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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802.

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mir vorbey; als ich aber gegen das Rathhaus kam,
hielten mich einige Neppe an, welche, wie es
scheint, den Perificanten nachgerennt waren. "Was
wollt Ihr, fragte ich?" und die Neppe, welche
mich kennen mogten, sagten: "ach, Sie haben
gewiß nicht pereat geschrieen!" und ließen mich
gehen.

Nach und nach legte sich der Unwillen der Stu-
denten, und es scheint auch, daß die Obrigkeit von
der Strenge der Gesetze nachgelassen habe. So
wurden z. B. die Commerse nicht nur in der Stadt,
sondern auch auf den Dörfern, und namentlich zu
Riedeburg unter strengen Strafen untersagt. Das
war zwar schon öfter geschehen, aber dießmal
wurde sogar an die Sächsischen Gerichte deßwegen
requirirt. Nicht lange nachher, als dieser Befehl
angeschlagen worden war, hielten mehrere Stu-
denten in Riedeburg einen flotten Commers, und
der Herr Richter -- sahe zu, und gaudirte sich ob
der Fidelität. Nach dieser Zeit sind öfters Commerse
bey Herrn Zacharias Schmid in Riedeburg gehal-
ten worden, aber alle ohne Ahndung.

Mit den Ständchen oder Abendmusiken ging
es eben so. Diese waren streng verboten, aber die
Observanz hat sie wieder erlaubt gemacht: Oft-
mals fiel mir bey dergleichen Vorfällen die Stelle
aus dem Horatius bey:


mir vorbey; als ich aber gegen das Rathhaus kam,
hielten mich einige Neppe an, welche, wie es
ſcheint, den Perificanten nachgerennt waren. „Was
wollt Ihr, fragte ich?“ und die Neppe, welche
mich kennen mogten, ſagten: „ach, Sie haben
gewiß nicht pereat geſchrieen!“ und ließen mich
gehen.

Nach und nach legte ſich der Unwillen der Stu-
denten, und es ſcheint auch, daß die Obrigkeit von
der Strenge der Geſetze nachgelaſſen habe. So
wurden z. B. die Commerſe nicht nur in der Stadt,
ſondern auch auf den Doͤrfern, und namentlich zu
Riedeburg unter ſtrengen Strafen unterſagt. Das
war zwar ſchon oͤfter geſchehen, aber dießmal
wurde ſogar an die Saͤchſiſchen Gerichte deßwegen
requirirt. Nicht lange nachher, als dieſer Befehl
angeſchlagen worden war, hielten mehrere Stu-
denten in Riedeburg einen flotten Commers, und
der Herr Richter — ſahe zu, und gaudirte ſich ob
der Fidelitaͤt. Nach dieſer Zeit ſind oͤfters Commerſe
bey Herrn Zacharias Schmid in Riedeburg gehal-
ten worden, aber alle ohne Ahndung.

Mit den Staͤndchen oder Abendmuſiken ging
es eben ſo. Dieſe waren ſtreng verboten, aber die
Obſervanz hat ſie wieder erlaubt gemacht: Oft-
mals fiel mir bey dergleichen Vorfaͤllen die Stelle
aus dem Horatius bey:


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[308/0316] mir vorbey; als ich aber gegen das Rathhaus kam, hielten mich einige Neppe an, welche, wie es ſcheint, den Perificanten nachgerennt waren. „Was wollt Ihr, fragte ich?“ und die Neppe, welche mich kennen mogten, ſagten: „ach, Sie haben gewiß nicht pereat geſchrieen!“ und ließen mich gehen. Nach und nach legte ſich der Unwillen der Stu- denten, und es ſcheint auch, daß die Obrigkeit von der Strenge der Geſetze nachgelaſſen habe. So wurden z. B. die Commerſe nicht nur in der Stadt, ſondern auch auf den Doͤrfern, und namentlich zu Riedeburg unter ſtrengen Strafen unterſagt. Das war zwar ſchon oͤfter geſchehen, aber dießmal wurde ſogar an die Saͤchſiſchen Gerichte deßwegen requirirt. Nicht lange nachher, als dieſer Befehl angeſchlagen worden war, hielten mehrere Stu- denten in Riedeburg einen flotten Commers, und der Herr Richter — ſahe zu, und gaudirte ſich ob der Fidelitaͤt. Nach dieſer Zeit ſind oͤfters Commerſe bey Herrn Zacharias Schmid in Riedeburg gehal- ten worden, aber alle ohne Ahndung. Mit den Staͤndchen oder Abendmuſiken ging es eben ſo. Dieſe waren ſtreng verboten, aber die Obſervanz hat ſie wieder erlaubt gemacht: Oft- mals fiel mir bey dergleichen Vorfaͤllen die Stelle aus dem Horatius bey:

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/316>, abgerufen am 24.11.2024.