manches Factum zum Schaden andrer, falsch angegeben habe, ist ungewiß, und gar manche einsichtige Männer finden in Baums Angaben, allerley Anomalien. Baum ist indessen ein Be- weis, daß die Folter noch nicht abgeschafft ist: denn Prügel, welche man geben läßt, um jeman- den nachbeten zu machen, was man ihm in Causa criminali vorsagt, verdienen den Namen der Fol- ter so gut als Daumenschrauben und Spanische Stiefel. Freylich war Baum nichts als Soldat, und Soldaten werden in mancher Hinsicht angese- hen, wie die Sclaven auf Martinique: aber Baum war doch immer Mensch, und verdiente allemal als Mensch behandelt zu werden. Nach den Ge- setzen macht der Meyneyd infam, und das mit Recht: ein Musketier legte vor einigen zwanzig Jahren einen Meyneyd ab, und Rust der Soldat, welchen er als einen Dieb angegeben hatte, wurde beynahe todtgeschlagen, weil er einen nicht begang- nen Diebstahl nicht gestehen wollte. Der gewesene General des Hallischen Regiments, Adolph von Anhalt, erklärte auf ächt Fürstlich, die Canaille so lange zu prügeln, bis sie bekennte oder verreckte, und der Auditör Seyfert, cujus memoria est in ma- ledictione, befolgte den barbarischen Befehl des Ty- rannen so artig, als wenn er die Schinderknechts- kunst zu Gießen bey dem Kanzler Koch, dem Ante-
manches Factum zum Schaden andrer, falſch angegeben habe, iſt ungewiß, und gar manche einſichtige Maͤnner finden in Baums Angaben, allerley Anomalien. Baum iſt indeſſen ein Be- weis, daß die Folter noch nicht abgeſchafft iſt: denn Pruͤgel, welche man geben laͤßt, um jeman- den nachbeten zu machen, was man ihm in Cauſa criminali vorſagt, verdienen den Namen der Fol- ter ſo gut als Daumenſchrauben und Spaniſche Stiefel. Freylich war Baum nichts als Soldat, und Soldaten werden in mancher Hinſicht angeſe- hen, wie die Sclaven auf Martinique: aber Baum war doch immer Menſch, und verdiente allemal als Menſch behandelt zu werden. Nach den Ge- ſetzen macht der Meyneyd infam, und das mit Recht: ein Musketier legte vor einigen zwanzig Jahren einen Meyneyd ab, und Ruſt der Soldat, welchen er als einen Dieb angegeben hatte, wurde beynahe todtgeſchlagen, weil er einen nicht begang- nen Diebſtahl nicht geſtehen wollte. Der geweſene General des Halliſchen Regiments, Adolph von Anhalt, erklaͤrte auf aͤcht Fuͤrſtlich, die Canaille ſo lange zu pruͤgeln, bis ſie bekennte oder verreckte, und der Auditoͤr Seyfert, cujus memoria eſt in ma- ledictione, befolgte den barbariſchen Befehl des Ty- rannen ſo artig, als wenn er die Schinderknechts- kunſt zu Gießen bey dem Kanzler Koch, dem Ante-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0287"n="279"/>
manches <hirendition="#aq">Factum</hi> zum Schaden andrer, falſch<lb/>
angegeben habe, iſt ungewiß, und gar manche<lb/>
einſichtige Maͤnner finden in Baums Angaben,<lb/>
allerley Anomalien. Baum iſt indeſſen ein Be-<lb/>
weis, daß die Folter noch nicht abgeſchafft iſt:<lb/>
denn Pruͤgel, welche man geben laͤßt, um jeman-<lb/>
den nachbeten zu machen, was man ihm <hirendition="#aq">in Cauſa<lb/>
criminali</hi> vorſagt, verdienen den Namen der Fol-<lb/>
ter ſo gut als Daumenſchrauben und Spaniſche<lb/>
Stiefel. Freylich war Baum nichts als Soldat,<lb/>
und Soldaten werden in mancher Hinſicht angeſe-<lb/>
hen, wie die Sclaven auf Martinique: aber Baum<lb/>
war doch immer Menſch, und verdiente allemal<lb/>
als Menſch behandelt zu werden. Nach den Ge-<lb/>ſetzen macht der Meyneyd infam, und das mit<lb/>
Recht: ein Musketier legte vor einigen zwanzig<lb/>
Jahren einen Meyneyd ab, und Ruſt der Soldat,<lb/>
welchen er als einen Dieb angegeben hatte, wurde<lb/>
beynahe todtgeſchlagen, weil er einen nicht begang-<lb/>
nen Diebſtahl nicht geſtehen wollte. Der geweſene<lb/>
General des Halliſchen Regiments, Adolph von<lb/>
Anhalt, erklaͤrte auf aͤcht Fuͤrſtlich, die Canaille ſo<lb/>
lange zu pruͤgeln, bis ſie bekennte oder verreckte,<lb/>
und der Auditoͤr Seyfert, <hirendition="#aq">cujus memoria eſt in ma-<lb/>
ledictione,</hi> befolgte den barbariſchen Befehl des Ty-<lb/>
rannen ſo artig, als wenn er die Schinderknechts-<lb/>
kunſt zu Gießen bey dem Kanzler Koch, dem Ante-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[279/0287]
manches Factum zum Schaden andrer, falſch
angegeben habe, iſt ungewiß, und gar manche
einſichtige Maͤnner finden in Baums Angaben,
allerley Anomalien. Baum iſt indeſſen ein Be-
weis, daß die Folter noch nicht abgeſchafft iſt:
denn Pruͤgel, welche man geben laͤßt, um jeman-
den nachbeten zu machen, was man ihm in Cauſa
criminali vorſagt, verdienen den Namen der Fol-
ter ſo gut als Daumenſchrauben und Spaniſche
Stiefel. Freylich war Baum nichts als Soldat,
und Soldaten werden in mancher Hinſicht angeſe-
hen, wie die Sclaven auf Martinique: aber Baum
war doch immer Menſch, und verdiente allemal
als Menſch behandelt zu werden. Nach den Ge-
ſetzen macht der Meyneyd infam, und das mit
Recht: ein Musketier legte vor einigen zwanzig
Jahren einen Meyneyd ab, und Ruſt der Soldat,
welchen er als einen Dieb angegeben hatte, wurde
beynahe todtgeſchlagen, weil er einen nicht begang-
nen Diebſtahl nicht geſtehen wollte. Der geweſene
General des Halliſchen Regiments, Adolph von
Anhalt, erklaͤrte auf aͤcht Fuͤrſtlich, die Canaille ſo
lange zu pruͤgeln, bis ſie bekennte oder verreckte,
und der Auditoͤr Seyfert, cujus memoria eſt in ma-
ledictione, befolgte den barbariſchen Befehl des Ty-
rannen ſo artig, als wenn er die Schinderknechts-
kunſt zu Gießen bey dem Kanzler Koch, dem Ante-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/287>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.