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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802.

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dem Kirschberg oder sonstwo Notitz erhielt, so folgt
noch nicht, daß er mich herunter gemacht, und be-
schimpft habe: denn wenn ein zerrißnes oder schmu-
tziges Hemd beschimpft
Quis tunc conservet honorem?

Ich erinnere mich noch eines alten jezt längst
aus der Mode gekommnen Studentenliedes, wor-
in es unter andern heißt:

Die Zeit macht alle Sachen stumpf,
Utendum est dum durat,
Ein dreckigt Hemd, ein Loch im Strumpf
Philosophus non curat.

Das alte Liedchen hat nicht sehr unrecht: ich
würde es daher dem Justitzcommissar auch nicht sehr
übel nehmen, wenn er von meinem Hemd in seinen
Cirkeln erzählt hätte.

Den Vorwurf der Freygeisterey und der Reli-
gionsspötterey hat mir der Magistrat zu Nordhausen
gewißer Maaßen schon vorher in seiner Bekannt-
machung gemacht und Hr. Lange hatte bloß das
gebilligt, was er mir wider die Religion in sei-
nen Bogen in den Mund legte. Zu Nordhausen
ist man so gut in der Welt, wie an andern Orten,
das heißt, man glaubt auch da oft zu hören und zu
verstehen, was man weder gehört noch verstanden
hat. Ich habe zwar nicht eigentlich erfahren kön-
nen, welche Aeußerung gegen die christliche Reli-

Laukh. Leben 5ter Theil. R

dem Kirſchberg oder ſonſtwo Notitz erhielt, ſo folgt
noch nicht, daß er mich herunter gemacht, und be-
ſchimpft habe: denn wenn ein zerrißnes oder ſchmu-
tziges Hemd beſchimpft
Quis tunc conſervet honorem?

Ich erinnere mich noch eines alten jezt laͤngſt
aus der Mode gekommnen Studentenliedes, wor-
in es unter andern heißt:

Die Zeit macht alle Sachen ſtumpf,
Utendum eſt dum durat,
Ein dreckigt Hemd, ein Loch im Strumpf
Philoſophus non curat.

Das alte Liedchen hat nicht ſehr unrecht: ich
wuͤrde es daher dem Juſtitzcommiſſar auch nicht ſehr
uͤbel nehmen, wenn er von meinem Hemd in ſeinen
Cirkeln erzaͤhlt haͤtte.

Den Vorwurf der Freygeiſterey und der Reli-
gionsſpoͤtterey hat mir der Magiſtrat zu Nordhauſen
gewißer Maaßen ſchon vorher in ſeiner Bekannt-
machung gemacht und Hr. Lange hatte bloß das
gebilligt, was er mir wider die Religion in ſei-
nen Bogen in den Mund legte. Zu Nordhauſen
iſt man ſo gut in der Welt, wie an andern Orten,
das heißt, man glaubt auch da oft zu hoͤren und zu
verſtehen, was man weder gehoͤrt noch verſtanden
hat. Ich habe zwar nicht eigentlich erfahren koͤn-
nen, welche Aeußerung gegen die chriſtliche Reli-

Laukh. Leben 5ter Theil. R
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[257/0265] dem Kirſchberg oder ſonſtwo Notitz erhielt, ſo folgt noch nicht, daß er mich herunter gemacht, und be- ſchimpft habe: denn wenn ein zerrißnes oder ſchmu- tziges Hemd beſchimpft Quis tunc conſervet honorem? Ich erinnere mich noch eines alten jezt laͤngſt aus der Mode gekommnen Studentenliedes, wor- in es unter andern heißt: Die Zeit macht alle Sachen ſtumpf, Utendum eſt dum durat, Ein dreckigt Hemd, ein Loch im Strumpf Philoſophus non curat. Das alte Liedchen hat nicht ſehr unrecht: ich wuͤrde es daher dem Juſtitzcommiſſar auch nicht ſehr uͤbel nehmen, wenn er von meinem Hemd in ſeinen Cirkeln erzaͤhlt haͤtte. Den Vorwurf der Freygeiſterey und der Reli- gionsſpoͤtterey hat mir der Magiſtrat zu Nordhauſen gewißer Maaßen ſchon vorher in ſeiner Bekannt- machung gemacht und Hr. Lange hatte bloß das gebilligt, was er mir wider die Religion in ſei- nen Bogen in den Mund legte. Zu Nordhauſen iſt man ſo gut in der Welt, wie an andern Orten, das heißt, man glaubt auch da oft zu hoͤren und zu verſtehen, was man weder gehoͤrt noch verſtanden hat. Ich habe zwar nicht eigentlich erfahren koͤn- nen, welche Aeußerung gegen die chriſtliche Reli- Laukh. Leben 5ter Theil. R

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/265>, abgerufen am 24.11.2024.