Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

Ich denke, wenn die Frau das Scandal nicht
gar zu arg macht, und ihren Mann nicht absicht-
lich zu beschimpfen und zu kränken sucht, hat die-
ser keine Ursache, mit ihr zu brechen. Manche
machen es freylich zu arg, und solche verdienen
fortgejagt zu werden, aber grade solche Creaturen
pflegen recht nachsichtige Männer zu haben. Doch
diese Kerle suchen ihren eigenen Nutzen zu beför-
dern, indem sie die Schleichgänge der Frau Ge-
mahlin nicht verhindern. Ich habe die Ehre, eine
gewiße Madam zu kennen, welche mehr als einen
angesehenen Mann in ihr Netz gezogen, und mehr
als eine Familie in große Unordnung gebracht hat.
Ihre Liebhaber waren bloß Ehemänner: denn von
solchen konnte die Kokette mehr ziehen, als von
Unverheiratheten, aber es waren auch durchaus
Schafsköpfe, welche sich prellen ließen nach No-
ten; insbesondere wird gesagt, daß sich ein gewis-
ser Herr Schwarzrock, vulgo Pfaff, habe von der
Listigen ganz artig hänseln laßen, aber obgleich
dieser Pfaffe fünf oder sechs hundert Thaler für das
Vergnügen von einer halben Viertelstunde hingeben
mußte, hat ihn doch jederman ausgelacht, und
niemand bedauert, und das mit Recht: denn nichts
ist abscheulicher als ein heuchlerischer Pfaffe. *) Der

*) -- Hunc ego fatis
Imputo, qui vultu morbum incessuque satetur,

Ich denke, wenn die Frau das Scandal nicht
gar zu arg macht, und ihren Mann nicht abſicht-
lich zu beſchimpfen und zu kraͤnken ſucht, hat die-
ſer keine Urſache, mit ihr zu brechen. Manche
machen es freylich zu arg, und ſolche verdienen
fortgejagt zu werden, aber grade ſolche Creaturen
pflegen recht nachſichtige Maͤnner zu haben. Doch
dieſe Kerle ſuchen ihren eigenen Nutzen zu befoͤr-
dern, indem ſie die Schleichgaͤnge der Frau Ge-
mahlin nicht verhindern. Ich habe die Ehre, eine
gewiße Madam zu kennen, welche mehr als einen
angeſehenen Mann in ihr Netz gezogen, und mehr
als eine Familie in große Unordnung gebracht hat.
Ihre Liebhaber waren bloß Ehemaͤnner: denn von
ſolchen konnte die Kokette mehr ziehen, als von
Unverheiratheten, aber es waren auch durchaus
Schafskoͤpfe, welche ſich prellen ließen nach No-
ten; insbeſondere wird geſagt, daß ſich ein gewiſ-
ſer Herr Schwarzrock, vulgo Pfaff, habe von der
Liſtigen ganz artig haͤnſeln laßen, aber obgleich
dieſer Pfaffe fuͤnf oder ſechs hundert Thaler fuͤr das
Vergnuͤgen von einer halben Viertelſtunde hingeben
mußte, hat ihn doch jederman ausgelacht, und
niemand bedauert, und das mit Recht: denn nichts
iſt abſcheulicher als ein heuchleriſcher Pfaffe. *) Der

