derman so frey und öffentlich davon sprach. Wenn damals der Assessor Kornmann die Gesellschaf- ten auf der Mail, auf dem großen Keller, bey Herrn Bosse, in Stichelsdorf und Riedeburg hätte besuchen sollen, er würde Dinge gehört haben, worüber ihm die Ohren hätten gellen müssen, und wäre er auch noch mehr taub gewesen, als die Gesetze selbst sind, welche er behandelt. Einige Wochen hernach ging ich durch die Clausstraße: ein mir bekannter, sehr rechtschaffner Bürger bat mich, bey ihm einzusprechen, weil er mir Etwas zu sagen habe. Ich that dieß gerne, und Herr Grundmann -- so hieß der Bürger -- führte mich zu dem Becker Wendeburg, dessen Ehefrau der Asses- sor Kornmann so abscheulich behandelt haben sollte. Wendeburg erzählte mir den Vorfall, und seine gleichfalls gegenwärtige Frau bestätigte alles, was der Mann sagte.
Nach diesem Bericht hatte ein Student Na- mens Ahlburg, bey Wendeburgen logirt. Als die- ser auszog, zahlte er alles, was er schuldig war, bis auf einen Thaler, den er nicht schuldig seyn wollte. Es kam darüber zu einem Gezänke, und Hr. Ahlburg, um seinen Koffer, welchen Wende- burg nicht herausgeben wollte, zu erhalten, wen- dete sich an den Prorector. Dieser ließ den Koffer sofort holen, aber Herr Ahlburg mußte dennoch
derman ſo frey und oͤffentlich davon ſprach. Wenn damals der Aſſeſſor Kornmann die Geſellſchaf- ten auf der Mail, auf dem großen Keller, bey Herrn Boſſe, in Stichelsdorf und Riedeburg haͤtte beſuchen ſollen, er wuͤrde Dinge gehoͤrt haben, woruͤber ihm die Ohren haͤtten gellen muͤſſen, und waͤre er auch noch mehr taub geweſen, als die Geſetze ſelbſt ſind, welche er behandelt. Einige Wochen hernach ging ich durch die Clausſtraße: ein mir bekannter, ſehr rechtſchaffner Buͤrger bat mich, bey ihm einzuſprechen, weil er mir Etwas zu ſagen habe. Ich that dieß gerne, und Herr Grundmann — ſo hieß der Buͤrger — fuͤhrte mich zu dem Becker Wendeburg, deſſen Ehefrau der Aſſeſ- ſor Kornmann ſo abſcheulich behandelt haben ſollte. Wendeburg erzaͤhlte mir den Vorfall, und ſeine gleichfalls gegenwaͤrtige Frau beſtaͤtigte alles, was der Mann ſagte.
Nach dieſem Bericht hatte ein Student Na- mens Ahlburg, bey Wendeburgen logirt. Als die- ſer auszog, zahlte er alles, was er ſchuldig war, bis auf einen Thaler, den er nicht ſchuldig ſeyn wollte. Es kam daruͤber zu einem Gezaͤnke, und Hr. Ahlburg, um ſeinen Koffer, welchen Wende- burg nicht herausgeben wollte, zu erhalten, wen- dete ſich an den Prorector. Dieſer ließ den Koffer ſofort holen, aber Herr Ahlburg mußte dennoch
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derman ſo frey und oͤffentlich davon ſprach. Wenn
damals der Aſſeſſor Kornmann die Geſellſchaf-
ten auf der Mail, auf dem großen Keller, bey
Herrn Boſſe, in Stichelsdorf und Riedeburg haͤtte
beſuchen ſollen, er wuͤrde Dinge gehoͤrt haben,
woruͤber ihm die Ohren haͤtten gellen muͤſſen, und
waͤre er auch noch mehr taub geweſen, als die
Geſetze ſelbſt ſind, welche er behandelt. Einige
Wochen hernach ging ich durch die Clausſtraße:
ein mir bekannter, ſehr rechtſchaffner Buͤrger bat
mich, bey ihm einzuſprechen, weil er mir Etwas
zu ſagen habe. Ich that dieß gerne, und Herr
Grundmann — ſo hieß der Buͤrger — fuͤhrte mich zu
dem Becker Wendeburg, deſſen Ehefrau der Aſſeſ-
ſor Kornmann ſo abſcheulich behandelt haben ſollte.
Wendeburg erzaͤhlte mir den Vorfall, und ſeine
gleichfalls gegenwaͤrtige Frau beſtaͤtigte alles, was
der Mann ſagte.
Nach dieſem Bericht hatte ein Student Na-
mens Ahlburg, bey Wendeburgen logirt. Als die-
ſer auszog, zahlte er alles, was er ſchuldig war,
bis auf einen Thaler, den er nicht ſchuldig ſeyn
wollte. Es kam daruͤber zu einem Gezaͤnke, und
Hr. Ahlburg, um ſeinen Koffer, welchen Wende-
burg nicht herausgeben wollte, zu erhalten, wen-
dete ſich an den Prorector. Dieſer ließ den Koffer
ſofort holen, aber Herr Ahlburg mußte dennoch
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/273>, abgerufen am 24.11.2024.
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