Die Studenten hätten nun, selbst nach studenti- schen Begriffen, ruhig seyn sollen, aber der Brey- han wirkte in ihren Köpfen, und beleidigende Re- den von Philistergrob, Philistermenschern, Gno- tenzeug u. s. w. wurden von ihnen ausgestoßen. Endlich beleidigten sie die Frau eines Branntewein- brenners thätlich, und nun gings an ein Katzbal- gen, wobey aber die Musensöhne den Kürzern zo- gen, und zum Tanzsaal hinausgedrängt wurden.
Alles war nun wieder ruhig, und ich sezte mich in eine aparte Stube, um da mit einigen mir be- kannten Bürgern eine Butelle Breyhan auszuspie- len: niemand dachte daran, daß die Studenten wieder kommen würden, und schon waren viele Gäste nach der Stadt zurückgegangen, als auf einmal eine ganze Caravane Studenten auf der Mail erschien. Die beleidigten Herren waren nach Halle zurückgegangen, und hatten da den angetha- nen Schimpf ihren Bekannten mitgetheilt, worauf einige lustigen Brüder durch alle Straßen liefen, und durch das fürchterliche Geschrey: Bursch raus, Bursch raus! alles alarmirten. Die Meisten liefen mit, ohne zu wissen, wohin, und ohne die Ursache einzusehen, warum sie zu einem Burschen- kriege aufgefordert wurden. So pflegt es aber überhaupt bey Studentenkriegen zu gehen: sie han- deln ohne zu wissen warum?
Die Studenten haͤtten nun, ſelbſt nach ſtudenti- ſchen Begriffen, ruhig ſeyn ſollen, aber der Brey- han wirkte in ihren Koͤpfen, und beleidigende Re- den von Philiſtergrob, Philiſtermenſchern, Gno- tenzeug u. ſ. w. wurden von ihnen ausgeſtoßen. Endlich beleidigten ſie die Frau eines Branntewein- brenners thaͤtlich, und nun gings an ein Katzbal- gen, wobey aber die Muſenſoͤhne den Kuͤrzern zo- gen, und zum Tanzſaal hinausgedraͤngt wurden.
Alles war nun wieder ruhig, und ich ſezte mich in eine aparte Stube, um da mit einigen mir be- kannten Buͤrgern eine Butelle Breyhan auszuſpie- len: niemand dachte daran, daß die Studenten wieder kommen wuͤrden, und ſchon waren viele Gaͤſte nach der Stadt zuruͤckgegangen, als auf einmal eine ganze Caravane Studenten auf der Mail erſchien. Die beleidigten Herren waren nach Halle zuruͤckgegangen, und hatten da den angetha- nen Schimpf ihren Bekannten mitgetheilt, worauf einige luſtigen Bruͤder durch alle Straßen liefen, und durch das fuͤrchterliche Geſchrey: Burſch raus, Burſch raus! alles alarmirten. Die Meiſten liefen mit, ohne zu wiſſen, wohin, und ohne die Urſache einzuſehen, warum ſie zu einem Burſchen- kriege aufgefordert wurden. So pflegt es aber uͤberhaupt bey Studentenkriegen zu gehen: ſie han- deln ohne zu wiſſen warum?
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Die Studenten haͤtten nun, ſelbſt nach ſtudenti-
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han wirkte in ihren Koͤpfen, und beleidigende Re-
den von Philiſtergrob, Philiſtermenſchern, Gno-
tenzeug u. ſ. w. wurden von ihnen ausgeſtoßen.
Endlich beleidigten ſie die Frau eines Branntewein-
brenners thaͤtlich, und nun gings an ein Katzbal-
gen, wobey aber die Muſenſoͤhne den Kuͤrzern zo-
gen, und zum Tanzſaal hinausgedraͤngt wurden.
Alles war nun wieder ruhig, und ich ſezte mich
in eine aparte Stube, um da mit einigen mir be-
kannten Buͤrgern eine Butelle Breyhan auszuſpie-
len: niemand dachte daran, daß die Studenten
wieder kommen wuͤrden, und ſchon waren viele
Gaͤſte nach der Stadt zuruͤckgegangen, als auf
einmal eine ganze Caravane Studenten auf der
Mail erſchien. Die beleidigten Herren waren nach
Halle zuruͤckgegangen, und hatten da den angetha-
nen Schimpf ihren Bekannten mitgetheilt, worauf
einige luſtigen Bruͤder durch alle Straßen liefen, und
durch das fuͤrchterliche Geſchrey: Burſch raus,
Burſch raus! alles alarmirten. Die Meiſten
liefen mit, ohne zu wiſſen, wohin, und ohne die
Urſache einzuſehen, warum ſie zu einem Burſchen-
kriege aufgefordert wurden. So pflegt es aber
uͤberhaupt bey Studentenkriegen zu gehen: ſie han-
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/58>, abgerufen am 23.11.2024.
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