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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802.

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Frau einen Fehler vergiebt, und eine Gattin be-
hält, von deren Fall er überzeugt ist? Ich denke,
nein! Sie bessert sich, und dann mags ja gut seyn:
wir sind ja alle sterbliche Menschen, pflegte meine
Tante immer zu sagen, wenn ihr mein Vater ihre
Ausschweifungen im Trunke vorhielt. Eine Frau
kann sonst sehr schätzbare Eigenschaften haben,
welche den Ehemann mit Recht bewegen können,
ihr einen verliebten Fehltritt zu vergeben. Frauen-
zimmer sind schwache Geschöpfe, und man weiß
ja, daß lüsterne Bursche hübschen Weibern mehr
nachsteheu, als ledigen Mädchen, und das aus
leicht zn errathenden Gründen.

Hier werden meine Leser fragen, was dann
Meister Laukhard gethan haben würde, wenn ihm
ein andrer ins Gehege gegangen wäre? Ich weiß
es warlich nicht, meine Herren, was ich grade ge-
than haben würde: denn mich regieren die Leiden-
schaften, wie der Wind das schwache Rohr: aber
das weiß ich doch, daß ich würde klug gethan ha-
ben, wenn ich geschwiegen, und mein Kreutz mit
Gedult getragen hätte. Mein Hannchen hat mir
zwar in diesem Stück noch keine Gelegenheit oder
Ursache zu klagen gegeben; aber wenn dem auch so
wäre, so würde ich mir wahrscheinlich haben zu-
reden lassen.


Frau einen Fehler vergiebt, und eine Gattin be-
haͤlt, von deren Fall er uͤberzeugt iſt? Ich denke,
nein! Sie beſſert ſich, und dann mags ja gut ſeyn:
wir ſind ja alle ſterbliche Menſchen, pflegte meine
Tante immer zu ſagen, wenn ihr mein Vater ihre
Ausſchweifungen im Trunke vorhielt. Eine Frau
kann ſonſt ſehr ſchaͤtzbare Eigenſchaften haben,
welche den Ehemann mit Recht bewegen koͤnnen,
ihr einen verliebten Fehltritt zu vergeben. Frauen-
zimmer ſind ſchwache Geſchoͤpfe, und man weiß
ja, daß luͤſterne Burſche huͤbſchen Weibern mehr
nachſteheu, als ledigen Maͤdchen, und das aus
leicht zn errathenden Gruͤnden.

Hier werden meine Leſer fragen, was dann
Meiſter Laukhard gethan haben wuͤrde, wenn ihm
ein andrer ins Gehege gegangen waͤre? Ich weiß
es warlich nicht, meine Herren, was ich grade ge-
than haben wuͤrde: denn mich regieren die Leiden-
ſchaften, wie der Wind das ſchwache Rohr: aber
das weiß ich doch, daß ich wuͤrde klug gethan ha-
ben, wenn ich geſchwiegen, und mein Kreutz mit
Gedult getragen haͤtte. Mein Hannchen hat mir
zwar in dieſem Stuͤck noch keine Gelegenheit oder
Urſache zu klagen gegeben; aber wenn dem auch ſo
waͤre, ſo wuͤrde ich mir wahrſcheinlich haben zu-
reden laſſen.


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[238/0246] Frau einen Fehler vergiebt, und eine Gattin be- haͤlt, von deren Fall er uͤberzeugt iſt? Ich denke, nein! Sie beſſert ſich, und dann mags ja gut ſeyn: wir ſind ja alle ſterbliche Menſchen, pflegte meine Tante immer zu ſagen, wenn ihr mein Vater ihre Ausſchweifungen im Trunke vorhielt. Eine Frau kann ſonſt ſehr ſchaͤtzbare Eigenſchaften haben, welche den Ehemann mit Recht bewegen koͤnnen, ihr einen verliebten Fehltritt zu vergeben. Frauen- zimmer ſind ſchwache Geſchoͤpfe, und man weiß ja, daß luͤſterne Burſche huͤbſchen Weibern mehr nachſteheu, als ledigen Maͤdchen, und das aus leicht zn errathenden Gruͤnden. Hier werden meine Leſer fragen, was dann Meiſter Laukhard gethan haben wuͤrde, wenn ihm ein andrer ins Gehege gegangen waͤre? Ich weiß es warlich nicht, meine Herren, was ich grade ge- than haben wuͤrde: denn mich regieren die Leiden- ſchaften, wie der Wind das ſchwache Rohr: aber das weiß ich doch, daß ich wuͤrde klug gethan ha- ben, wenn ich geſchwiegen, und mein Kreutz mit Gedult getragen haͤtte. Mein Hannchen hat mir zwar in dieſem Stuͤck noch keine Gelegenheit oder Urſache zu klagen gegeben; aber wenn dem auch ſo waͤre, ſo wuͤrde ich mir wahrſcheinlich haben zu- reden laſſen.

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/246>, abgerufen am 27.11.2024.