sprächen von Verbesserungen, welche der neue Ma- gistrat vornehmen würde. Es blieb jedoch alles ruhig, so ziemlich nämlich, bis gegen den Herbst 1801, wo die sogenannten Studentenkränzchen aufgehoben werden sollten.
Ehedem existirten in Halle eine große Menge Ordensbrüder, welche unter dem Namen der Uni- tisten und Constantisten vorzüglich bekannt waren. Es gab zwar auch zu gewissen Zeiten Inviolabi- listen, Desperatisten und andre Klicken mit selt- samen Namen, aber diese kamen vor jenen nicht recht auf, und unter andern nahm der Orden der Herren Desperatisten ein gar desperates Ende. Die Universität war immer aufmerksam auf die Ordens- verbindungen, und stellte mehrmals scharfe Unter- suchungen darwider an: aber ganz vertilgt wurden sie doch nie, bis es der Mehrheit der Studenten selbst einfiel, gegen die Orden zu agiren, und ih- nen ein derbes Bollwerk entgegen zu setzen. Dieses Contra gegen die Orden sollten die Kränzchen wer- den, welche die verschiedenen Landsmannschaften unter sich errichteten, und den Orden opponirten. Das Ding hatte den besten Erfolg; die Orden wur- den gewisser Maaßen infamisirt, und gingen so nach und nach ein, wenigstens wurden sie unsicht- bar, wie die unsichtbare christliche Kirche, und
ſpraͤchen von Verbeſſerungen, welche der neue Ma- giſtrat vornehmen wuͤrde. Es blieb jedoch alles ruhig, ſo ziemlich naͤmlich, bis gegen den Herbſt 1801, wo die ſogenannten Studentenkraͤnzchen aufgehoben werden ſollten.
Ehedem exiſtirten in Halle eine große Menge Ordensbruͤder, welche unter dem Namen der Uni- tiſten und Conſtantiſten vorzuͤglich bekannt waren. Es gab zwar auch zu gewiſſen Zeiten Inviolabi- liſten, Deſperatiſten und andre Klicken mit ſelt- ſamen Namen, aber dieſe kamen vor jenen nicht recht auf, und unter andern nahm der Orden der Herren Deſperatiſten ein gar deſperates Ende. Die Univerſitaͤt war immer aufmerkſam auf die Ordens- verbindungen, und ſtellte mehrmals ſcharfe Unter- ſuchungen darwider an: aber ganz vertilgt wurden ſie doch nie, bis es der Mehrheit der Studenten ſelbſt einfiel, gegen die Orden zu agiren, und ih- nen ein derbes Bollwerk entgegen zu ſetzen. Dieſes Contra gegen die Orden ſollten die Kraͤnzchen wer- den, welche die verſchiedenen Landsmannſchaften unter ſich errichteten, und den Orden opponirten. Das Ding hatte den beſten Erfolg; die Orden wur- den gewiſſer Maaßen infamiſirt, und gingen ſo nach und nach ein, wenigſtens wurden ſie unſicht- bar, wie die unſichtbare chriſtliche Kirche, und
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0311"n="303"/>ſpraͤchen von Verbeſſerungen, welche der neue Ma-<lb/>
giſtrat vornehmen wuͤrde. Es blieb jedoch alles<lb/>
ruhig, ſo ziemlich naͤmlich, bis gegen den Herbſt<lb/>
1801, wo die ſogenannten Studentenkraͤnzchen<lb/>
aufgehoben werden ſollten.</p><lb/><p>Ehedem exiſtirten in Halle eine große Menge<lb/>
Ordensbruͤder, welche unter dem Namen der Uni-<lb/>
tiſten und Conſtantiſten vorzuͤglich bekannt waren.<lb/>
Es gab zwar auch zu gewiſſen Zeiten Inviolabi-<lb/>
liſten, Deſperatiſten und andre Klicken mit ſelt-<lb/>ſamen Namen, aber dieſe kamen vor jenen nicht<lb/>
recht auf, und unter andern nahm der Orden der<lb/>
Herren Deſperatiſten ein gar deſperates Ende. Die<lb/>
Univerſitaͤt war immer aufmerkſam auf die Ordens-<lb/>
verbindungen, und ſtellte mehrmals ſcharfe Unter-<lb/>ſuchungen darwider an: aber ganz vertilgt wurden<lb/>ſie doch nie, bis es der Mehrheit der Studenten<lb/>ſelbſt einfiel, gegen die Orden zu agiren, und ih-<lb/>
nen ein derbes Bollwerk entgegen zu ſetzen. Dieſes<lb/>
Contra gegen die Orden ſollten die Kraͤnzchen wer-<lb/>
den, welche die verſchiedenen Landsmannſchaften<lb/>
unter ſich errichteten, und den Orden opponirten.<lb/>
Das Ding hatte den beſten Erfolg; die Orden wur-<lb/>
den gewiſſer Maaßen infamiſirt, und gingen ſo<lb/>
nach und nach ein, wenigſtens wurden ſie unſicht-<lb/>
bar, wie die unſichtbare chriſtliche Kirche, und<lb/></p></div></body></text></TEI>
[303/0311]
ſpraͤchen von Verbeſſerungen, welche der neue Ma-
giſtrat vornehmen wuͤrde. Es blieb jedoch alles
ruhig, ſo ziemlich naͤmlich, bis gegen den Herbſt
1801, wo die ſogenannten Studentenkraͤnzchen
aufgehoben werden ſollten.
Ehedem exiſtirten in Halle eine große Menge
Ordensbruͤder, welche unter dem Namen der Uni-
tiſten und Conſtantiſten vorzuͤglich bekannt waren.
Es gab zwar auch zu gewiſſen Zeiten Inviolabi-
liſten, Deſperatiſten und andre Klicken mit ſelt-
ſamen Namen, aber dieſe kamen vor jenen nicht
recht auf, und unter andern nahm der Orden der
Herren Deſperatiſten ein gar deſperates Ende. Die
Univerſitaͤt war immer aufmerkſam auf die Ordens-
verbindungen, und ſtellte mehrmals ſcharfe Unter-
ſuchungen darwider an: aber ganz vertilgt wurden
ſie doch nie, bis es der Mehrheit der Studenten
ſelbſt einfiel, gegen die Orden zu agiren, und ih-
nen ein derbes Bollwerk entgegen zu ſetzen. Dieſes
Contra gegen die Orden ſollten die Kraͤnzchen wer-
den, welche die verſchiedenen Landsmannſchaften
unter ſich errichteten, und den Orden opponirten.
Das Ding hatte den beſten Erfolg; die Orden wur-
den gewiſſer Maaßen infamiſirt, und gingen ſo
nach und nach ein, wenigſtens wurden ſie unſicht-
bar, wie die unſichtbare chriſtliche Kirche, und
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/311>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.