſeyn und hungern,
beydes, übrig haben und Mangel leiden. Ich
vermag alles durch den, der mich mächtig ma-
chet, Chriſtus.

59. Harte
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[90[110]/0118] Matthäus VIII. So ganz lebte Er im Sorgenfreyſten Vertrauen auf Gott und ſeine Fürſorge, daß Er ſich keinen Tag um ſein Nachtlager bekümmert; Fand Er jemand, der Ihn aufnahm, wie etwa Martha und Maria, ſo nahm Er’s einfältig und dankbar an. Fand Er nicht, wo Er ſich unter ein ſicher Dach hinlegen konnte, ſo war die Erde ſein Bette, und der Himmel ſeine Decke. Der Herr der Erde hatte nichts an der Erde. Alles war ſein, die Erde und was auf und unter der Erde iſt — Aber Er wollte ſich üben, alles deſſen zu entbehren, was Sein war. Der Alleinreiche, Alleinbereicherer aller Armen und Reichen, war buchſtäblich bettelarm, und ohne daß Er betteln mußte, hatte Er doch alle Tage mit ſeinen Zwölfen ſo vollkommen genug, daß Er ſie am Ende fragen konnte: So oft Ich euch geſandt habe, ohne Beutel, oh- ne Taſche und ohne Schuh, habt ihr auch je Mangel gehabt? — — Der Nachfolger Chriſti lernt’s von Ihm, mit allem, was Er hat und nicht hat, zufrieden zu ſeyn. Der, der ſagen konnte: Seyd mei- ne Nachfolger, gleichwie Ich Chriſti; ſoll es uns lehren — Ihm mit immer mehr Wahrheit nachzuſprechen Ich habe gelernt, bey dem, was ich habe, mir genügen zu laſſen. Ich kann niedrig ſeyn und kann hoch ſeyn. Ich bin in allen Dingen und zu allem geſchickt, beyde ſatt ſeyn und hungern, beydes, übrig haben und Mangel leiden. Ich vermag alles durch den, der mich mächtig ma- chet, Chriſtus. Luc. XII. 35. Phil. IV. 11-13. 59. Harte

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Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 90[110]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/118>, abgerufen am 04.09.2024.