nicht erbaulich? Doch würde ich sehr sündigen, wenn ich nicht öffentlich gestehen wollte, daß es uns an jungen Männern nicht fehlt, welche den Wissen- schaften Ehre machen, und dereinst die Zierde der- selben seyn werden.
Zu bedauern ist es aber doch, daß die Theolo- gie in Halle, wo sonst ein Semmler lehrte, nun nach gerade zur Concordienformel zurück krebsgän- gert. Das alte Ding, System mit Unrecht ge- nannt, welches die Nicänischen und Chalcedonensi- schen Fratzen, nebst den Fratzen des h. Augustinus, Anselmus und Luthers Privatmeynungen und an- dre unverdaute Sätze aufstellt, wird unsern Stu- dierenden zur Schande des neunzehnten Jahrhun- derts noch immer vorgeleyert, und die jungen Män- ner, welche in ihren Schuljahren gescheidere Sa- chen gehört haben, mögen kratzen, scharren und lärmen, wie sie wollen, der Herr Professor hört doch nicht auf, ihnen die Erbsünde vorzudemon- striren, und die Zahl der Engel und der Teufel vorzurechnen.
O quantum est in rebus inane!
Zwey
nicht erbaulich? Doch wuͤrde ich ſehr ſuͤndigen, wenn ich nicht oͤffentlich geſtehen wollte, daß es uns an jungen Maͤnnern nicht fehlt, welche den Wiſſen- ſchaften Ehre machen, und dereinſt die Zierde der- ſelben ſeyn werden.
Zu bedauern iſt es aber doch, daß die Theolo- gie in Halle, wo ſonſt ein Semmler lehrte, nun nach gerade zur Concordienformel zuruͤck krebsgaͤn- gert. Das alte Ding, Syſtem mit Unrecht ge- nannt, welches die Nicaͤniſchen und Chalcedonenſi- ſchen Fratzen, nebſt den Fratzen des h. Auguſtinus, Anſelmus und Luthers Privatmeynungen und an- dre unverdaute Saͤtze aufſtellt, wird unſern Stu- dierenden zur Schande des neunzehnten Jahrhun- derts noch immer vorgeleyert, und die jungen Maͤn- ner, welche in ihren Schuljahren geſcheidere Sa- chen gehoͤrt haben, moͤgen kratzen, ſcharren und laͤrmen, wie ſie wollen, der Herr Profeſſor hoͤrt doch nicht auf, ihnen die Erbſuͤnde vorzudemon- ſtriren, und die Zahl der Engel und der Teufel vorzurechnen.
O quantum eſt in rebus inane!
Zwey
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nicht erbaulich? Doch wuͤrde ich ſehr ſuͤndigen, wenn
ich nicht oͤffentlich geſtehen wollte, daß es uns an
jungen Maͤnnern nicht fehlt, welche den Wiſſen-
ſchaften Ehre machen, und dereinſt die Zierde der-
ſelben ſeyn werden.
Zu bedauern iſt es aber doch, daß die Theolo-
gie in Halle, wo ſonſt ein Semmler lehrte, nun
nach gerade zur Concordienformel zuruͤck krebsgaͤn-
gert. Das alte Ding, Syſtem mit Unrecht ge-
nannt, welches die Nicaͤniſchen und Chalcedonenſi-
ſchen Fratzen, nebſt den Fratzen des h. Auguſtinus,
Anſelmus und Luthers Privatmeynungen und an-
dre unverdaute Saͤtze aufſtellt, wird unſern Stu-
dierenden zur Schande des neunzehnten Jahrhun-
derts noch immer vorgeleyert, und die jungen Maͤn-
ner, welche in ihren Schuljahren geſcheidere Sa-
chen gehoͤrt haben, moͤgen kratzen, ſcharren und
laͤrmen, wie ſie wollen, der Herr Profeſſor hoͤrt
doch nicht auf, ihnen die Erbſuͤnde vorzudemon-
ſtriren, und die Zahl der Engel und der Teufel
vorzurechnen.
O quantum eſt in rebus inane!
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/320>, abgerufen am 24.11.2024.
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