*)Hunc ego fatis
Imputo, qui vultu morbum inceſſuque ſatetur,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0243" n="235"/>
        <p>Ich denke, wenn die Frau das Scandal nicht<lb/>
gar zu arg macht, und ihren Mann nicht ab&#x017F;icht-<lb/>
lich zu be&#x017F;chimpfen und zu kra&#x0364;nken &#x017F;ucht, hat die-<lb/>
&#x017F;er keine Ur&#x017F;ache, mit ihr zu brechen. Manche<lb/>
machen es freylich zu arg, und &#x017F;olche verdienen<lb/>
fortgejagt zu werden, aber grade &#x017F;olche Creaturen<lb/>
pflegen recht nach&#x017F;ichtige Ma&#x0364;nner zu haben. Doch<lb/>
die&#x017F;e Kerle &#x017F;uchen ihren eigenen Nutzen zu befo&#x0364;r-<lb/>
dern, indem &#x017F;ie die Schleichga&#x0364;nge der Frau Ge-<lb/>
mahlin nicht verhindern. Ich habe die Ehre, eine<lb/>
gewiße Madam zu kennen, welche mehr als einen<lb/>
ange&#x017F;ehenen Mann in ihr Netz gezogen, und mehr<lb/>
als eine Familie in große Unordnung gebracht hat.<lb/>
Ihre Liebhaber waren bloß Ehema&#x0364;nner: denn von<lb/>
&#x017F;olchen konnte die Kokette mehr ziehen, als von<lb/>
Unverheiratheten, aber es waren auch durchaus<lb/>
Schafsko&#x0364;pfe, welche &#x017F;ich prellen ließen nach No-<lb/>
ten; insbe&#x017F;ondere wird ge&#x017F;agt, daß &#x017F;ich ein gewi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er Herr Schwarzrock, <hi rendition="#aq">vulgo</hi> Pfaff, habe von der<lb/>
Li&#x017F;tigen ganz artig ha&#x0364;n&#x017F;eln laßen, aber obgleich<lb/>
die&#x017F;er Pfaffe fu&#x0364;nf oder &#x017F;echs hundert Thaler fu&#x0364;r das<lb/>
Vergnu&#x0364;gen von einer halben Viertel&#x017F;tunde hingeben<lb/>
mußte, hat ihn doch jederman ausgelacht, und<lb/>
niemand bedauert, und das mit Recht: denn nichts<lb/>
i&#x017F;t ab&#x017F;cheulicher als ein heuchleri&#x017F;cher Pfaffe. <note xml:id="note-0243" next="#note-0244" place="foot" n="*)">&#x2014; <hi rendition="#aq">Hunc ego fatis<lb/>
Imputo, qui vultu morbum ince&#x017F;&#x017F;uque &#x017F;atetur,</hi></note> Der<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[235/0243] Ich denke, wenn die Frau das Scandal nicht gar zu arg macht, und ihren Mann nicht abſicht- lich zu beſchimpfen und zu kraͤnken ſucht, hat die- ſer keine Urſache, mit ihr zu brechen. Manche machen es freylich zu arg, und ſolche verdienen fortgejagt zu werden, aber grade ſolche Creaturen pflegen recht nachſichtige Maͤnner zu haben. Doch dieſe Kerle ſuchen ihren eigenen Nutzen zu befoͤr- dern, indem ſie die Schleichgaͤnge der Frau Ge- mahlin nicht verhindern. Ich habe die Ehre, eine gewiße Madam zu kennen, welche mehr als einen angeſehenen Mann in ihr Netz gezogen, und mehr als eine Familie in große Unordnung gebracht hat. Ihre Liebhaber waren bloß Ehemaͤnner: denn von ſolchen konnte die Kokette mehr ziehen, als von Unverheiratheten, aber es waren auch durchaus Schafskoͤpfe, welche ſich prellen ließen nach No- ten; insbeſondere wird geſagt, daß ſich ein gewiſ- ſer Herr Schwarzrock, vulgo Pfaff, habe von der Liſtigen ganz artig haͤnſeln laßen, aber obgleich dieſer Pfaffe fuͤnf oder ſechs hundert Thaler fuͤr das Vergnuͤgen von einer halben Viertelſtunde hingeben mußte, hat ihn doch jederman ausgelacht, und niemand bedauert, und das mit Recht: denn nichts iſt abſcheulicher als ein heuchleriſcher Pfaffe. *) Der *) — Hunc ego fatis Imputo, qui vultu morbum inceſſuque ſatetur,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/243
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/243>, abgerufen am 24.11.2024.