auf, und fing an Kneipenwirthschaft zu treiben. Anfangs ging alles vortreflich; denn auch er er- laubte die Hasardspiele, und wer diese begünstigt in seinem Hause, darf wegen Kundschaft nicht in Sorgen stehen. Da aber seine Kneipe den Namen Geige fortbehielt, und er oft damit geneckt wur- de, so gerieth er, besonders wenn ihm der Spiri- tus in die Krone gestiegen war, gar sehr in den Harnisch, und behandelte seine Gäste selbst mit der ärgsten Impertinenz. Darüber wurden dann die Gäste auch verdrießlich, und verlegten ihre Spiel- bänke sonst wohin. Meister Baum hätte leicht den Namen Geige dulten können, da gewißen Häusern in Halle ganz andre Beynamen gegeben sind, z. B. Diebshöhle, blinde Herberge, Scheppenstätt, Spa- dille-Manille, Rußloch, Studentenherberge, u. s. w. Die Besitzer dieser Häuser wissen diese Zu- namen, formalisiren sich aber nicht darüber, und thun wohl daran: denn käme es unter die Leute, daß sie sich formalisirten, so wäre des Spektakelns kein Ende, und der Schaden bliebe auf jeden Fall auf Seiten des Formalisanten, wie es sich mit dem Herrn Schneider Baum zutrug, welcher durch seine Grobheit alle Gäste verlohr.
auf, und fing an Kneipenwirthſchaft zu treiben. Anfangs ging alles vortreflich; denn auch er er- laubte die Haſardſpiele, und wer dieſe beguͤnſtigt in ſeinem Hauſe, darf wegen Kundſchaft nicht in Sorgen ſtehen. Da aber ſeine Kneipe den Namen Geige fortbehielt, und er oft damit geneckt wur- de, ſo gerieth er, beſonders wenn ihm der Spiri- tus in die Krone geſtiegen war, gar ſehr in den Harniſch, und behandelte ſeine Gaͤſte ſelbſt mit der aͤrgſten Impertinenz. Daruͤber wurden dann die Gaͤſte auch verdrießlich, und verlegten ihre Spiel- baͤnke ſonſt wohin. Meiſter Baum haͤtte leicht den Namen Geige dulten koͤnnen, da gewißen Haͤuſern in Halle ganz andre Beynamen gegeben ſind, z. B. Diebshoͤhle, blinde Herberge, Scheppenſtaͤtt, Spa- dille-Manille, Rußloch, Studentenherberge, u. ſ. w. Die Beſitzer dieſer Haͤuſer wiſſen dieſe Zu- namen, formaliſiren ſich aber nicht daruͤber, und thun wohl daran: denn kaͤme es unter die Leute, daß ſie ſich formaliſirten, ſo waͤre des Spektakelns kein Ende, und der Schaden bliebe auf jeden Fall auf Seiten des Formaliſanten, wie es ſich mit dem Herrn Schneider Baum zutrug, welcher durch ſeine Grobheit alle Gaͤſte verlohr.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0029"n="21"/>
auf, und fing an Kneipenwirthſchaft zu treiben.<lb/>
Anfangs ging alles vortreflich; denn auch er er-<lb/>
laubte die Haſardſpiele, und wer dieſe beguͤnſtigt<lb/>
in ſeinem Hauſe, darf wegen Kundſchaft nicht in<lb/>
Sorgen ſtehen. Da aber ſeine Kneipe den Namen<lb/><hirendition="#g">Geige</hi> fortbehielt, und er oft damit geneckt wur-<lb/>
de, ſo gerieth er, beſonders wenn ihm der Spiri-<lb/>
tus in die Krone geſtiegen war, gar ſehr in den<lb/>
Harniſch, und behandelte ſeine Gaͤſte ſelbſt mit der<lb/>
aͤrgſten Impertinenz. Daruͤber wurden dann die<lb/>
Gaͤſte auch verdrießlich, und verlegten ihre Spiel-<lb/>
baͤnke ſonſt wohin. Meiſter Baum haͤtte leicht den<lb/>
Namen <hirendition="#g">Geige</hi> dulten koͤnnen, da gewißen Haͤuſern<lb/>
in Halle ganz andre Beynamen gegeben ſind, z. B.<lb/>
Diebshoͤhle, blinde Herberge, Scheppenſtaͤtt, Spa-<lb/>
dille-Manille, Rußloch, Studentenherberge, u.<lb/>ſ. w. Die Beſitzer dieſer Haͤuſer wiſſen dieſe Zu-<lb/>
namen, formaliſiren ſich aber nicht daruͤber, und<lb/>
thun wohl daran: denn kaͤme es unter die Leute,<lb/>
daß ſie ſich formaliſirten, ſo waͤre des Spektakelns<lb/>
kein Ende, und der Schaden bliebe auf jeden Fall<lb/>
auf Seiten des Formaliſanten, wie es ſich mit dem<lb/>
Herrn Schneider Baum zutrug, welcher durch ſeine<lb/>
Grobheit alle Gaͤſte verlohr.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/></body></text></TEI>
[21/0029]
auf, und fing an Kneipenwirthſchaft zu treiben.
Anfangs ging alles vortreflich; denn auch er er-
laubte die Haſardſpiele, und wer dieſe beguͤnſtigt
in ſeinem Hauſe, darf wegen Kundſchaft nicht in
Sorgen ſtehen. Da aber ſeine Kneipe den Namen
Geige fortbehielt, und er oft damit geneckt wur-
de, ſo gerieth er, beſonders wenn ihm der Spiri-
tus in die Krone geſtiegen war, gar ſehr in den
Harniſch, und behandelte ſeine Gaͤſte ſelbſt mit der
aͤrgſten Impertinenz. Daruͤber wurden dann die
Gaͤſte auch verdrießlich, und verlegten ihre Spiel-
baͤnke ſonſt wohin. Meiſter Baum haͤtte leicht den
Namen Geige dulten koͤnnen, da gewißen Haͤuſern
in Halle ganz andre Beynamen gegeben ſind, z. B.
Diebshoͤhle, blinde Herberge, Scheppenſtaͤtt, Spa-
dille-Manille, Rußloch, Studentenherberge, u.
ſ. w. Die Beſitzer dieſer Haͤuſer wiſſen dieſe Zu-
namen, formaliſiren ſich aber nicht daruͤber, und
thun wohl daran: denn kaͤme es unter die Leute,
daß ſie ſich formaliſirten, ſo waͤre des Spektakelns
kein Ende, und der Schaden bliebe auf jeden Fall
auf Seiten des Formaliſanten, wie es ſich mit dem
Herrn Schneider Baum zutrug, welcher durch ſeine
Grobheit alle Gaͤſte verlohr.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/29>, abgerufen am 18.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.