daß er Unrecht habe, grade das nur für Recht zu halten, was ihm so vorkomme, aber nun sprühte er Feuer und Flammen, und schimpfte sogar auf die Gesetze selbst, welche nach seiner Meynung äußerst schief und unvollkommen abgefaßet wären. "Gebt uns nur richtige Gesetze, fuhr er fort, und die Ad- vokaten werden bald mit ihrem Links- und Rechts- machen auf dem Mist seyn: aber bey solchen Ge- setzen, wie wir haben, finden die Kerle vollkom- menen Spielraum für alle ihre Streiche.
Den Gesetzgebern mußte es darum zu thun seyn, den Gerichtshöfen etwas zu verdienen zu ge- ben; daher haben sie auch alles so auf Schrauben gestellt, daß jeder Advokat und jeder Richter leicht ein X für ein U machen kann."
Ich mogte dem räsonnirenden Obrist nicht in allen Stücken Recht geben, aber durchaus mogte ich ihm auch nicht widersprechen, und legte mich daher aufs Distinguiren; aber Herr von Schmid war kein Freund vom Distinguiren, und daher ge- riethen wir nicht selten heftig an einander.
Auf die Franzosen war er vollends nicht gut zu sprechen, und schimpfte bey jeder Gelegenheit auf sie: wenn er ein Commando im Kriege wider diese Freyheitsracker gehabt hätte, so würde er, wie er bey allen Teufeln oft genug versicherte, die Bursche schon kurranzt haben, weder Bonaparte noch Piche-
daß er Unrecht habe, grade das nur fuͤr Recht zu halten, was ihm ſo vorkomme, aber nun ſpruͤhte er Feuer und Flammen, und ſchimpfte ſogar auf die Geſetze ſelbſt, welche nach ſeiner Meynung aͤußerſt ſchief und unvollkommen abgefaßet waͤren. „Gebt uns nur richtige Geſetze, fuhr er fort, und die Ad- vokaten werden bald mit ihrem Links- und Rechts- machen auf dem Miſt ſeyn: aber bey ſolchen Ge- ſetzen, wie wir haben, finden die Kerle vollkom- menen Spielraum fuͤr alle ihre Streiche.
Den Geſetzgebern mußte es darum zu thun ſeyn, den Gerichtshoͤfen etwas zu verdienen zu ge- ben; daher haben ſie auch alles ſo auf Schrauben geſtellt, daß jeder Advokat und jeder Richter leicht ein X fuͤr ein U machen kann.“
Ich mogte dem raͤſonnirenden Obriſt nicht in allen Stuͤcken Recht geben, aber durchaus mogte ich ihm auch nicht widerſprechen, und legte mich daher aufs Diſtinguiren; aber Herr von Schmid war kein Freund vom Diſtinguiren, und daher ge- riethen wir nicht ſelten heftig an einander.
Auf die Franzoſen war er vollends nicht gut zu ſprechen, und ſchimpfte bey jeder Gelegenheit auf ſie: wenn er ein Commando im Kriege wider dieſe Freyheitsracker gehabt haͤtte, ſo wuͤrde er, wie er bey allen Teufeln oft genug verſicherte, die Burſche ſchon kurranzt haben, weder Bonaparte noch Piche-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0052"n="44"/>
daß er Unrecht habe, grade das nur fuͤr Recht zu<lb/>
halten, was ihm ſo vorkomme, aber nun ſpruͤhte er<lb/>
Feuer und Flammen, und ſchimpfte ſogar auf die<lb/>
Geſetze ſelbſt, welche nach ſeiner Meynung aͤußerſt<lb/>ſchief und unvollkommen abgefaßet waͤren. „Gebt<lb/>
uns nur richtige Geſetze, fuhr er fort, und die Ad-<lb/>
vokaten werden bald mit ihrem Links- und Rechts-<lb/>
machen auf dem Miſt ſeyn: aber bey ſolchen Ge-<lb/>ſetzen, wie wir haben, finden die Kerle vollkom-<lb/>
menen Spielraum fuͤr alle ihre Streiche.</p><lb/><p>Den Geſetzgebern mußte es darum zu thun<lb/>ſeyn, den Gerichtshoͤfen etwas zu verdienen zu ge-<lb/>
ben; daher haben ſie auch alles ſo auf Schrauben<lb/>
geſtellt, daß jeder Advokat und jeder Richter leicht<lb/>
ein X fuͤr ein U machen kann.“</p><lb/><p>Ich mogte dem raͤſonnirenden Obriſt nicht in<lb/>
allen Stuͤcken Recht geben, aber durchaus mogte<lb/>
ich ihm auch nicht widerſprechen, und legte mich<lb/>
daher aufs Diſtinguiren; aber Herr von Schmid<lb/>
war kein Freund vom Diſtinguiren, und daher ge-<lb/>
riethen wir nicht ſelten heftig an einander.</p><lb/><p>Auf die Franzoſen war er vollends nicht gut zu<lb/>ſprechen, und ſchimpfte bey jeder Gelegenheit auf<lb/>ſie: wenn er ein Commando im Kriege wider dieſe<lb/>
Freyheitsracker gehabt haͤtte, ſo wuͤrde er, wie er<lb/>
bey allen Teufeln oft genug verſicherte, die Burſche<lb/>ſchon kurranzt haben, weder Bonaparte noch Piche-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[44/0052]
daß er Unrecht habe, grade das nur fuͤr Recht zu
halten, was ihm ſo vorkomme, aber nun ſpruͤhte er
Feuer und Flammen, und ſchimpfte ſogar auf die
Geſetze ſelbſt, welche nach ſeiner Meynung aͤußerſt
ſchief und unvollkommen abgefaßet waͤren. „Gebt
uns nur richtige Geſetze, fuhr er fort, und die Ad-
vokaten werden bald mit ihrem Links- und Rechts-
machen auf dem Miſt ſeyn: aber bey ſolchen Ge-
ſetzen, wie wir haben, finden die Kerle vollkom-
menen Spielraum fuͤr alle ihre Streiche.
Den Geſetzgebern mußte es darum zu thun
ſeyn, den Gerichtshoͤfen etwas zu verdienen zu ge-
ben; daher haben ſie auch alles ſo auf Schrauben
geſtellt, daß jeder Advokat und jeder Richter leicht
ein X fuͤr ein U machen kann.“
Ich mogte dem raͤſonnirenden Obriſt nicht in
allen Stuͤcken Recht geben, aber durchaus mogte
ich ihm auch nicht widerſprechen, und legte mich
daher aufs Diſtinguiren; aber Herr von Schmid
war kein Freund vom Diſtinguiren, und daher ge-
riethen wir nicht ſelten heftig an einander.
Auf die Franzoſen war er vollends nicht gut zu
ſprechen, und ſchimpfte bey jeder Gelegenheit auf
ſie: wenn er ein Commando im Kriege wider dieſe
Freyheitsracker gehabt haͤtte, ſo wuͤrde er, wie er
bey allen Teufeln oft genug verſicherte, die Burſche
ſchon kurranzt haben, weder Bonaparte noch Piche-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/52>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.